07.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 05

Frank SchwabeSPD - Auswärtiges Amt

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist nun schon etwas fortgeschritten, und vieles ist schon angesprochen worden. Ich möchte noch ein paar Dinge zu den Themen Menschenrechte und humanitäre Hilfe hinzufügen.

Es sind viele Staaten und viele Probleme in vielen Ländern angesprochen worden. Ich habe gerade einmal ein bisschen überlegt und festgestellt: Fast alle Staaten, die hier angesprochen worden sind, haben eigentlich eines gemeinsam, nämlich, dass die Entwicklung im Land in den letzten Jahren alles andere als – ich sage es einmal so – der Demokratie förderlich war. Die Bertelsmann-­Stiftung hat – im Übrigen völlig unabhängig von ideologischen und religiösen Differenzen – eine Untersuchung gemacht und festgestellt, dass sich viele dieser Staaten autoritär entwickeln.

Viele dieser Staaten sind dabei, die Möglichkeiten der Zivilgesellschaft einzuschränken. Das sind Länder wie China, aber auch Russland, die Türkei, leider auch Israel, leider auch Ungarn in der Europäischen Union und viele andere Länder. Ich finde, völlig unabhängig von ideologischen und religiösen Differenzen und Unterschieden sollten wir uns hier einig sein und deutlich machen, dass eine lebendige Zivilgesellschaft ein grundlegender Bestandteil jedes Staates und jeder Demokratie sein muss und dass wir uns in der deutschen Außenpolitik alle gemeinsam dafür einsetzen müssen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich bin Frank-Walter Steinmeier für vieles dankbar, unter anderem dafür, dass er den Europarat angesprochen hat, über den wir eigentlich viel zu wenig reden. Gestern gab es eine wichtige Konferenz im Auswärtigen Amt unter Beteiligung des Europarates.

Der Europarat bietet eine ganze Reihe von Chancen, nicht nur gerade in der Konfliktsituation in der Türkei, sondern auch darüber hinaus. Er birgt aber auch Risiken. Wir entsenden eine 36-köpfige Delegation aus dem Deutschen Bundestag in die Parlamentarische Versammlung und reden über 47 Länder im Europarat. Wir haben eine Reihe von Möglichkeiten, Brücken zu bauen und uns im Sinne von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzusetzen. Es gibt andere Länder, die den Europarat auch sehr ernst nehmen, aber dort Lobbying in eine problematische Richtung betreiben.

Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn diese Debatte um die Türkei vielleicht Anlass dazu geben würde, als Deutscher Bundestag den Europarat noch wichtiger zu nehmen und genau hinzugucken, wie wir die Integrität dieses Hauses stärken und wahren können.

Ich will noch ein paar Sätze zur humanitären Hilfe sagen und die Debatte, die hier entsprechend geführt wurde, vielleicht ein bisschen zusammenfassen. – Trotz aller Beteuerungen, dass die humanitäre Hilfe unglaublich wichtig ist, ist die Realität noch immer, dass wir weltweit einen Bedarf von knapp 20 Milliarden US-Dollar für dieses Jahr haben, wovon gerade einmal 38 Prozent gedeckt sind. Das gilt auch für Syrien: Trotz aller Anstrengungen, trotz der wichtigen London-Konferenz und der Nachfolgekonferenzen, die es jetzt noch geben wird, sind nur 42 Prozent der notwendigen Hilfsgelder gedeckt.

Das führt dazu, dass Menschen hungern, Durst haben, nicht die notwendige medizinische Versorgung erhalten, im Winter nicht genug Kleidung und anderes haben und die Kinder nicht in Schulen gehen können. Das betrifft weltweit über 100 Millionen Menschen, von denen im Übrigen viele dabei sind, sich zu überlegen, ob sie sich nicht auf den Weg in andere Teile der Welt bis hin nach Europa machen sollten.

Wahr ist: Wer nicht in die humanitäre Hilfe und in Krisenpräventionen investiert, der wird am Ende noch tiefer in Konflikte verstrickt werden. Wir würden Konflikte eher weiter anheizen, und am Ende würde das Ganze zu ungezähltem zusätzlichem Leid führen und auch viel teurer werden, als wenn wir entsprechend investieren würden.

Herr Leutert, Sie haben vom schlechtesten Haushalt gesprochen. Man muss einfach sagen: Das stimmt ausdrücklich nicht.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen es ja sagen!)

Dieser Haushalt ist angesichts der Krisen in der Welt notwendig. Wir haben die Mittel für die humanitäre Hilfe und auch die Krisenprävention in den letzten Jahren massiv gesteigert. Das ist am Ende ein Verdienst des gesamten Hauses hier.

Deutschland spielt eine wichtige Rolle. Der Außenminister hat es gesagt: Wir sind weltweit an dritter Stelle. Wir setzen uns nicht nur für finanzielle Mittel ein. Ich will dem Außenminister noch einmal ausdrücklich dafür danken, dass er sich auch für Waffenruhen und Wege der Versorgung in der Ostukraine, in Aleppo und anderswo einsetzt. Wir haben auf dem Humanitären Weltgipfel in Istanbul eine wichtige Rolle gespielt, wo wir uns für eine neue Qualität der humanitären Hilfe eingesetzt haben.

Am Ende geht es aber eben um Geld. Wenn man kein Geld hat, dann wird man die Dinge, die man international tun muss, nicht leisten können. Deswegen – und so habe ich viele Redner hier verstanden, auch die des Koalitionspartners – muss es uns darum gehen, die Mittel, die wir für die humanitäre Hilfe in diesem Jahr einsetzen, zu verstetigen. Das steht im jetzigen Haushaltsplanentwurf noch nicht in ausreichendem Maße, aber uns bleiben ja ein paar Wochen der Debatten, und am Ende wird es in diesem Deutschen Bundestag einen Haushalt geben, der, wie ich jedenfalls hoffe, diesen internationalen Verpflichtungen gerecht wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe immer gesagt: Wenn die Notwendigkeit für die humanitäre Hilfe nicht mehr gegeben ist, dann müssen wir als Fachpolitiker auch bereit sein, mit den Summen wieder herunterzugehen. Das kann ich aber zurzeit nicht sehen. Wir haben einen immensen Bedarf an humanitärer Hilfe in allen Krisen der Welt, insbesondere in der Syrien-Krise. Deswegen bitte ich darum, dass wir in den Haushaltsberatungen wirklich dazu kommen, diesen Posten aufzustocken und zu verstetigen. – Ich gebe jetzt das Wort an Alois Karl weiter, der uns dazu positive Botschaften übermitteln kann.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum Abschluss der Aussprache über diesen Geschäftsbereich gebe ich dem schon angekündigten Kollegen Alois Karl für die CDU/CSU das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6999331
Wahlperiode 18
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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