08.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 184 / Tagesordnungspunkt 33

Anton HofreiterDIE GRÜNEN - Erneuerbare-Energien-Gesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am vergangenen Dienstag, beim Petersberger Klimadialog, hat die Kanzlerin noch davon schwadroniert, dass man beim Klimaschutz Verantwortung übernehmen müsse. Am Mittwoch hat die Umweltministerin dann zugegeben, dass man in der nächsten Legislaturperiode den Deckel in Höhe von 45 Prozent beim Ausbau der erneuerbaren Energien wegnehmen muss, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Heute, zwei Tage später, beschließen wir ein Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit dem man nach Einschätzung aller Experten ebendiese Klimaschutzziele nicht erreichen kann.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wissen Sie, Herr Gabriel, wir haben in der Vergangenheit schon immer davor gewarnt, dass Sie sich zur Abrissbirne der erneuerbaren Energien entwickeln. Wenn Sie nun behaupten, dass nichts passiert sei, dann ist das gegenüber all den Menschen, die ihre Arbeitsplätze verloren haben, schlichtweg zynisch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn Herr Pfeiffer und die CDU davon sprechen, dass nichts passiert sei, wenn die Sozialdemokraten davon sprechen, dass nichts passiert sei, aber fast 40 000 Menschen ihre Arbeitsplätze verloren haben, dann ist das nicht nur eine Frechheit gegenüber dem Klimaschutz, sondern dann ist das, finde ich, auch eine Armutserklärung der Sozialdemokraten. Und deshalb: Hören Sie auf, davon zu sprechen, dass hier nichts passiert wäre!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Nachdem Sie bereits die Bioenergie gestoppt haben, nachdem Sie die Photovoltaik in den Bankrott getrieben haben und nachdem Sie Unmengen von Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben haben, nehmen Sie sich jetzt die Windkraft vor, die letzte verbleibende erneuerbare Energie, die noch floriert. Und damit Sie sich auch ganz sicher sein können, dass Sie die auch noch plattmachen können, haben Sie sich allein für die Windkraft insgesamt vier Deckel ausgedacht: Neben dem Gesamtdeckel für die erneuerbaren Energien haben Sie sich noch zwei Deckel für die Windkraft auf See und noch einmal zwei für die Windkraft an Land ausgedacht. Und damit der letzte Rest von Leben, der in der Photovoltaik und der Bioenergie noch drinsteckt, entweicht, haben Sie sich noch einmal drei Deckel für die Photovoltaik ausgedacht und zwei Deckel für die Bioenergie. Insgesamt sind es also zehn Deckel, die den Ausbau der erneuerbaren Energien stoppen sollen. Das ist doch absolut unverantwortlich. Ich verstehe nicht, wie Sie als Sozialdemokraten das mitmachen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es wird immer gesagt: Ja, selbstverständlich muss der Netzausbau mithalten mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. – Das ist logisch; das ist richtig. Aber Sie begründen den Stopp des Ausbaus der erneuerbaren Energien, den Abbruch in manchen Bereichen, wie zum Beispiel in der Nordsee, wie das die Küstenländer bereits befürchten, sozusagen mit Ihrer eigenen Unfähigkeit. Weil Sie jetzt schon wissen, dass Sie in den nächsten Jahren nicht in der Lage sind, die Netze vernünftig auszubauen, müssen Sie bereits jetzt Gesetze machen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verlangsamen. Wie wäre es denn, beim Netzausbau anstatt auf die eigene Unfähigkeit auf die eigene Fähigkeit zu setzen und zu sagen: „Ja, die Netze müssen ausgebaut werden, und deswegen strengen wir uns jetzt endlich an“?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gäbe durchaus Möglichkeiten, die Netze schneller auszubauen. Es gibt noch weitere Möglichkeiten. Was verstopft denn die Netze? Die Netze werden unter anderem vom Kohlestrom verstopft.

(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Falsch!)

Man könnte einfach einen Ausstiegsplan für die Kohle machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann sprechen Sie immer über Ihre Redispatchkosten von 1 Milliarde Euro. Wir haben nachgefragt, woher die kommen. Ja, woher kommen die? Die kommen ganz erheblich auch aus den fossilen Kraftwerken. Ja, dann ändern wir halt etwas bei den fossilen Kraftwerken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Dann zu den 4 Milliarden Euro zukünftige Redispatchkosten. Woher kommt denn die Zahl? Wir haben bei der BNetzA nachgefragt. Die BNetzA sagt: Diese Zahl haben wir uns ausgedacht.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Du weißt doch gar nicht, was das ist! Erklär doch einmal, was Redispatch heißt!)

Es gibt bei denen überhaupt keine Vorstellung davon, woher diese Zahl kommt. Also deshalb: Ein bisschen mehr Seriosität in diesem Bereich würde dem Ganzen guttun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, wenn Herr Gabriel hier steht und jammert, dass Bürger und Kommunen bis jetzt an der Energiewende verdient haben und der Rest der Menschen das bezahlen muss, dann stimmt das. Aber wie war es denn vorher? Da haben alleine wenige Großkonzerne die Leute abgezockt. Ich frage mich schon, was Sozialdemokraten sinnvoller finden: dass weiter vier Großkonzerne – das haben Sie jetzt wohl vor; das Ganze ist nämlich vor allem ein Großkonzerne-Rettungsgesetz – zukünftig abzocken sollen oder ob wir weiter eine Energiewende haben, wovon viele Menschen profitieren können? Ich frage mich: Was wäre denn sozialdemokratischer?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Zum Mieterstrommodell. Ja, das Mieterstrommodell muss dringend umgesetzt werden. Das ist richtig. Aber hier haben wir wieder das schöne Modell, dass eine Verordnungsermächtigung drinsteht. Bis jetzt haben wir erlebt, dass bei den Verordnungsermächtigungen noch nie etwas Vernünftiges herausgekommen ist. Wir werden euch genau auf die Finger schauen, ob ihr diesmal ausnahmsweise etwas Vernünftiges macht.

Deshalb: Wir brauchen einen Neustart der erneuerbaren Energien, wir brauchen einen Neustart, wir brauchen eine Energiewende 2.0. Das ist dringend notwendig. Man muss Frau Hendricks recht geben.

Herr Kollege.

Nach 2017 kommen wir hoffentlich zum Erneuerbare-Energien-Gesetz, bei dem diese Deckel herausfliegen; denn das ist notwendig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Bernd Westphal ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6970964
Wahlperiode 18
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Erneuerbare-Energien-Gesetz
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