07.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 14

Karin Evers-MeyerSPD - Verteidigung

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Verteidigungshaushalt ist kein Sonderhaushalt, auch nicht in Krisenzeiten, wenn man denn die jetzigen Zeiten so nennen will. Auch der Bundeswehretat ist Teil des Ganzen. Auch er muss sich auf unserer gemeinsamen Linie bewegen, und diese Linie heißt immer noch „Konsolidierung“.

Deshalb waren einige der Forderungen, die in den letzten Monaten von Kolleginnen und Kollegen, vielleicht auch aus Frust über den jedenfalls zum Teil desolaten Zustand der Bundeswehr, erhoben wurden, von Beginn an unrealistisch. Forderungen nach zweistelligen Erhöhungen im Milliardenbereich waren genauso unrealistisch und irreführend wie manche Versprechung, die seitens der Ministerin gemacht wurde. Wer Dinge verspricht, die er nicht halten kann, der zahlt am Ende einen hohen Preis und muss sich vielleicht sogar den Vorwurf gefallen lassen, ein Ankündigungspolitiker zu sein.

Es gibt noch einen zweiten Grund, warum dieser nur moderate Anstieg nicht nur haushalterisch geboten, sondern auch in der Sache der richtige Weg ist. Dieser Grund liegt im System Bundeswehr selbst. Es bleibt schlicht und ergreifend falsch, diesem System mit seinen nach wie vor gravierenden Mängeln in schlichter Weise einfach nur mehr Geld zu geben.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Die Probleme im Beschaffungswesen, in der Organisation und in der IT sind nicht etwa gelöst. Wir sind hier und heute keineswegs an dem Punkt, an dem nur noch die Rechnung bezahlt werden muss, und dann ist alles gut. Jedem kundigen Beobachter ist klar: Die bestehenden Schwierigkeiten bei der Bundeswehr sind mit Geld allein nicht zu heilen; denn Geld ist kein Allheilmittel. Erst wenn zum Geld auch noch Geduld und kluge Gedanken hinzukommen, wird ein Schuh daraus.

Gott sei Dank ist Deutschland ja das Land der Ideen, deshalb gibt es diese klugen Gedanken selbstverständlich auch bei der Bundeswehr. Viele der Entscheidungen und Weichenstellungen, die die Ministerin und ihr Team in den vergangenen drei Jahren auf den Weg gebracht haben, sind klug und richtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Ja, man darf ruhig klatschen. – Klug ist es auch, diese Weichenstellungen als Trendwenden zu bezeichnen. Trendwende heißt nämlich: Das ist nichts, was so einfach über Nacht passiert, und auch nichts, was sich mal eben so bezahlen lässt. Trendwende heißt: Es beginnt ein längerer Weg.

Dieses Bild spiegelt sich auch im vorliegenden Haushaltsentwurf wider. Es ist kein Hauruck, sondern eine konstruktive Unterstützung für einen begonnenen, sicher mühsamen Weg. Die Trendwende beim Personal, die Trendwende beim Material, die Reorganisation des Beschaffungswesens, die IT-Konsolidierung, die Konsolidierung der verschiedenen Gesellschaften – all dies sind riesige Aufgaben, und keine ist endgültig erledigt. Das sind alles noch offene Posten, und ich kann der Bundeswehr und vor allem jenen, die in ihr dienen und arbeiten, nur wünschen, dass diese Prozesse auch über den Herbst des nächsten Jahres hinaus mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und dem notwendigen Engagement weiterverfolgt werden; unsere Bundeswehr hat das nämlich verdient.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sprach soeben von Geld, Geduld und klugen Gedanken. Die Geduld der Soldatinnen und Soldaten und der Zivilbeschäftigten ist sicherlich aufs Äußerste strapaziert. Wir müssen mit Respekt und Anerkennung feststellen: Sie ertragen Reform nach Reform. Ich hoffe, Sie, verehrte Frau Ministerin, haben noch deren Vertrauen; denn das brauchen Sie, wenn die Trendwende gelingen soll. Sie müssen vertrauenswürdig und transparent handeln, und vor allem dürfen Sie keine leeren Versprechungen machen.

Wenn der Deutsche Bundestag in diesem Jahr der moderaten Erhöhung des Verteidigungsetats zustimmt, sogar einem vorsichtigen Aufwuchs der Bundeswehr, dann ist dies auch ein Zeichen dafür, dass wir dieses Vertrauen haben; aber es ist eben kein blindes Vertrauen. Ich denke, der Haushaltsansatz macht deutlich, dass nicht nur in Ihrem Haus, Frau Ministerin, kluge Leute sitzen, sondern auch bei uns im Parlament.

Der Haushaltsentwurf sieht vor, die Ausgaben für Materialerhaltung um mehr als 200 Millionen Euro zu erhöhen. Ausgaben für IT, internationale Einsätze und Baumaßnahmen steigen um knapp 550 Millionen Euro. Für Investitionen stehen gut 800 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Als Frau von der Küste freue ich mich gemeinsam mit Ingo Gädechens, dass das Vorhaben Mehrzweckkampfschiff mit 40 Millionen Euro erstmalig einzeln veranschlagt wurde, und das Plus bei Material, Betrieb und Beschaffung ist ein Vertrauensbeweis. Das wird auch deutlich, wenn man die Risiken gegenüberstellt. Risiken liegen sowohl bei den im Zulauf befindlichen Vorhaben wie beispielsweise dem Schützenpanzer Puma oder dem Transportflugzeug A400M als auch absehbar bei neuen großen Vorhaben wie dem Luftverteidigungssystem MEADS, dem Euro Hawk oder der geplanten Entwicklung einer europäischen Drohne.

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Kampfdrohne!)

Ein Plus gibt es auch im Bereich Personal, und zwar nicht nur aufgrund der Tarifentwicklung. Das Plus wird sich auch zeitnah und unmittelbar auf die unteren Tarifgruppen auswirken; beispielsweise werden 3 000 Planstellen der Gruppe A 7 durch rund 2 000 neue Stellen für Stabsfeldwebel A 9 ersetzt. Das ist, glaube ich, sehr erfreulich für alle Soldatinnen und Soldaten, die das betrifft. Die warten schon lange darauf.

Alles zusammengenommen ist das ein Etatentwurf, der die Realitäten in gelungener Weise abbildet. Der Haushalt verschließt sich nicht dem Trend, er bleibt aber sachlich und zurückhaltend, wie sich das eben für einen Haushalt gehört. Geld hat, wie wir wissen, ein scheues Gemüt, und es bekommt vor allen Dingen dann einen Schreck, wenn Vertrauen und Kontinuität infrage gestellt werden. Wir sind für das Geld zuständig, Sie, Frau Ministerin, für das andere.

Ich hoffe für uns und vor allem für die Angehörigen der Bundeswehr, dass Sie Ihre Versprechen halten können und unser Vertrauen nicht enttäuschen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Karin Evers-Meyer. – Nächster Redner: Dr. Tobias Lindner für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6999355
Wahlperiode 18
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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