Jürgen KlimkeCDU/CSU - Internationale Palmölproduktion
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Uwe Kekeritz, das war leider etwas einseitig grün. Beim Hemd mag man das ja noch akzeptieren, aber bei den Inhalten sollte man etwas ausgeglichener sein. Ich will versuchen, das bei dieser Thematik zu erreichen.
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich gespannt! Jetzt kommt’s!)
Völlig richtig: Palmöl ist überall. Wir haben es auf der einen Seite in Nahrungsmitteln, in Hautcreme, in Seife, in Sonnenmilch, in Lippenstiften. Es ist zudem in Schmiermitteln, bei Kerzen, in Farben und Lacken enthalten. 5 Prozent der Palmölernte werden weltweit als Rohstoff für die Strom- und Wärmeproduktion genutzt, und zwar als Biokraftstoff. Auf der anderen Seite ist der Rohstoff Lebens- und Einkommensgrundlage für viele Tausend Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viele Arbeitsplätze gehen dabei verloren! Die Bauern werden vertrieben!)
Aber der Segen für viele Kleinbauern ist oft ein Fluch für Umwelt und Gesundheit. Das muss man auch sehen und sagen. Während im letzten Jahr die Wälder in Indonesien – das ist gesagt worden – brannten, konnten viele Menschen in Teilen Südostasiens bis hin nach Singapur in den großen Städten nur mit Mundschutz über die Straße gehen. Das darf sich nicht wiederholen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aktuell brennt es wieder!)
Wir müssen auch sagen: Der Hauptmarkt für Palmöl ist nicht in Europa. Es sind Indien, Indonesien und China. Die EU kommt mit circa 10 Prozent erst an vierter Stelle. In Deutschland werden circa 2 Prozent der Weltproduktion von Palmöl verbraucht. China, Indien und Indonesien nutzen bereits 40 Prozent der weltweiten Produktion. Auch aus den Keimen der Palmölfrüchte wird Öl hergestellt, das sogenannte Palmkernöl. Hier liegt der deutsche Anteil am Verbrauch höher. Wir verbrauchen circa 8 Prozent der weltweit gehandelten Menge.
Meine Damen und Herren, die Missstände bei der Produktion von Palmöl sind Fachleuten bekannt. Durch die verheerenden Wald- und Torfbrände in Indonesien wurden die negativen Begleiterscheinungen der Gewinnung des Rohstoffes auch weltweit der breiten Öffentlichkeit bewusst. Wie besorgniserregend diese Waldbrände waren, mag sich darin zeigen, dass die amerikanische Weltraumbehörde NASA sie als die bisher schlimmsten Waldbrände überhaupt bezeichnet hat.
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)
Vielfach werden die Feuer absichtlich gelegt,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Von den Unternehmen!)
um mit dem Mittel der illegalen Brandrodung Tropenwald zu beseitigen und anschließend auf den Flächen Palmplantagen anzulegen.
Der Blick richtet sich in diesem Zusammenhang einerseits auf die Anbaugebiete. Dort werden oft durch Brandrodungen neue Anbauflächen geschaffen, um der Nachfrage gerecht zu werden. Damit gehen der Verlust von wertvollen Primärwäldern, von Biodiversität sowie die Freisetzung von Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre einher. Andererseits muss sich der Blick auf unsere Verhaltensmuster richten. Es liegt in der Hand des Verbrauchers, die Herstellung von nachhaltigem Palmöl einzufordern.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Wie soll das denn der Verbraucher tun?)
Er kann zertifizierte Produkte kaufen – oder eben nicht. Eine EU-Verordnung, die vorschreibt, Palmöl namentlich in der Zutatenliste aufzuführen, ist bereits in Kraft getreten. Das ermöglicht Verbrauchern, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man es lesen kann!)
Das ist die Situation.
Als Entwicklungspolitiker bin ich eindeutig an einer nachhaltigen Entwicklung im Bereich des Palmölanbaus interessiert – ich bin daran nicht nur interessiert, sondern setze mich dafür auch ein. Dabei dürfen Widersprüche nicht aus den Augen verloren werden: Auf der einen Seite fordern wir von unseren Entwicklungspartnern einen nachhaltigen Anbau von Palmöl. Auf der anderen Seite mischen wir Pflanzenöle in sogenannte Biotreibstoffe und subventionieren diese Treibstoffe wiederum. Die vermeintlichen Vorteile entlarven sich schnell als Trugschluss. Pflanzen, aus denen Biosprit gewonnen wird, müssen in den Boden gebracht, gedüngt, geerntet und verarbeitet werden. Es gibt weit verteilte Standorte. Die fertigen Produkte müssen transportiert und gelagert werden. Deshalb: Palmöl gehört nicht in den Tank.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen wir mal zu den Maßnahmen der Regierung!)
Ich möchte hier festhalten: Nicht das Palmöl an sich ist das Problem, sondern die Anbaumethoden und die Verwendung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb ist eine Förderung von nachhaltigem Palmöl von zentraler entwicklungspolitischer, klimapolitischer und gesundheitspolitischer Bedeutung.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie dafür?)
Meine Damen und Herren, vor kurzem konnte ich bei einer Reise nach Indonesien einen Blick auf die Situation der Palmölplantagen vor Ort richten. Ich erhielt den Eindruck, dass auch bei unseren Partnern ein Umdenken eingesetzt hat. Die indonesische Regierung hat zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Zuletzt setzte die Regierung auf eine verstärkte Brandprävention und eine besser abgestimmte Brandlöschung. Das Abholzmoratorium, das Abholzverbot, wurde vom Präsidenten erneut verlängert. Das Forstministerium hat ein webbasiertes Frühwarnsystem eingeführt und nutzt Daten der NASA. Das indonesische Waldbrandüberwachungssystem ist übrigens in Echtzeit von jedem Smartphone erreichbar. Es finden regelmäßige Aufklärungsflüge statt. Regionale Waldbrandbüros wurden eingerichtet und Löschkanäle angelegt. Darüber hinaus investiert Indonesien in die Nachhaltigkeit des Palmöls – die Notwendigkeit hierzu hat man erkannt – und strebt in diesem Zusammenhang auch eine engere Zusammenarbeit mit den Importstaaten an.
In der Übernahme der Verantwortung für den Anbau von Palmöl durch die Produktionsländer sehe ich einen zielführenden Ansatz. Die Umsetzung nationaler Gesetze und die Überwachung von Anbauverboten obliegen den jeweiligen Staaten. EU-Verordnungen und Siegel können nicht die notwendige Übernahme von Verantwortung vor Ort ersetzen, sondern nur einen Rahmen geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, lieber Uwe Kekeritz, ich gestatte mir einige Anmerkungen zu eurem Antrag.
Erstens. Die eingeforderte verbindliche Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards ist ein wichtiges Anliegen der Koalition.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Kritik an bestehenden Referenzsystemen wie die des vom WWF initiierten runden Tischs für nachhaltig produziertes Palmöl ist zum Teil berechtigt. Meines Wissens setzt sich die Bundesregierung auch deshalb dafür ein, die bestehenden anerkannten Standardsysteme weiterzuentwickeln und zu verbessern.
Zweitens. Die Forderung nach einer Reduktion des Palmölverbrauchs lässt außer Acht, dass Palmöl in großen Teilen von Kleinbauern produziert wird und deren Existenzgrundlage bildet. Die Reduktion von Palmöl würde zwangsläufig zu einem größeren Bedarf an Flächen für andere Rohstoffe führen, solange keine adäquate Alternative zur Verfügung steht.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es bleibt alles doch so, wie es ist!)
Drittens. Die Produktion von Palmöl spielt eine gewichtige Rolle als Devisenbringer für Entwicklungs- und Schwellenländer. So macht die Produktion von Palmöl zusammen mit der Fischerei und der Forstwirtschaft immerhin 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Indonesiens aus.
Viertens. Zur Forderung nach einer Erarbeitung und Ratifizierung der ILO-Konvention und der UN-Konvention in Bezug auf arbeitsrechtliche Fragen: Die Ratifizierung der ILO-Konvention 169 über indigene Völker und das Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt unterliegen derzeit der formalen Prüfung. Es besteht also kein Handlungsbedarf; denn es wird schon gehandelt.
Fünftens. Die Forderung, bilaterale Regierungsverhandlungen mit palmölproduzierenden Ländern zu nutzen, um die Rechte der indigenen Minderheiten einzufordern, erweist sich in der Praxis als schwierig und fordert eine Abwägung. Am Beispiel Indonesien zeigt sich, dass Brandrodung zwar unter Strafe steht und mit Geldstrafen belegt wird, doch gerade bei indigenen Völkern gehört diese Landgewinnung auch zur Tradition, sodass sich nicht immer zwischen Brauchtum und illegaler Absicht unterscheiden lässt; zumal ein Funke ausreicht, um die trockenen Torfböden in Brand zu setzen.
Meine Damen und Herren, es zeigt sich, dass die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen auf dem Gebiet veranlasst hat.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche? Sie haben doch keine Maßnahmen der Bundesregierung aufgezählt!)
Halten wir fest: Wenn der Bedarf weiterhin so rasant steigt, müssen auf lange Sicht Alternativen zum Palmöl gefunden werden; es ist auch eine Frage des Verbrauches bei uns. Bis dahin gilt es, nachhaltigere Formen des Palmölanbaus zu fordern, ohne die betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländer ihrer wirtschaftlichen Grundlagen zu berauben.
Der Vorteil von Palmöl ist derzeit sein hoher Ertrag auf relativ geringer Fläche, gemessen an Pflanzen wie Soja und Raps.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann bleibt es auch bei den Waldbränden!)
Das Ausweichen auf jene beiden Pflanzenöle würde das Problem lediglich verlagern, zum Beispiel nach Brasilien oder Argentinien.
Zum Ende möchte ich drei Entwicklungen nennen, die Zeichen für ein Umdenken sind. Erstens. Investitionen in Forschung und Technik zur Gewinnung alternativer Öle sind notwendig.
(Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU])
Zweitens. Zunehmend sollte die Verantwortung der Unternehmen eingefordert werden. Drittens. Deutschland hat im Dezember 2015 mit den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien und Frankreich die Amsterdamer Deklaration unterzeichnet. Die Unterzeichner unterstützen politisch die Zielsetzung, die Privatwirtschaft in den nachhaltigen Anbau von Palmöl einzubinden. Das ist richtig. Das schafft vernünftige Rahmenbedingungen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir sind auf einem guten Wege.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, sind Sie nicht!)
Wir sollten weiter voranschreiten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Niema Movassat, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6971199 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 184 |
Tagesordnungspunkt | Internationale Palmölproduktion |