Kirsten LühmannSPD - Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich
Liebe Kollegen und Kolleginnen! Sehr verehrte Anwesende! Der Güterverkehr auf der Schiene ist zwischen 2010 und 2015 um 6,5 Prozent gestiegen. Ich bin mir sicher: Alle, die hier im Raum sind, hätten sich gewünscht, das wäre noch mehr gewesen, aber es ist immerhin eine Steigerung. Im Personennahverkehr gab es von 2010 bis 2015 sogar eine Steigerung um 9 Prozent.
Jährlich werden in Deutschland 2,5 Milliarden Menschen im Nahverkehr der Bahn transportiert. Das ist ein Erfolgsmodell. Wir stellen aber fest: Die Netzkapazitäten setzen dem Anstieg Grenzen. Deshalb hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode insgesamt 35 Milliarden Euro ausgegeben, um das Netz zu ertüchtigen, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der SPD)
Trotzdem gibt es einen Punkt, der insbesondere für die Länder sehr wichtig ist, nämlich die Trassenpreisbremse, um dem weiteren Zuwachs der Trassenpreise entgegenzuwirken. Die Trassenpreise steigen jährlich nämlich wesentlich stärker als die Teuerungsrate. Das ist auch eines der Themen des hier vorliegenden Gesetzentwurfs. Wir setzen mit diesem Gesetzentwurf zum einen EU-Regeln um, zum anderen geht es uns aber auch noch um zwei weitere Ziele, nämlich zum Ersten um die Trassenpreisbremse und zum Zweiten um mehr Transparenz bei der Preisgestaltung von Netz und Station.
Das ist schwierig genug; denn wir müssen die Interessen und Möglichkeiten unterschiedlichster Akteure zusammenbringen: von Bund und Ländern – die Länder haben zum Beispiel 57 Änderungsvorschläge gemacht, von denen wir sehr viele angenommen haben –, aber auch von nicht bundeseigenen Eisenbahnen, wie zum Beispiel der Niederrheinischen Verkehrsbetriebe aus Moers mit einem Schienennetz von 26 Kilometern und der Deutschen Bahn AG mit einem Schienennetz von weit über 30 000 Kilometern.
Zusätzlich haben wir noch einen Auftrag der Ministerpräsidenten und -präsidentinnen und der Kanzlerin bekommen. Sie haben nämlich beschlossen – der Staatssekretär hat es schon gesagt –, die Regionalisierungsmittel deutlich anzuheben. Den Ländern wurde dabei zugesichert – und zwar von der Kanzlerin –, dass das Geld für die dringend benötigten Mehrbestellungen nicht durch die überproportional steigenden Trassenpreise aufgefressen und die Trassenpreissteigerung auf 1,8 Prozent im Jahr begrenzt wird.
Das hatten wir umzusetzen. Der Auftrag war klar: EU-Richtlinie umsetzen, Transparenz schaffen, Trassenpreisanstieg dämpfen, genug Geld für die Deutsche Bahn AG zum Betrieb ihrer Schienen besorgen und eine Deckelung der Trassenpreise im Nahverkehr. Die Lösung liegt jetzt vor Ihnen.
Erstens. Wir haben die Rolle der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde ausgeweitet. Sie kann jetzt die Angemessenheit der Preise besser prüfen.
Zweitens. Wir haben einen Produktivitätsfaktor eingeführt, der die Trassenpreiserhöhungen dämpfen soll.
Drittens. Wir haben den diskriminierungsfreien Zugang zu den Schienennetzen verbessert.
Viertens. Wir haben den Auftrag der Länder und der Kanzlerin in § 37 des Gesetzentwurfs umgesetzt und die Trassenpreisbremse geregelt.
Wir hatten nur ein kleines Problem: Es war juristisch nötig, dass wir die Defizite an anderer Stelle ausgleichen oder zumindest die Möglichkeit dazu schaffen. Wir haben uns entschieden, das im Bereich des Fernverkehrs zu tun. Uns allen ist aber klar: Dazu soll es nicht kommen. Dank der Beteiligung aller haben wir eine Lösung gefunden, die die Erhöhung der Trassenpreise im Fernverkehr und als Folge daraus die Erhöhung der Ticketpreise im Fernverkehr nicht zum Tragen kommen lässt.
Erstens. Wir haben eine Evaluierung in 2019 beschlossen, damit die Folgen der Erhöhung der Regionalisierungsmittel, der Mehrbestellungen und der Trassenpreisbremse aufgearbeitet werden. Dieses Ergebnis soll dann in die Verhandlungen zur Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III im selben Jahr einfließen.
(Gustav Herzog [SPD]: Gute Regelung!)
Zweitens. Mit dem Inkrafttreten der LuFV III am 1. Januar 2020 haben wir die Möglichkeit gestrichen, dass ein mögliches Delta auf den Bereich des Fernverkehrs übertragen wird. Das heißt, bis dahin müssen wir andere Lösungen finden.
Drittens. Die Länder haben für 2017 beschlossen, die volle Erhöhung der Trassenpreise, also 2,4 Prozent mehr, zu zahlen, und sie sind damit einverstanden, dass die Deckelung erst 2018 beginnt.
Jetzt haben wir folgende Situation: Die Beschäftigten der Deutschen Bahn haben Befürchtungen, die wir sehr ernst nehmen – insbesondere auch unser Kollege Martin Burkert von der entsprechenden Gewerkschaft –,
(Ulrich Lange [CDU/CSU]: Oh!)
dass es durch die Mindereinnahmen in 2018 und 2019 möglicherweise zu Entlassungen kommt. Ich danke dem Bahnchef, Dr. Grube, sehr herzlich dafür, dass er diese Befürchtungen aufgenommen hat und heute die Belegschaft über Inhalt und Folgen dieses Gesetzes informiert hat. Ich zitiere aus dem Brief von Herrn Grube einen Satz:
Wichtig ist uns, zu betonen, dass die Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen auf unser wirtschaftliches Ergebnis insgesamt beherrschbar bleiben und keine negativen Folgen für die Beschäftigten zu erwarten sind.
Ein ganz wichtiges Schreiben.
(Beifall bei der SPD – Gustav Herzog [SPD]: Klare Aussage!)
Unser Fazit: Dies ist ein schwieriger Gesetzesprozess, der aufgrund des unbedingten Einigungswillens aller Beteiligten erst möglich wurde – ein Gesetz für mehr Transparenz – ein Gesetz für die Stabilisierung der Trassenpreise und ein Gesetz ohne negative Auswirkungen auf die Qualität des Schienenverkehrs und auf die Beschäftigten.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, im Jahr 2019 werden wir uns, so der Wählende es will, hier alle wiedertreffen, die Evaluation auswerten und über die LuFV III beraten. Ich freue mich darauf.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Matthias Gastel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
(Zuruf von der CDU/CSU: Aber nicht überziehen!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969878 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung des Wettbewerbs im Eisenbahnbereich |