08.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 184 / Tagesordnungspunkt 33

Joachim PfeifferCDU/CSU - Erneuerbare-Energien-Gesetz

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer wirklich will, dass die Energiewende und der europäische Binnenmarkt für Energie, den wir im Gegensatz zu anderen Teilmärkten in Europa immer noch nicht haben, zum Erfolg geführt werden, der muss dafür sorgen, dass wir in der Energieversorgung mehr Markt, mehr Wettbewerb und mehr Europa bekommen.

Wir haben bereits in der letzten Sitzungswoche wesentliche Teile des Gesetzespaketes für den Umbau neu justiert, etwa das Strommarktdesign und die damit verbundene Flexibilisierung auf der Nachfrageseite. Der Wettbewerb funktioniert in vielen Bereichen immer noch nicht richtig. Die Angebotsseite wird zwar zunehmend flexibler, aber die Nachfrageseite ist immer noch recht starr. Wir haben ebenfalls die Digitalisierung der Energiewende eingeleitet. Heute geht es um einen weiteren wesentlichen Eckpfeiler, nämlich das EEG marktwirtschaftlicher, wettbewerblicher und europafester auszurichten. Es geht darum, den Weg dafür einzuschlagen, die Energiewende und den europäischen Binnenmarkt endgültig zum Erfolg zu führen.

Warum sind gerade im EEG Veränderungen so dringend notwendig? Das EEG und sein Vorläufer, das Strom­einspeisungsgesetz, gibt es nun seit fast 26 Jahren. Es ist auf der einen Seite sehr erfolgreich, was den Zuwachs der Erzeugung von erneuerbaren Energien anbelangt. Es ist zum Teil sogar Opfer seines eigenen Erfolgs: Der technologische Fortschritt und die Kosteneffizienz bei vielen Technologien sind deutlich schneller vorangeschritten – bei der Photovoltaik war das bereits Ende der 2000er-Jahre der Fall; jetzt erfolgt dies bei Wind on­shore, aber auch bei Wind offshore –, als wir uns das erhofft und vorgestellt hatten. Auf der anderen Seite waren wir alle gemeinsam nicht in der Lage, die politische Preissetzung – im EEG gibt es ja eine politische Preissetzung, keine marktwirtschaftliche – so zu verändern, dass sie mit dem technologischen Fortschritt und den Fortschritten bei der Kosteneffizienz Schritt hält.

Wozu hat das geführt? Das hat dazu geführt, dass der Ausbau der Erzeugung in vielen Sektoren weit über dem lag, was wir uns als Ausbauziele gemeinsam vorgenommen hatten. Im Koalitionsvertrag von 2013 haben wir für die Windenergie Ausbaupfade festgelegt, die schon viel höher lagen als die von fast allen Fraktionen im Energieprogramm von 2010/2011 gemeinsam festgelegten Ausbauziele, die wieder explodiert sind. Das hat dazu geführt, dass unnötig hohe Kosten entstanden sind, nämlich rund 500 Milliarden Euro an Ausgabenzusagen allein durch das EEG durch den Festpreis, die unbegrenzte Mengengarantie und eine 20-jährige Laufzeit. 350 Milliarden Euro dieser Ausgabenzusagen sind in den nächsten 20 Jahren noch von den Stromverbrauchern abzutragen.

Dass wir es trotz aller Bemühungen versäumt haben, den Netzausbau mit dem überproportionalen Anstieg der Erzeugung zu synchronisieren, hat dazu geführt, dass der Strom vielfach nicht in die Verbrauchszentren abtransportiert werden kann, also dorthin, wo er gebraucht wird. Ganz eklatant ist die Situation in Niedersachsen. Dabei müssen wir uns aber nicht parteipolitisch den Schwarzen Peter zuschieben: Seit wir 2009 mit dem EnLAG begonnen haben, den Netzausbau zu beschleunigen, haben es weder die frühere noch die jetzige Regierung vollbracht, in den letzten sieben Jahren in Niedersachsen auch nur einen Meter Leitung im Übertragungsnetz zu bauen. Deshalb haben wir die Situation, dass die Offshorewind­energie, deren Ausbau wir vor zwei Jahren in diesem Hause ebenfalls mit hohem Kostenaufwand beschleunigt haben, und die Onshorewindenergie nicht durch Niedersachsen in den Süden abtransportiert werden können.

Von den mit dem Energieleitungsausbaugesetz geplanten Vorhaben, die eigentlich bis 2011 umgesetzt werden sollten, ist heute gerade einmal ein Drittel der Leitungen fertig. Von den im Bundesbedarfsplangesetz für den Netzausbau vorgesehenen Leitungen ist bis jetzt nur 1 Prozent fertiggestellt. Das zeigt, dass das einseitige Setzen auf Erzeugung nicht zum Erfolg führt – da können Sie ein noch so großes Brimborium veranstalten –, sondern es muss mit dem Netzausbau synchronisiert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann macht das endlich mal! Mit Ihrer eigenen Unfähigkeit begründen Sie den Nichtausbau der erneuerbaren Energien! Sie benutzen Ihre eigene Unfähigkeit als Argument! – Gegenruf des Abg. Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Die Unfähigkeit heißt Wenzel!)

Wenn dies nicht erfolgt, dann entstehen Redispatchkosten durch die Abregelung von EEG-Anlagen im Norden – die Kosten fallen an, unabhängig davon, ob der Strom eingespeist wird oder nicht –, und im Süden oder auch im benachbarten Österreich werden Kraftwerke hochgefahren, um das System mit der notwendigen Frequenz und Spannung aufrechtzuerhalten und die Energieversorgung zu gewährleisten.

Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Deshalb ist es dringend notwendig, den Systemwechsel, der heute beschlossen werden soll, vorzunehmen, nämlich weg von der Preisgarantie, also von der politischen Preissetzung, hin zu einem Ausschreibungsverfahren, mit dem wir zumindest in Zukunft eine Mengensteuerung erreichen können, damit die Preise wettbewerblich am Markt gebildet werden und wir dann die bereits erwähnten Kosteneffizienzpotenziale, die wir bisher im System nicht heben konnten, zukünftig heben können.

Das gilt gerade für Sie als Grüne und auch als Linke – Sie waren immer vehement gegen diese Ausschreibungen und sind es zum Teil noch heute –: Wider besseres Wissen haben Sie in den letzten Jahren verhindert, dass wir den Energieumbau und die Energiewende kosteneffizienter gestalten und die notwendigen Änderungen vornehmen. Das müssen Sie sich auf Ihre Fahnen schreiben lassen.

Wir wollen heute wesentliche Änderungen beschließen. Kollege Saathoff hat schon einige Punkte angesprochen. So wollen wir im Windonshorebereich, weil die Ausschreibungen nicht von heute auf morgen greifen können, notwendige Absenkungen vornehmen. Statt einer Einmalabsenkung sind Absenkungen in mehreren Stufen vom 1. März bis zum 1. August nächsten Jahres vorgesehen, um die unnötigen Kosten, die bisher im System entstehen, zu senken.

Ich wage eine Prognose: Es wird keine einzige Anlage weniger gebaut werden als vorgesehen. Es ist genauso wie vor ein paar Jahren beim EEG 2014. Damals haben Sie, Herr Krischer, von der „Abrissbirne der Energiewende“ gesprochen und den Untergang des Abendlandes vorausgesagt, wenn der Stichtag nicht verlängert wird. Was ist passiert? Nichts! Keine einzige Windkraftanlage ist nicht gebaut worden. Alle sind gebaut worden, aber zu geringeren Kosten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Sie machen sich schuldig, das Ganze unnötig teuer zu machen.

Mit diesem Gesetz machen wir nicht nur die Energiewende europafester. Wir sorgen auch für mehr Markt und mehr Wettbewerb und schlagen damit die richtige Richtung ein. Wir hätten gern noch mehr gemacht. Es ist aber wie immer beim EEG: Die Reform geht in die richtige Richtung und ist besser als der Status quo.

Herr Kollege Pfeiffer.

Gibt es noch eine Zwischenfrage?

(Heiterkeit)

Nein, es gibt keine mehr. Die Redezeit ist zu Ende.

Dann komme ich zum Ende.

Wie schön.

Vielen Dank für die Anmerkung. – Es geht in die richtige Richtung und ist besser als der Status quo; aber eigentlich wäre noch mehr nötig gewesen. Das, was wir heute verabschieden, war schon ein ordentliches Stück Arbeit. Deshalb bitte ich um Zustimmung. Ich hoffe auf breite Unterstützung nicht nur hier im Haus, sondern später auch im Bundesrat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Julia Verlinden ist die nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6970763
Wahlperiode 18
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Erneuerbare-Energien-Gesetz
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