07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 14

Sevim DağdelenDIE LINKE - Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED Operation SOPHIA

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Infolge des NATO-Krieges gegen Libyen herrschen in dem Land am südlichen Ufer des Mittelmeeres inzwischen islamistische Terrorbanden und Warlords, die einen erbitterten Bürgerkrieg um die Ressourcen des Landes führen. Jetzt weiten Sie den Bundeswehreinsatz, die Mission EUNAVFOR MED, aus, sodass unserer Ansicht nach dieser Bürgerkrieg in Libyen weiter internationalisiert wird. Ziel der Mission soll es auch sein, Einheiten von Polizei und Armee der nichtgewählten Übergangsregierung zu bewaffnen und auszubilden.

Wie sieht eigentlich die bisherige Praxis der militärischen Migrationsabwehr – sprich: der Flüchtlingsabwehr – aus? Amnesty International gibt der libyschen Küstenwache, die jetzt noch enger mit der Europäischen Union kooperieren soll, eine Mitschuld an den furchtbaren Leiden der Flüchtlinge. Seit Ende Mai haben sie 3 000 Menschen aus dem Meer gezogen und wieder in die Lager gebracht, von denen es 24 irreguläre in dem Land gibt, die vorwiegend von bewaffneten Banden, auch Islamisten, kontrolliert werden. – So der Bericht der Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International.

Mit Ihrer militarisierten Flüchtlingsabwehr und der Kooperation mit Antidemokraten und üblen Schergen in Libyen tragen Sie zu einer massiven Verschlechterung der Lage der Menschen bei.

(Beifall bei der LINKEN)

Die deutsche Bundesregierung wie auch die deutschen Soldaten tragen somit Mitverantwortung für die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen und für Verbrechen an der Bevölkerung in Libyen – so die Menschenrechtsorganisationen. Ich finde, das ist inakzeptabel, und das ist schändlich.

(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das ist ja ungeheuerlich! Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf!)

Ich frage Sie auch: In welche Bürgerkriege möchten Sie sich eigentlich noch einmischen? Wurde dazu die Bundeswehr einmal aufgestellt, um Truppen zu entsenden, die durch Waffenhilfe und -ausbildung weltweit Bürgerkriegsparteien ertüchtigen sollen? Ist das Aufrüsten von Verbrechern in Libyen für Sie Teil der Territorialverteidigung, etwa Deutschlands? Was Sie hier schaffen, ist wiederum ein neues Frankensteinmonster, das Sie in Zukunft eben nicht mehr hegen und bekämpfen können;

(Beifall bei der LINKEN)

denn wie wollen Sie kontrollieren, in welche Hände Ihre Waffen, die Sie bei der Ausbildung ausgeben werden, eigentlich gelangen?

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wer will ihnen denn Waffen geben?)

Wie wollen Sie garantieren, dass Ihre ausgebildeten Menschen nicht zu den feindlich gesonnenen islamistischen Terrorbanden überlaufen werden? Sie können es nicht garantieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie können nicht ausschließen, dass Sie sich an der Ausbildung derjenigen beteiligen, die sich im Grunde genommen dann gegen Sie richten werden; das wissen Sie auch. Das Einzige, das sicher ist, ist, dass Sie den Bürgerkrieg in Libyen damit natürlich weiter anheizen werden, wenn Sie dort Menschen bewaffnen und ausbilden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist für uns völlig inakzeptabel, und es ist eine abenteuerliche Außenpolitik. Deshalb fordern wir Sie auf, die Bundeswehr dort abzuziehen.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Und die Menschen ertrinken zu lassen!)

Wenn Sie tatsächlich eine Seenotrettung wollen, dann machen Sie doch eine zivile Seenotrettung.

(Beifall bei der LINKEN)

Warum schicken Sie Kriegsschiffe zu den Flüchtlingen und keine Fähren? Der Kommandant der Fregatte „Karlsruhe“, Christian Clausing, der selbst an dieser Mission beteiligt gewesen ist, hat gesagt: Kriegsschiffe sind für Seenotrettung nicht optimiert.

Ich finde, eine militärische Flüchtlingsabwehr genauso wie eine Kriegsbeteiligung

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: So, jetzt zum Ende kommen!)

in Libyen durch Ausbildung und Bewaffnung von Schurken und Schergen stellen einen Bruch unseres Grundgesetz dar und sind auch nicht mit dem Völkerrecht vereinbar. Deshalb lehnen wir diesen Bundeswehreinsatz ab.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das ist ja eine Überraschung! – Rainer Arnold [SPD]: Haben Sie eine Idee, was man tun muss?)

Wir hoffen, dass bei Ihnen irgendwann Vernunft einkehrt und Sie weiter nicht irgendwelche Islamisten ausbilden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Bei uns herrscht Vernunft!)

Vielen Dank. – Da beide Redner, wenn auch nur leicht, ihre Redezeit überschritten haben, appelliere ich nun noch einmal, die Redezeit einzuhalten. Ich werde hier ab 21 Uhr nicht alleine die Abstimmungen leisten können. Sie müssen dann schon dabei sein. Ich erwarte, dass jeder anschließend hier ist. Sie alle wissen, worum es geht.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hammelsprung!)

Der Kollege Kiesewetter von der CDU/CSU-Fraktion hat das Wort und wird zeigen, dass das geht.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969842
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED Operation SOPHIA
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