07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 15

Kerstin RadomskiCDU/CSU - Geschlechtergerechte Haushaltspolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Forderung nach einem sogenannten geschlechtergleichen Haushaltsplan. Wie bereits dargelegt wurde, sollen mit dem Gender Budgeting zusätzliche Maßnahmen in den Prozess der Aufstellung unseres Haushaltsplans aufgenommen werden, durch die eine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter erreichen werden soll.

Was heißt das konkret? Bei jeder monetären Ausgabe im Rahmen des Haushaltsentwurfes von über 328 Milliarden Euro soll überprüft werden, ob diese Ausgabe Männern und Frauen gleichermaßen zugutekommt.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht aber anders im Antrag! Das stimmt ja nicht!)

Weil der Staat kein Geschlecht bevorzugen darf, müsste es im Fall einer nicht gleich hohen Ausgabe für beide Geschlechter zu einer Umverteilung kommen. Wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in Ihrem Antrag ganz richtig betonen, ist nach Artikel 3 Absatz 2 unseres Grundgesetzes alles staatliche Handeln der Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter verpflichtet.

Die jüngere Generation hat das große Glück, mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau aufgewachsen zu sein. Wir nehmen dies heute als selbstverständlich hin. Schließlich dürfen Frauen in Deutschland seit nunmehr 97 Jahren wählen gehen. Im zunehmend globalisierten 21. Jahrhundert werden wir allerdings tagtäglich auch mit Gesellschaftssystemen konfrontiert, in denen der Frau wichtige Rechte auf Gleichstellung weiterhin nicht gewährt werden.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland sind viele Dinge, die uns als selbstverständlich erscheinen, noch lange nicht so etabliert, wie es manchmal den Anschein hat. Noch bis ins Jahr 1958 hinein konnte ein Ehemann in der jungen Bundesrepublik das Dienstverhältnis seiner Frau kündigen. Bis 1962 durfte eine Frau ohne die Zustimmung ihres Mannes kein eigenes Bankkonto eröffnen, und erst weitere sieben Jahre später wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen. Wir vergessen oft, dass vollkommene Gleichberechtigung ein langwieriger und anhaltender Prozess ist. Es ist erreicht, dass nach § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien die Gleichstellung von Mann und Frau als Leitprinzip politischen, normgebenden und verwaltenden Handelns der Bundesregierung etabliert ist.

Natürlich ist es lobenswert, das Thema Gleichstellung ins Gedächtnis zu rufen. Aber wir, die CDU/CSU-Fraktion, haben dies nie aus den Augen verloren und im Parlament auch in den letzten Jahren weiter begleitet.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)

Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen, Herr Kindler.

Das von der CDU und CSU eingeführte Elterngeld ist beispielsweise als Ersatzleistung für das wegfallende Erwerbseinkommen gedacht. Dabei lautet das Ziel, beiden Elternteilen eine bessere Beteiligung an der Erziehung der Kinder zu ermöglichen.

10 Millionen Menschen – Mütter und Väter – profitieren von der Erhöhung der Rentenpunkte für die Erziehungszeit von Kindern, die vor 1992 geboren sind. Auf unsere Mütterrente sind wir als CDU/CSU-Fraktion zu Recht stolz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vor dem Gesetz sind wir alle gleich, aber als Individuen doch grundsätzlich verschieden. Wir alle erhalten eine schulische Ausbildung in den gleichen Fächern, und doch entscheidet sich ein Mann vielleicht, Krankenpfleger zu werden, und eine Frau studiert Ingenieurwesen, was früher jeweils selten der Fall war. Die meisten von uns erwerben im selben Alter den Führerschein, und trotzdem fahren nicht alle gleich gerne Auto. Es gibt diverse Studien, die aufzeigen, dass Männer lieber Auto fahren und es viele Frauen gibt, die den ÖPNV bevorzugen. Jetzt stellen wir uns bitte einmal vor, wie das Gender Budgeting in der Praxis aussehen würde: Ist eine Investition in die Sanierung einer Bundesstraße eine männliche oder eine weibliche Bevorteilung?

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So einfach können Sie es sich nicht machen! Das ist doch ein bisschen zu billig jetzt! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wäre es mit ein bisschen mehr Sachlichkeit? – Zuruf von der CDU/CSU: Weiblich: die Straße!)

In der Konsequenz, dass viele Männer offenbar eher für das Autofahren zu begeistern sind als Frauen, stünde hier womöglich ein klares „männlich“.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber die Straße ist weiblich!)

Aber ganz ehrlich und plump gesagt: Ist eine Frau diskriminiert, wenn unsere Straßen gut saniert sind? Wohl nicht. Auch wenn sie nicht gerne hinter dem Steuer sitzt, profitiert sie trotzdem von der Sanierung der Straßen.

Frau Radomski, ich muss Sie bitten, zum Schluss zu kommen, trotz der netten Beispiele.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, bitte!)

Ja, mache ich. – Anstatt die Gesellschaft zu zerteilen, sollten wir uns daran erinnern, dass wir alle gleichberechtigte Menschen sind.

Ich möchte noch einen finanziellen Aspekt ansprechen. Natürlich hat auch die Machbarkeitsstudie gezeigt, die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, dass wir im Ergebnis mehr Stellen brauchen und damit Geld.

Sie müssen wirklich zum Schluss kommen.

Ich bringe den Satz zu Ende. – Ich würde Sie bitten, dieses Geld lieber in Infrastruktur, Bildung, Kitas und Generationengerechtigkeit zu stecken. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal die Bitte: Das war jetzt über eine Minute zusätzliche Redezeit. Ich muss nicht darauf hinweisen, was es bedeutet, wenn jeder eine Minute zusätzlich redet. Dann sitzen wir hier noch um elf.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist denen, die jetzt reden, aber egal!)

Deshalb bitte ich wirklich, die Redezeit einzuhalten.

Dr. Gesine Lötzsch hat als nächste Rednerin das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969860
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Geschlechtergerechte Haushaltspolitik
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