07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 11

Tankred SchipanskiCDU/CSU - Urheberrecht

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist eine sehr unterhaltsame Urheberrechtsdebatte; man kann nicht sagen, dass irgendetwas trocken wäre. Frau Sitte, das war eine schöne, launige Rede; das muss man einfach sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Kollege Flisek hat schon, lieber Kai Gehring, sehr deutlich gemacht, dass die Koalition beim Thema Urheberrecht in drei großen Blöcken arbeitet; so möchte ich es ausdrücken. Wir haben das Verwertungsgesellschaftengesetz im ersten großen Block gehabt und sind jetzt beim Urhebervertragsrecht. Der dritte Block wird – wie angekündigt und wie es auch im Koalitionsvertrag steht – die Bildungs- und Wissenschaftsschranke sein. Nichtsdestotrotz, lieber Kai Gehring, bin ich den Grünen ausdrücklich dankbar, dass wir das heute debattieren.

Wenn wir als Forschungspolitiker in den Antrag schauen, stellen wir fest, dass wir inhaltlich nicht weit voneinander entfernt sind. Man kann Ihre Ungeduld schon verstehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich gestehe offen, dass ich der Meinung bin, dass das Bundesjustizministerium den Arbeitsauftrag aus dem Koalitionsvertrag ruhig etwas schneller bearbeiten könnte.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Marianne Schieder [SPD]: Das können Sie mal besprechen!)

Der Gesetzentwurf, so hörte ich, liegt dem BMJV mittlerweile vor, und ich erwarte, dass er in Kürze in die Ressortabstimmung geht

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da kannst du noch lange warten!)

und dann zügig hier im Parlament in erster Lesung behandelt wird.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Maas und Wanka Hand in Hand!)

Allerdings waren weder die Bundesregierung noch der Bundestag bei dem Thema Wissenschaftsschranke in den letzten knapp drei Jahren untätig. So hat – es wurde angesprochen – Frau Katharina de la Durantaye im Auftrag des BMBF ein vielbeachtetes Gutachten vorgelegt und damit in der Tat den fundiertesten Diskussionsvorschlag für eine Allgemeine Bildungs-, Wissenschafts- und Bibliotheksschranke eingebracht.

Worum geht es bei diesem Thema? Wir wollen eine technologieoffene Regelung haben, die wir nicht nach jeder technischen Neuentwicklung wieder anpassen müssen. Wir wollen eine lesbare, verständliche Regelung aus einem Guss; das haben meine Vorredner betont. Wir wollen auch langfristige Rechtssicherheit für alle Beteiligten erreichen.

Dass solche Regelungen möglich sind, zeigt im Übrigen ein völkerrechtliches Abkommen im Urheberrecht: die Berner Übereinkunft von 1886. Hier wurde der sogenannte Drei-Stufen-Test eingeführt, welcher bis heute Gültigkeit hat und Leitlinie für unsere Schrankenregelungen im Urheberrecht ist.

Den sogenannten Schrankendschungel hat Kollege Flisek bereits angesprochen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Gehring auch!)

Es wurde auch gesagt, dass nicht alle Wissenschaftler oder Bibliothekare auch Juristen sein müssen, um das Ganze zu verstehen. Von daher, denke ich, ist das Gutachten von Frau de la Durantaye ein sehr guter Diskussionsvorschlag. Sie arbeitet mit einer Generalklausel und dem Rechtsbegriff der Gebotenheit. Die Schranke bleibt selbstverständlich vergütungspflichtig. Das möchte ich von unserer Seite aus noch einmal ausdrücklich betonen.

Meines Erachtens ist das Ziel der Neufassung dieser Schranke nicht, dass sie möglichst oft und umfassend angewendet wird. Denn dort, wo es leicht auffindbare und preislich fair gestaltete Lizenzangebote gibt, werden diese sicherlich auch in Zukunft die erste Wahl sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gleichwohl brauchen wir diese Wissenschaftsschranke. Wir kennen die stark gestiegenen Preise und die Bündelung in Datenbanken, die oft dazu führen, dass wissenschaftliche Werke für unsere Hochschulbibliotheken schwerer zu lizenzieren sind. Die Hochschulbibliotheken beschweren sich über Marktversagen und punktuelle Monopolbildung durch wissenschaftliche Großverlage. Die Länder wiederum beklagen die enormen Preissteigerungen bei wissenschaftlicher Literatur.

Hier kann die Wissenschaftsschranke quasi als Überdruckventil dienen. Wenn nämlich die Verlage keine angemessenen Lizenzangebote machen, hat der Wissenschaftler die alternative Möglichkeit, den Zugang zu Literatur eben über diese Schranke zu erhalten. Ohne diese Wissenschaftsschranke bekämen wir meines Erachtens einen asymmetrischen Markt.

Ich darf festhalten, dass wir natürlich insbesondere die Bibliotheken nicht vergessen sollten. Auch diese sollten wir in diese neue Regelung einbeziehen. Es ist sehr wichtig, dass die Bibliotheken und Archive angemessen Berücksichtigung finden. Vielleicht – wir kennen ja den Vorschlag des BMJV noch nicht – kann man auch noch im Bibliotheksbereich die eine oder andere Anpassung in diesem Rahmen vornehmen. Ich denke an die Fernleihe, die elektronischen Archivierungsmöglichkeiten oder auch neue technische Möglichkeiten wie das Data-Mining, das wir gesetzlich natürlich noch ein ganzes Stück voranbringen müssen zum Wohle unserer Bibliotheken.

Als Bildungs- und Forschungspolitiker bin ich überzeugt, dass sich Wissen und wissenschaftlicher Fortschritt möglichst schnell und unkompliziert verbreiten sollten. Das wollen wir mit einer Wissenschaftsschranke sicherstellen. Daher führen wir heute diese Debatte. Daher gibt es den Druck auf das BMJV.

Ich danke ganz herzlich dafür.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für den Druck? – Gegenruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Ja!)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin in der Debatte ist die Kollegin Marianne Schieder für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969764
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Urheberrecht
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