Eva Bulling-SchröterDIE LINKE - Erneuerbare-Energien-Gesetz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Superschnellverfahren erinnert mich an die Bankenrettung, die hier in ähnlich hohem Tempo durchgepeitscht wurde.
(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Und erfolgreich!)
Wenn es um den Einsatz von Milliarden Steuergeldern geht, werden Demokratie und Parlament ausgehebelt und unter Druck gesetzt.
(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Jetzt aber!)
Ein anderes Beispiel ist die Erbschaftsteuer, die jetzt ganz schnell beschlossen wurde und Firmenerben mit bis zu 26 Millionen Euro schont.
Beim Erneuerbare-Energien-Gesetz ist es dasselbe Spiel. Wir von der Opposition haben – das wurde schon gesagt – den Änderungsantrag der Regierungskoalition, diese 412 Seiten, vorgestern eine Viertelstunde vor Ausschussbeginn bekommen. Wenn die Große Koalition etwas durchsetzen will, dann wird Druck gemacht, dann muss es schnell gehen. Das ist die Strategie dieser Koalition.
(Bernd Westphal [SPD]: Habt ihr auch einen Inhalt? – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sagen Sie mal dem Bundesverfassungsgericht, dass Sie das ganz anders sehen!)
Ich finde, dafür, dass Sie mit Ihrer Mehrheit von 80 Prozent die Rechte der Opposition mit Füßen treten, sollten Sie sich wirklich schämen. Ich frage mich: Was ist das für ein Demokratieverständnis?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Wirtschaftsausschuss haben wir am Mittwoch vonseiten der Union gehört: Sie stimmen ja sowieso dagegen. – Das halte ich für eine Frechheit.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Tun Sie das etwa nicht? – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Ach, Sie stimmen zu?)
Mit dieser Logik braucht man der Opposition Gesetzentwürfe künftig gar nicht mehr vorzulegen, weil sie ja sowieso dagegen stimmt. Ich frage mich: Wo sind wir hier eigentlich?
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist schon klar, weshalb Sie so auf die Tube drücken: Sie machen heute das erfolgreiche EEG kaputt. Sie stellen die Ökostromförderung auf Ausschreibungen um und schaffen damit die verlässliche Einspeisevergütung für erneuerbaren Strom ab. Das ist ein tiefer Einschnitt. Warum? Weil die garantierte Vergütung und der Vorrang der erneuerbaren Energien die wichtigsten Gründe für den großen Erfolg dieses Gesetzes waren. Das EEG war bislang das erfolgreichste Klimaschutzinstrument Deutschlands. Man muss sagen: „war“; denn diesen Erfolg gefährden Sie nun. Mit dieser Reform wird Deutschland seine Klimaschutzziele eben nicht erreichen; das bestätigen viele Fachleute, auch wenn Sie das immer wieder negieren.
Ein besonders großer Erfolg war auch die große Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen an der Energiewende. Alle konnten mitreden und mitmachen. Die Energie war seitdem nicht mehr nur in der Hand der Konzerne. Auch diesen Erfolg gefährden Sie nun. Die Anbieter von Bürgerenergie werden sich aus Kostengründen weniger oder auch gar nicht an Ausschreibungen beteiligen können. Daran ändern auch die Ausnahmeregelungen nichts. Die Energieversorgung sollen wieder ein paar wenige Großprojektierer regeln, die viel Kapital mitbringen und die kleinen Bieter an die Wand drücken. Investmentfonds kaufen am Ende alles auf.
Die SPD ist ja sehr stolz, weil sie etwas für die Kommunen getan hat.
(Ulli Nissen [SPD]: Zu Recht!)
Von den Bürgerenergieprojekten sollen an die Kommunen mindestens 10 Prozent abgegeben werden.
(Ulli Nissen [SPD]: Das ist doch klasse!)
Es ist gut, die Kommunen zu beteiligen; dafür bin ich auch.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Warum aber sollen nur die Anbieter von Bürgerenergie etwas abgeben? Warum nicht auch die Großprojektierer?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich frage mich schon, warum da die Liebe der SPD zu den Kommunen aufhört. Genauso gut könnten die Kommunen doch bei großen Investoren mit 10 Prozent einsteigen. Ich frage mich: Haben Sie wenigstens darüber nachgedacht?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Um die radikale Kehrtwende bei der Ökostromförderung zu rechtfertigen, sprechen Sie immer wieder von explodierenden Kosten. Das war schon 2013 und 2014 bei der Kampagne gegen die EEG-Umlage so, und das ist jetzt auch wieder so. Angeblich würden die Kosten für die Abregelung von Windkraftanlagen in den Himmel steigen. Dass das nicht stimmt, wird zum Beispiel vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung bestätigt.
Allerdings wird bei den sowieso schon enorm großzügigen Entlastungen für die stromintensive Industrie noch ein dicker Batzen obendrauf gepackt – ob berechtigt oder nicht, ob effizient oder nicht, das ist Ihnen wahrscheinlich egal. Die 5 Milliarden Euro für Industriestrom zieht man den Verbraucherinnen und Verbrauchern gerne aus der Tasche. Beim Mieterstrom hingegen fehlt wieder eine Regelung; das müssen Sie einfach zugeben.
Noch ein Wort zum schnellen Durchdrücken. Vor zwei Tagen haben Sie in letzter Minute eine alte FDP-Forderung aufgenommen. Sie wollen technologieneutrale Ausschreibungen erproben. Die Experten, die in der Anhörung am Montag danach befragt wurden, lehnten dies ab; denn es ist ein offenes Geheimnis, dass dies das Aus der Photovoltaik wäre. Aber absurd ist es schon: Die FDP ist weg, und Sie machen FDP-Politik.
Die Sektgläser werden heute bei Banken, Fonds und anderen Großinvestoren klingen, aber nicht bei den Herstellern von Solar- oder Windanlagen, auch nicht bei den Bürgerenergiegenossenschaften.
(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Da findet doch nichts mehr statt!)
Die Linke sagt: Wir stehen hinter der Bürgerenergie. Wir stehen hinter einer echten Energiewende. Deshalb lehnen wir das Gesetz ab.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: „Sozialistische Energiewende“ wollten Sie sagen!)
Das Wort erhält nun der Kollege Joachim Pfeiffer für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6970759 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 184 |
Tagesordnungspunkt | Erneuerbare-Energien-Gesetz |