07.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 14

Lars KlingbeilSPD - Verteidigung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, ich will ein paar Minuten etwas zum Thema Cyber sagen. Frau Buchholz, ich glaube, das werden fünf schlimme Minuten für Sie. Ich habe mich vorhin bei Ihrem Redebeitrag gefragt, was das eigentlich für ein Verständnis ist, wenn man etwas dagegen hat, dass wir Soldatinnen und Soldaten, die im Ausland eingesetzt sind, sowie ihre Kommunikation schützen und dafür sorgen wollen, dass es sichere IT-Systeme gibt. Mein Verständnis ist das jedenfalls nicht. Ich will hier ausdrücklich sagen: Ich bin der Ministerin dankbar, dass wir im letzten Jahr das Thema Cyber auf die politische Agenda gesetzt haben. Es ist richtig, dass wir uns nun neben den Operationsräumen Land, See und Luft um den Informationsraum kümmern. Wir sind eigentlich viel zu spät. Aber es ist richtig, nun mit den entsprechenden Diskussionen anzufangen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Frau Ministerin, wir diskutieren seit einem Jahr über dieses Thema. Jetzt kommt der Haushalt, mit dem auch entschieden wird, wie ernst wir dieses Thema nehmen. Den Worten müssen Taten folgen. Der Haushalt 2017 ist dafür der erste Beleg. Ich bin übrigens dafür, zu prüfen, ob es einen Haushaltstitel zum Thema Cyber geben sollte. Dass wir angefangen haben, war jedenfalls die richtige Entscheidung. Wir alle wissen, wie verletzbar eine moderne Industriegesellschaft ist und welche Bedrohungen aus dem Cyberraum kommen; der Kollege Lamers hat das Thema gerade angesprochen. Wir haben hier eine hohe Verantwortung.

Ich will drei große Punkte nennen, die aus meiner Sicht sehr wichtig für die Debatte über den Cyberraum sind.

Der erste Punkt ist: Wir brauchen eine Bestandsanalyse, was unsere Waffensysteme angeht. Wir reden bei zukünftigen Waffensystemen auch immer über die IT. Aber wir wissen nicht, wie sicher alte Waffensysteme sind und wie viel in sie noch investiert werden muss. Deswegen ist es richtig, dass wir nun eine Bestandsaufnahme vornehmen und dann einen Investitionsplan entwickeln. Wir müssen sehen, wie wir Kommunikation und Waffensysteme schützen können.

Der zweite Punkt – dieser ist für mich mindestens genauso wichtig – betrifft die digitalen Köpfe. Die entsprechende Werbekampagne des Ministeriums lobe ich ausdrücklich. Es ist spannend, zu sehen, was alles passiert. So stellt die Bundeswehr zum Beispiel auf der Computerspielemesse aus und versucht, junge Leute zu werben. Diese Werbekampagne allein reicht aber nicht aus. Wir müssen auch substanziell etwas hinterlegen. Dabei geht es um die Fragen, welche Karrieren man bei der Bundeswehr machen kann und wie die Anreizsysteme aussehen. Wir stehen dabei in einem Wettbewerb mit großen IT-Unternehmen wie Google, Apple oder Facebook. Auch diese Unternehmen werben um junge Köpfe im digitalen Bereich. Wir müssen ein Anreizsystem schaffen, das dafür sorgt, dass junge Menschen zur Bundeswehr gehen. Des Weiteren müssen wir uns fragen, wie wir die jungen Menschen bei der Truppe gut ausbilden können. Wir haben hervorragende Universitäten. Frau Ministerin, Sie haben schon damit begonnen, die Bundeswehruniversitäten so aufzustellen, dass sie Spezialisten im Cyberbereich ausbilden.

Beim Wettbewerb um die digitalen Köpfe geht es noch um etwas anderes. Die Truppe verfügt über viel Know-how. Aber irgendwann, nach vier, acht oder zwölf Jahren, gehen viele wieder und haben nichts mehr mit der Bundeswehr zu tun. Ich bin dafür, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir zusammen mit dem Reservistenverband ein System aufbauen können, das dafür sorgt, dass wir auf solche Kräfte immer wieder zurückgreifen können, wenn es zu besonderen Situationen kommt. Viele haben eine besondere Verbindung zur Bundeswehr. Wir müssen schauen, wie wir Kontakt halten.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen will, betrifft weniger die Haushaltspolitik, sondern eher unser Verständnis als Parlamentarier. Was passiert eigentlich im parlamentarischen Raum, wenn nun ein solcher neuer Operationsraum geschaffen und etabliert wird? Wie verhalten wir uns dann? Für uns, die SPD-Fraktion, stellen sich in diesem Zusammenhang rechtliche und ethische Fragen. Damit müssen wir vernünftig umgehen. Für mich stellt sich beispielsweise die Frage, wie künftig Mandatstexte aussehen sollen, wenn wir den Cyberraum einbeziehen, und wie die Parlamentsbeteiligung sichergestellt werden kann, wenn wir im Cyberraum angegriffen werden und wir schnell reagieren müssen. Das sind hochpolitische Fragen, die im Raum stehen.

Sie haben sicherlich in der Sommerpause gelesen, dass wir als SPD-Fraktion den Vorschlag des Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich, aufgegriffen haben. Wir wollen im Verteidigungsausschuss einen Unterausschuss für Cyberfragen einrichten. Intensive Diskussionen über solche Fragen lassen sich im Verteidigungsausschuss sicherlich nicht breit führen. Wir wollen ein entsprechendes Expertengremium einrichten, weil wir wissen, dass wir eine besondere Verantwortung für die Soldatinnen und Soldaten haben. Das Ganze muss breit diskutiert werden. Ich will an dieser Stelle noch einmal im Kollegenkreis dafür werben und Sie alle bitten, darüber nachzudenken, ob Sie diesen Vorschlag unterstützen können. Hier kommt eine große Veränderung auf die Bundeswehr zu. Als Parlamentarier tragen wir eine ganz besondere Verantwortung für die Parlamentsarmee.

Frau Ministerin, zum Ende: Dafür, was Sie im Cyberbereich angefangen haben, gilt Ihnen großer Dank. Jetzt müssen den Worten Taten folgen. Wir werden bei den abschließenden Haushaltsberatungen sehen, ob wir im Cyberbereich noch etwas drauflegen können.

Frau Buchholz, das ist keine Aufrüstung, sondern das ist ein Schutz unserer Kommunikation, und das sind wir den Soldatinnen und Soldaten schuldig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Lars Klingbeil. – Nächster Redner ist Bartholomäus Kalb für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6999383
Wahlperiode 18
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Verteidigung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta