08.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 184 / Tagesordnungspunkt 34+ZP 6

Omid NouripourDIE GRÜNEN - Waffenexporte in die Golfstaaten

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 25. Mai rechtfertigte der Bundesaußenminister das Liefern von Patrouillenbooten nach Saudi-Arabien, indem er sagte, er habe Verständnis für die legitimen Sicherheitsinteressen Saudi-Arabiens.

(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Ja!)

Jedes Land der Welt hat legitime Sicherheitsinteressen. Die Frage ist nur: Reichen sie dafür aus, dass wir ihnen Waffen liefern? Haben sie irgendetwas mit dem Weltfrieden und mit dem Völkerrecht zu tun?

Schauen wir uns doch einmal an, was Saudi-Arabien macht, und zwar jetzt im 17. Monat. Sie bomben Jemen zurzeit in die Steinzeit zurück: 6 500 zivile Tote durch die Bombardements, die größte humanitäre Katastrophe der Zeit, 13 Millionen Menschen brauchen im Jemen zurzeit humanitäre Hilfe – doppelt so viele Menschen wie in Syrien –, 2,8 Millionen Binnenvertriebene, eine komplett zerstörte zivile Infrastruktur. Weltkulturerbe wird gebombt, Krankenhäuser werden gebombt, Flüchtlingslager werden gebombt. Das sind die Sicherheitsinteressen, die Saudi-Arabien formuliert.

Herr Kollege Pfeiffer, wenn Sie sich jetzt hierhinstellen und sagen, Sie seien froh darüber, dass die das tun, dann ist das für mich nicht nur jenseits meiner Magenstärke; das ist vielmehr einfach menschenverachtender Zynismus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Dr. Ute Finckh-Krämer [SPD])

Die Saudis sind nicht alleine schuld an diesem Krieg. Selbstverständlich haben auch die Huthis einen großen Anteil daran; das ist überhaupt keine Frage.

(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Aha! Das hätten Sie mal differenzierter sagen können!)

– So undifferenziert wie Herr Pfeiffer kann hier niemand reden. Das ist schon okay.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Ute Finckh-Krämer [SPD])

Natürlich haben die Huthis angefangen. Die Eskalation der Situation ist aber entstanden durch die Bombardements und durch die Seeblockade, die im Übrigen durch diese Patrouillenboote verstärkt werden soll. Die Seeblockade hat dazu geführt, dass keine Pharmazeutika mehr ins Land kommen. Das öffentliche Leben im gesamten Land ist komplett stillgelegt.

Deshalb muss man sich einmal fragen: Wer ist denn eigentlich Profiteur dieser sogenannten Sicherheitsinteressen? Es ist al-Qaida. Die Waffen, über deren Lieferung Sie sich vorhin gefreut haben, packen die in Holzkisten, werfen sie über Al-Qaida-Gebiet ab, weil sie wissen, dass al-Qaida gegen die Huthis kämpft. Hat es auch etwas mit den legitimen Sicherheitsinteressen der Menschen in Deutschland zu tun, wenn al-Qaida durch diesen irrsinnigen Krieg der Saudis gestärkt wird? Ich glaube nicht. Aber dazu hätten Sie ja vielleicht auch einmal etwas sagen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Hätten Sie mich ja fragen können!)

Al-Qaida kontrolliert mittlerweile Häfen mit Zugang zum offenen Meer, profitiert von der Schmuggelwirtschaft und rekrutiert die Leute, die nicht mehr wissen, wie es mit ihnen weitergehen soll, weil sie nun seit 17 Monaten bombardiert werden. „ Aber hey, freuen Sie sich weiter!“, kann man da nur sagen. Ich glaube nicht, dass die Menschen an den Bildschirmen irgendein Verständnis für diese wirklich abartige Positionierung haben, die ich hier gerade gehört habe.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Ganze betrifft ja nicht nur den Jemen. Die Saudis unterminieren gerade massivst die Vereinten Nationen. Der Menschenrechtsrat hat sich zum Beispiel nicht mit diesem Thema befassen können, weil die Saudis eine unabhängige Untersuchung konterkariert haben. Dann gab es eine sogenannte „Liste der Schande“, in der klar dargestellt wurde, wie gerade Kinder im Jemen unter den Bombardements leiden. Die Saudis haben gedroht, bei Veröffentlichung der Liste kein Geld mehr an die Vereinten Nationen zu geben. Das ist die wahre Schande, über die wir reden müssten, statt über die Frage der sogenannten legitimen Sicherheitsinteressen eines Landes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist denn mit den Sicherheitsinteressen der zivilen Opfer? Was ist denn mit den Sicherheitsinteressen der Vereinten Nationen? Was ist denn mit den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland in diesem wahnsinnigen Krieg, in dem nur al-Qaida gewinnt? Die einzige Ausrede, die wir bisher hören, ist: Na ja, die Genehmigungen sind alt. – Ich kann nur aus den Rüstungsexportrichtlinien zitieren:

Die Lieferung von Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder,

– die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht …

Spätestens seit Beginn des Jemen-Krieges ist klar: Auch alte Genehmigungen können und müssen widerrufen werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Andreas Lämmel für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6971065
Wahlperiode 18
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Waffenexporte in die Golfstaaten
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