Enak Ferlemann - Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute eines der wichtigsten Gesetze in dieser Legislaturperiode – jedenfalls im Eisenbahnsektor –, das sogenannte Eisenbahnregulierungsgesetz. Was verbirgt sich dahinter? Eisenbahn ist ein komplexes und kompliziertes System. Bei Eisenbahn gibt es auf der einen Seite Netze, auf denen gefahren wird, und auf der anderen Seite Betriebe, die auf den Netzen fahren. Europa hat sich dazu entschieden, eine Trennung zwischen Netzbetrieb und Fahrbetrieb vorzuschlagen. Wir haben uns als Bundesrepublik Deutschland viele Jahre dagegen gewehrt, dass das auch für Deutschland verpflichtend gilt, und haben durchgesetzt, dass die Eisenbahn auch nach unserem Modell – also einen integrierten Konzern zu fahren, der Netz und Betrieb vereint – betrieben werden kann.
Dafür aber, dass man ein integriertes System fahren kann, braucht man eine gute Regulierung. Das sieht das europäische Recht so vor und sieht es auch zu Recht vor. Es wird also ein Markt simuliert, den es so nicht gibt, damit man Wettbewerb darstellen und zu gerechten Trassenpreisen, Trassengebühren kommen kann. Man kann es für die Öffentlichkeit so erklären: Das ist praktisch eine Maut auf der Schiene. Die haben wir in Deutschland schon viele Jahre, und die Frage ist: Wie wird sie gerecht – in welcher Höhe und mit welchem Zuwachs – festgesetzt?
Dafür braucht es einen unabhängigen Regulierer, der diese Preise ohne politische Vorgabe und Einflussnahme nach bestimmten Kriterien festsetzen kann. Den haben wir in der Bundesnetzagentur gefunden, die diese Aufgabe unserer Auffassung nach schon jetzt in großen Teilen sehr gut erledigt, aber mit diesem Gesetz noch einmal deutlich gestärkt wird und ihrer Aufgabe, wie wir meinen, gut nachkommen wird. Sie ist unabhängig und kann von daher die Preise marktgerecht festsetzen. Das wiederum wird dazu führen, dass das Angebot auf der Schiene leichter zu fahren sein wird. Damit werden wir mehr Verkehr auf die Schiene bekommen, was Ziel der Bahnreform ist, und vor allem mehr Wettbewerb auf der Schiene haben, was für das System insgesamt auch nur wünschenswert und richtig ist.
Dafür, dass wir das hinbekommen, brauchen wir aber eine Regulierung. Wir haben uns für die Entgeltregelung entschieden. Das heißt, die Regulierung wird, bevor die Trassen vergeben werden, die Preise festsetzen, sodass jedes Unternehmen, das Trassen erwerben will, weiß, zu welchen Kosten über diese Trassen gefahren werden kann. Das ist der Charme der Lösung, die wir gemeinsam gefunden haben.
Ich bin meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr dankbar, die in den vergangenen Wochen und Monaten dieses Gesetzgebungsverfahren sehr intensiv begleitet haben, allen mit Rat und Tat zur Seite standen und, glaube ich, dem Deutschen Bundestag nicht nur einen guten Gesetzentwurf, sondern vor allem auch gute Ergänzungen formuliert haben.
Ich danke insbesondere den beiden Koalitionsfraktionen, die in mühevoller Kleinarbeit noch viele Punkte eingebracht haben. Allerdings ist ein Punkt dabei, den wir kritisch beleuchten müssen. Da geht es darum, wie die Länder ihren Einfluss beim Nahverkehr geltend gemacht haben. Die Länder wollen, dass der Zuwachs der Trassenpreise im Nahverkehr auf die 1,8 Prozent begrenzt wird, die wir über die Regionalisierungsmittel maximal als Zuwachs jedes Jahr finanzieren. Das sind in diesem Jahr 8,2 Milliarden Euro, eine sagenhafte Summe, die es für das Schienenwesen im Nahverkehr noch nie gab. Ich bin Ihnen allen sehr dankbar, dass Sie das Schienenwesen in Deutschland so unterstützen. Aber wir haben in der Regulierung festgelegt, dass diese 1,8 Prozent Maximum sein müssen – das kann man verstehen –, damit der Zuwachs an Mitteln nicht überschritten wird, was ansonsten dazu führte, dass weniger Verkehr gefahren würde, weil mehr für die Trassenpreise aufzuwenden wäre.
Was wir heute allerdings beschließen werden, ist, dass diese 1,8 Prozent auch dann genommen werden, wenn der Regulierer sogar unter der Summe bleibt. Das ist so gewollt und okay; wir werden das so nachvollziehen; denn die Regierung hat ja den Auftrag, das umzusetzen, was das Parlament beschließt. Ich vermute, dass das zugunsten des Fernverkehrs und des Güterverkehrs läuft; denn ich glaube, dass wir bei der Regulierung unter den 1,8 Prozent bleiben können, wodurch wir dann höhere Einnahmen aus dem Nahverkehr haben, die zugunsten von Fernverkehr und Güterverkehr umgelenkt werden können. Mithin ist der Sinn der Demonstrationen in dieser Woche überflüssig geworden, weil genau das Gegenteil von dem eintritt, von dem die Demonstranten ausgegangen sind.
Insofern können wir, wie ich glaube, einen sehr guten Gesetzentwurf vorlegen. Heute ist hier im Bundestag ein sehr guter Tag für das Eisenbahnwesen in Deutschland. Ich hoffe, dass der Bundesrat morgen so klug ist, diesem Gesetz zuzustimmen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Herbert Behrens von der Fraktion Die Linke das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969874 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich |