06.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 185 / Einzelplan 06

Gabriele FograscherSPD - Inneres

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche jetzt wieder zum Haushalt, Einzelplan 06.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Der Haushalt des Bundesinnenministeriums und seiner Behörden ist im Verhältnis zum Gesamthaushalt ein kleiner Etat. Trotz einer Steigerung um knapp 7 Prozent auf jetzt 8,34 Milliarden Euro hat er einen Anteil von 2,5 Prozent an den geplanten Gesamtausgaben für 2017. Der Bereich innere Sicherheit erhält hiervon rund 4,3 Milliarden Euro. In diesen Bereich fällt auch der Zivil- und Katastrophenschutz.

Ende vergangenen Monats hat der Bundesinnenminister die vom Bundeskabinett verabschiedete Konzeption Zivile Verteidigung vorgestellt. Diese Neukonzeption des Bevölkerungsschutzes und der Katastrophenhilfe ist längst überfällig; denn das alte Konzept ist von 1995.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Genau!)

Die Fortentwicklung und die Anpassung an neue Gegebenheiten waren dringend geboten. Nach dem Konzept soll die Notvorsorge verbessert, das Risiko möglicher Gefahren minimiert, der Bevölkerungsschutz im Bedarfsfall optimiert werden. Wir müssen angemessen auf Naturkatastrophen, wie sie auch in diesem Sommer den Süden Deutschlands heimgesucht haben, aber auch auf Terrorangriffe reagieren können. Mit dem Konzept Zivile Verteidigung wird auf den Klimawandel, auf die veränderte weltweite Sicherheitslage, auf die Veränderungen in der Gesellschaft reagiert. Zudem hat es die zunehmende Abhängigkeit der Gesellschaft von kritischen Infrastrukturen wie zum Beispiel der Stromversorgung erforderlich gemacht, das Konzept fortzuentwickeln.

Ich halte dieses Konzept für ausgewogen, für umfassend. Es befasst sich unter anderem mit der Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen im Spannungs- und Verteidigungsfall und geht über die Trinkwassernotversorgung und den Massenanfall von Verletzten bis hin zu Brandschutz und Evakuierung. Die darin enthaltenen Maßnahmen werden nun durch weitere Rahmenkonzepte konkretisiert werden müssen und werden sich dann erst in zukünftigen Haushalten niederschlagen. Unverzichtbar – das ist heute schon klar – ist eine gute Vernetzung der Bundesbehörden, der Feuerwehren, der großen Hilfsorganisationen aus Bund und Ländern.

Dieses Konzept ist richtig, und es ist wichtig. Die Kommunikation darüber ist allerdings völlig misslungen. Sie hat zu Schlagzeilen wie „Aktion Eichhörnchen“ oder „Bund trifft Vorsorge für Krieg im Land“ geführt. Eine sachliche Diskussion ist das nicht.

Allerdings – das muss man sagen, bevor es Forderungen nach Selbstschutz der Bevölkerung gibt – wäre es glaubhafter, wenn der Bundesinnenminister und der Finanzminister den für den Zivilschutz zuständigen Behörden die notwendige personelle und materielle Ausstattung zukommen ließen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ist seit Jahren unterfinanziert. Es bekommt zwar zusätzliche Aufgaben, soll aber laut Regierungsentwurf 4,5 Millionen Euro weniger als im Vorjahr bekommen. Gleiches gilt für die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Auch bei ihr sollen die Mittel gekürzt werden. An diesem Punkt werden wir in den Haushaltsberatungen wie in den vergangenen Jahren über Verbesserungen verhandeln.

Den Sommer über haben sich in den Ländern die Innenminister und ‑senatoren von CDU und CSU mit Forderungen nach Gesetzesverschärfungen und Verboten überboten. Darüber haben wir hier schon gesprochen.

Herr Schuster, die Wirkung eines Verbotes, das nicht umgesetzt werden kann, ist doch das Problem, vor dem wir hier stehen. Deswegen hat der Bundesinnenminister dazu den Kompromissvorschlag gemacht, in bestimmten Bereichen die Burka zu verbieten. Wenn man solch eine Diskussion anzettelt, muss man auch eine Lösung bieten. Wenn man diese Lösung nicht bietet, dann schürt man eben weiterhin Ängste und Verunsicherungen in der Bevölkerung. Die Quittung für diese Diskussion haben Sie in Mecklenburg-Vorpommern bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Die Forderung nach dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist auch wieder gestellt worden. Ich will das jetzt für mich und meine Fraktion noch einmal klarstellen: Wir wollen keine Ausweitung des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren oder gar die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Für die innere Sicherheit sind die Polizeien zuständig, die Bundeswehr ist für die äußere Sicherheit zuständig. Dieses System hat sich bewährt. Die Bundeswehr kann in besonders schweren Unglücksfällen – dazu gehören auch terroristische Großlagen – im Rahmen der Amtshilfe eingesetzt werden. Dazu bedarf es keiner Grundgesetzänderung. Die geltende Rechtslage ist völlig ausreichend.

Die Bevölkerung ist zweifellos für Fragen der öffentlichen Sicherheit sensibilisiert. Täglich neue Forderungen und Aktionismus aber fördern weder das Zusammenleben noch die Integration. Sie wirken Ängsten auch nicht entgegen. Im Gegenteil: Solche Vorschläge schüren Vorurteile und Ängste. Und sie spielen rechtsextremen, rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Parteien in die Hände.

Informieren, aufklären und Politik erklären – das ist das Gebot der Stunde. Dabei hilft es ganz bestimmt nicht, die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung zu kürzen. Das Gegenteil ist notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Der Haushaltsentwurf zum Einzelplan 06 stellt sich den Herausforderungen. Dort, wo er Schwachstellen hat – im Bereich der Vorsorge und der Prävention – wollen und werden wir in den anstehenden Beratungen Verbesserungen erreichen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Dr. Reinhard Brandl für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6998766
Wahlperiode 18
Sitzung 185
Tagesordnungspunkt Inneres
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