Cemile GiousoufCDU/CSU - Integrationsgesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern Sie sich noch an die Diskussionen vor einem Jahr? Da haben wir alle in unseren Fraktionen darüber diskutiert, wie wir die Kommunen unterstützen können, damit sie die Kriegsflüchtlinge versorgen können – mit einer Unterkunft, mit einer Erstaufnahme. Es ging darum, dass die Asylanträge schneller bearbeitet werden sollen. Und heute? Heute reden wir über ein Gesetz, das Menschen, die aus Kriegsgebieten zu uns geflohen sind, dabei helfen soll, in der Zeit, in der sie hier leben, Teil unserer Gesellschaft zu sein.
In so kurzer Zeit hat unser Innenminister gemeinsam mit der Arbeitsministerin ein Gesetz auf den Weg gebracht, in dem es um Integration und Teilhabe geht. Während andere europäische Länder sich noch immer weigern, Menschen auch nur Unterschlupf zu geben, streiten wir heute darum, wie wir Bleibeberechtigte am besten und schnellsten integrieren können. Dazu möchte ich uns allen gratulieren; es zeigt doch sehr, was wir unter Verantwortung verstehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Heute verabschieden wir das erste Integrationsgesetz Deutschlands. Das Gesetz ist wirklich ein Meilenstein, wie die Bundeskanzlerin es gesagt hat. Dieses Gesetz zeigt, dass wir keine Zuwanderung ohne Integration mehr wollen und in diesem Land auch nicht mehr haben werden. Anerkannte Flüchtlinge unterstützen wir, aber Integration braucht eben auch Regeln. Regeln haben wir in allen gesellschaftlichen Bereichen, und deswegen brauchen wir sie auch im Bereich der Integration.
Es ist ein Gesetz der Partnerschaftlichkeit. Wenn wir den Flüchtlingen sagen, dass wir auch etwas von ihnen erwarten, nehmen wir sie als eigenverantwortliche Menschen ernst. Wir beziehen sie auf Augenhöhe in unsere Gesellschaft ein, weil wir sie nicht nur paternalistisch versorgen wollen.
Die Kollegen von der Opposition haben einige Punkte kritisiert. Es ist ihr Recht.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Danke sehr! Sagen Sie doch mal was inhaltlich Neues!)
Aber schauen wir uns die Verhältnismäßigkeit an! Sie, Frau Dağdelen, bezweifeln – das haben Sie eben noch einmal deutlich gemacht –, dass die Wohnsitzauflage die Integration überhaupt fördern könne. Experten des Sachverständigenrates sagen – also nicht nur die Politiker –: Wenn etwas Integration am meisten befördert, dann sind es Sprache und Arbeit. Deshalb ist es auch richtig, dass die Flüchtlinge dorthin ziehen, wo sie eine Arbeit bekommen, wo sie Integrationskurse bekommen und die Sprache lernen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
An einer Stelle muss ich Frau Dağdelen allerdings recht geben. Es hat auch mich etwas irritiert, heute in der Presse zu lesen, dass selbst die Staatsministerin für Integration das Gesetz kritisiert hat.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Ihre Koalition schon zu Ende?)
In ihrer Rede hat sich das alles anders angehört.
(René Röspel [SPD]: Sie will etwas, das schon gut ist, besser machen!)
Ich glaube, dass es einen faden Beigeschmack bei unseren Bürgerinnen und Bürgern hinterlässt, wenn wir nicht geschlossen hinter diesem Gesetz stehen. Wir sollten nach außen die klare Botschaft senden,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
dass dieses Gesetz hilft und herausfordern kann:
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
Wir fordern die Menschen auf, die Sprache zu lernen. Aber wir stellen natürlich auch die Angebote dafür zur Verfügung. Allein in diesem Jahr fließen 250 Millionen Euro zusätzlich für die Integrationskurse. Wir heben den Stundensatz für Integrationslehrer an.
(Katja Mast [SPD]: Wie lange haben wir dafür gekämpft!)
Wir erweitern mit dem Integrationsgesetz außerdem die Orientierungskurse von 60 auf 100 Stunden. Dabei legen wir verstärkt Wert darauf, dass unsere Grundrechte und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen besser erklärt werden. Das kommt übrigens besonders den Flüchtlingsfrauen selbst zugute.
Ganz wichtig für uns: Die Hälfte der Flüchtlinge sind zwischen 18 und 27 Jahre alt. Es sind junge Menschen, die wir frühzeitig unterstützen können, einen Beruf zu erlernen. Der Arbeitsmarkt kann das auch schaffen. Im Moment haben wir in Deutschland 41 000 offene Ausbildungsplätze.
Auch für Geduldete schaffen wir Rechtssicherheit. Wer eine Ausbildung beginnt, soll für die gesamte Dauer in Deutschland bleiben dürfen. Die bislang bestehende Altersgrenze zu Beginn der Ausbildung fällt weg. Da, wo die Arbeitslosigkeit niedrig ist, können die Länder entscheiden, auf die Vorrangprüfung zu verzichten – eine Forderung, die oft von Unternehmen kam.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum dann nicht vollkommen?)
Nun beschweren sich die Kollegen der Grünen immer noch darüber, dass wir die berufsvorbereitenden Maßnahmen für Geduldete erst nach sechs Jahren zugänglich machen. Da frage ich mich schon bei so manchem Beitrag, ob Sie überhaupt wissen, wer Geduldete sind. Geduldete sind Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde.
(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die teilweise über Jahrzehnte nicht abgeschoben werden!)
Hinzu kommt: Nur 0,6 Prozent der Asylentscheidungen in diesem Jahr endeten mit einer Duldung. Über wie viele Menschen reden wir also? Wer als Geduldeter einen Ausbildungsplatz findet, hat auch Zugang zu allen Unterstützungsmaßnahmen. Nur die berufsvorbereitenden Maßnahmen haben diese Koppelung an den Arbeitsmarkt nicht, sondern finden allein bei einem Bildungsträger statt. Deshalb habe ich kein Verständnis dafür, dass Sie ein Gesetz schlechtreden,
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie bei der Anhörung dabei?)
das 99 Prozent der Betroffenen unterstützt, nur weil Sie meinen, dass weniger als 1 Prozent der Menschen nicht schnell genug geholfen wird. Also bei allem Respekt: Das ist einfach Quatsch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Insgesamt sieht der Finanzplan für dieses Jahr zusätzlich rund 10 Milliarden Euro für die Aufnahme der Flüchtlinge und die Bekämpfung von Fluchtursachen vor. Wer all das, was wir gemacht haben und jetzt auch vorhaben, gebetsmühlenartig schlechtredet, selbst gegen Expertenmeinungen und Erläuterungen, der betreibt das Geschäft der Angstmacher.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte?)
Stellen Sie sich doch einmal hinter die Menschen dieses Landes, und stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Kollegin Katja Mast das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969802 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Integrationsgesetz |