08.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 184 / Zusatzpunkt 8

Gabriele FograscherSPD - Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich sollten die Nachrichtendienste des Bundes ihre Arbeit geräuschlos im Verborgenen, im Geheimen leisten. Sie geraten in letzter Zeit aber auffällig oft und negativ in die Schlagzeilen und damit in die öffentliche und in die politische Diskussion. So war in der letzten Zeit im Zusammenhang mit dem NSU zu lesen: „Kollektiv versagt“, oder auch: „Fall ‚Corelli‘ bringt Maaßen in Bedrängnis“. Und im Zusammenhang mit der NSA war zu lesen: „BND soll deutschen Diplomaten ausspioniert haben“, und: „Jetzt sogar 3 600 BND-Selektoren gegen Freunde“. Auch wenn der Kollege Grosse-Brömer noch im Dezember 2013 in der Welt erklärte, zusätzliche Befugnisse brauche das Kontrollgremium nicht,

(Dr. Eva Högl [SPD]: Hört! Hört! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was? Ich habe doch selbst daran mitgearbeitet!)

so haben doch die letzten Jahre mehr als deutlich gezeigt, dass mehr Kontrollmöglichkeiten dringend notwendig sind.

Bereits 2009 wurde die Kontrolle der Nachrichtendienste neu geordnet. Das PKGr wurde gesetzlich mit mehr Kontrollmöglichkeiten ausgestattet. So muss zum Beispiel das Gremium jederzeit Zutritt zu den Dienststellen erhalten, darf Akten und Dateien einsehen und Auskünfte einholen. Das haben wir genutzt, wenn auch vielleicht zu wenig, Herr Kollege Binninger. Wir haben zum Beispiel für den Fall „Corelli“ einen Sonderbeauftragten eingesetzt. Wir haben die Möglichkeit genutzt, eigene Untersuchungen durchzuführen. Die Ergebnisse der Untersuchung der BND-eigenen Steuerung werden wir mit einer Bewertung in Kürze der Öffentlichkeit vorstellen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ströbele?

Nein, ich will fortfahren. – Das jahrelange Nichterkennen der Morde und Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds ist in zwei Untersuchungsausschüssen des Bundes und in Untersuchungsausschüssen der Länder untersucht worden. Diese haben erhebliche Defizite in den Diensten und bei deren Zusammenarbeit aufgezeigt. Deshalb hat der NSU-Untersuchungsausschuss der 17. Wahlperiode die Stärkung einer systematischen und strukturellen Kontrolle gefordert. Dafür bedürfe es einer ausreichenden und professionellen Personal- und Sachausstattung.

Diesen Forderungen des NSU-Untersuchungsausschusses und unserem eigenen Anspruch bezüglich einer effektiven Kontrolle wollen wir mit diesem Gesetzentwurf nachkommen. Wir werden das Amt einer oder eines Ständigen Bevollmächtigten schaffen. Mit einem Mitarbeiterstab soll er oder sie für eine kontinuierliche, systematische und strukturelle Kontrolle der Dienste sorgen und das PKGr bei seiner Arbeit unterstützen.

Wichtig ist mir auch, dass die Regelung zu Whistleblowern, also Hinweisgebern, neu gefasst wird. Hinweisgeber aus den Diensten selbst sind sehr wichtig; denn sie können auf interne Missstände hinweisen. Bisher gab es nur wenige Informationen aus den Diensten selbst. Das liegt auch daran, dass bisher Hinweisgeber, die Informationen an das PKGr geben, gleichzeitig die Leitung des Dienstes darüber in Kenntnis setzen müssen. Hinweisgeber mussten mit negativen Folgen rechnen. Das ändern wir jetzt. Hinweisgeber sollen sich künftig an das Kontrollgremium wenden können, ohne die Leitung des Dienstes oder einen Vorgesetzten informieren zu müssen. Bei der weiteren Behandlung der Eingabe wird der Name des Hinweisgebers nicht genannt, weder der Regierung noch den Diensten gegenüber. Eine Nennung des Informanten wäre nur dann notwendig, wenn das zur Aufklärung des Sachverhalts zwingend erforderlich wäre. Eine solche Konstellation halte ich für eher unwahrscheinlich. Sollte das aber doch der Fall sein, so darf der Hinweisgeber wegen seiner Informationen an das PKGr nicht benachteiligt oder einer Strafverfolgung ausgesetzt werden. Diese Neuregelung soll Hinweisgeber ermutigen, das PKGr über interne Missstände zu unterrichten.

Eine weitere Neuerung ist die jährliche öffentliche Anhörung der Präsidenten der Dienste. Diese Anhörungen gibt es bereits in den USA und in Großbritannien. Sie haben sich dort bewährt. Damit kann man mehr Transparenz und auch mehr Verständnis für die Arbeit der Dienste in der Öffentlichkeit schaffen. Ich begrüße es, wenn die Arbeit des PKGr mal aus den Kellerräumen des Bundestages herauskommt.

Zudem regelt der Gesetzentwurf Details zu Vorsitz und stellvertretendem Vorsitz, zu Zutrittsrechten der Mitglieder und des Beauftragten sowie hinsichtlich einer besseren Zusammenarbeit der Kontrollgremien untereinander.

Funktionierende und effektive Nachrichtendienste sind für die Sicherheit Deutscher im In- und Ausland unverzichtbar. Gerade in der jetzigen Sicherheitslage leisten die Dienste wichtige Arbeit. Dafür ist es notwendig, dass die Dienste zusammenarbeiten, ihre Erkenntnisse austauschen. Dabei dürfen sie sich weder in rechtsfreien Räumen noch in Grauzonen bewegen. Es muss klar sein, was die Dienste dürfen und was nicht. Klar sein muss auch, dass ihre Arbeit effektiv kontrolliert wird. Deshalb gehören das PKGr-Gesetz und das gleich noch zu diskutierende BND-Gesetz zusammen.

Einige Vorschläge im Antrag der Grünen sind auch in unserem Gesetzentwurf zu finden. Aber uns geht der Antrag der Grünen zu weit. Transparenz ist wichtig, aber sie darf nicht auf Kosten der Arbeitsfähigkeit gehen.

Der am Mittwoch in sein Amt eingeführte neue BND-Präsident Kahl betonte, dass er den begonnenen Kurs der Transparenz fortsetzen wolle. Er fügte hinzu: Geheime Nachrichtendienste und totale Transparenz schließen sich aus. – Ich sage: So viel Geheimhaltung wie nötig, so viel Transparenz wie möglich.

Sie denken aber auch an die Zeit?

Letzter Satz. – Ich wünsche dem neuen BND-Präsidenten viel Erfolg in seinem Amt und hoffe auf gute Zusammenarbeit. Ich freue mich auf gute Beratungen im Ausschuss nach der Sommerpause.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Kollege Ströbele hat um die Gelegenheit zu einer Kurzintervention gebeten.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6971157
Wahlperiode 18
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste
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