07.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 14

Bartholomäus KalbCDU/CSU - Verteidigung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Eckdaten des Haushalts sind bereits mehrfach genannt worden. Zu erwähnen ist, dass es der Ministerin gelungen ist, in den Verhandlungen zur Haushaltsaufstellung zu erreichen, dass der Haushaltsentwurf nun um 1,7 Milliarden Euro höher ausgefallen ist, als zunächst im letzten mittelfristigen Finanzplan vorgesehen war. Damit wird den Notwendigkeiten Rechnung getragen, die sich im Bereich der militärischen Beschaffungen, im Bereich Forschung, Entwicklung, Erprobung, im Bereich Materialerhalt und für die Auslandseinsätze, die zusätzliche Kosten bereiten, ergeben.

Lieber Kollege Dr. Lindner, ich will an etwas erinnern. Ich sage das gar nicht vorwurfsvoll. Wenn wir bei einigen großen Beschaffungsvorhaben heute Probleme mit der Zeit- und Kostenentwicklung haben, dann sollte man sich daran erinnern, dass auch einmal Rot-Grün regiert hat.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war vor meiner Zeit!)

– Man muss da auch mithaften. – Es gibt ein sehr bekanntes Projekt, das uns große Sorgen bereitet.

Wir wissen auch, dass sich die Anforderungen ständig verändern, dass die Anforderungen an die Bundeswehr immer höher werden. Darüber ist bereits vieles gesagt worden. Um all diese Aufgaben ordentlich erfüllen zu können, ist es einfach dringend notwendig, dass wir hochqualifiziertes und hochmotiviertes Personal bei der Bundeswehr haben. Das war ein Thema, das wir im letzten Jahr in besonderer Weise im Rahmen der Attraktivitätsinitiative hier behandelt haben.

Die internationale Ordnung, in der sich Deutschland engagiert, in der Deutschland Verantwortung übernimmt und versucht, seine Interessen zu wahren, ist im Umbruch. Das sicherheitspolitische Umfeld ist durch die Entwicklungen der letzten Jahre zunehmend komplexer, unstetiger und dynamischer geworden. Zudem treten unterschiedliche Herausforderungen gleichzeitig an verschiedenen Orten auf. Der Bundesaußenminister, dessen Etat wir vorhin betrachtet haben, hat vor kurzem ausgeführt – wörtlich –: Europas Sicherheit ist bedroht. – Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Darauf müssen wir uns einstellen. Das ist eine Situation, die wir uns vielleicht vor zwei, drei oder vier Jahren so gar nicht hätten vorstellen können.

Das Gefährdungsspektrum für unsere Sicherheit ist breiter, vielfältiger und unberechenbarer geworden. Gerade vorhin ist über das Thema Cyberraum und andere Fragen wie zum Beispiel die asymmetrische Bedrohung gesprochen worden. Das sind alles Dinge, auf die wir Antworten geben müssen und die sich natürlich dann im Haushalt wiederfinden werden.

Wir haben die Probleme – das hat insbesondere in der außenpolitischen Debatte vorhin eine große Rolle gespielt –, dass sich Staaten auflösen, dass wir in vielen Staaten eine instabile Situation haben und dass wir in einigen Regionen geradezu eine Anarchie haben. Das alles ist dazu angetan, gefährlich zu sein, und das stellt uns vor große neue Herausforderungen. Ich nenne die Gefährdungen im Informationsbereich, im Kommunikationsbereich, in der Versorgung, im Transport und im Bereich der Handelslinien. All diese Dinge bis hin zur Rohstoff- und Energieversorgung sind bedroht. Natürlich zählt auch die unkontrollierte und zum Teil irreguläre Migration dazu.

Wir sollten uns unvoreingenommen ein Thema noch einmal vornehmen: Was muss die Bundeswehr in besonderen Situationen, bei besonderen Herausforderungen – denken wir einmal an große Terrorlagen und Ähnliches – im Inland leisten können? Darüber brauchen wir jetzt keine Grundsatzdebatte zu führen; aber wir sollten uns gemeinsam mit dieser Frage ganz ruhig beschäftigen. Wir sollten uns dann mit der Frage beschäftigen: Steht das mit der Verfassungslage, mit den Gesetzen, mit den Gerichtsurteilen in Übereinstimmung oder nicht? Denn die Bürger interessiert auch die Frage: Was passiert, wenn ...?

Was mich heute früh fast geärgert hat, war die Aussage des Kollegen Dietmar Bartsch von den Linken, der gesagt hat – ich habe es wörtlich mitgeschrieben –: „Es darf aber keine Militarisierung des Katastrophenschutzes geben.“

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Recht hat er!)

Ich sage Ihnen: Ich komme aus einer Gegend an der Donau, wo es 2013 ein Hochwasser in bis dahin nicht gekannter Höhe gab. In Passau, in Deggendorf, vor allem in Fischerdorf mussten 250 Häuser erneuert werden; das sei jetzt bloß nebenbei bemerkt.

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Da brauchen Sie den zivilen Katastrophenschutz!)

Damals waren die Menschen in großer Not. Sie alle und auch die sehr aktiven Einsatzkräfte waren sehr froh, dass die Bundeswehr ganz schnell zur Verfügung gestanden, in dieser Katastrophe geholfen und Schutz geboten hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Karin Evers-Meyer [SPD]: Das darf sie ja! – Dr. Karl A. Lamers [CDU/CSU]: Frau Buchholz, das eine ist die Theorie, und das andere ist die Praxis!)

Deswegen sollte man hier nicht solche Formulierungen wählen. Kein Mensch will eine Militarisierung des Katastrophenschutzes. Aber Vorbeugen und Mithelfen, das muss schon sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Aufgaben, die beschrieben worden sind, machen es notwendig, dass wir eine permanente, kontinuierliche Modernisierung der Bundeswehr vornehmen. Wir müssen natürlich eine Personalpolitik betreiben, die den demokratischen Herausforderungen Rechnung trägt. Ich denke, da sind wichtige Schritte eingeleitet worden. Das gilt aber natürlich genauso für die Ausrüstung, die wir bereitstellen müssen. Gerade in Zeiten, in denen die Wehrpflicht zwar nicht abgeschafft, aber ausgesetzt ist, ist es wichtig, dass wir alles tun, dass unsere Bundeswehr in bewährter Weise weiterhin eine Verankerung in unserer Gesellschaft erfährt.

Es ist ganz wichtig, dass wir noch mehr Transparenz bekommen. Ich glaube, die Bundesministerin hat hier mit der Schaffung des Rüstungsboards viel dazu beigetragen, sodass sogar die Öffentlichkeit jetzt genau weiß, welches Waffensystem wie viel Verzögerung hat und welches wie viel mehr kostet. – Ich habe den Kollegen Lindner angeschaut, weil ich an einen Spiegel -Artikel denke.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Das ist auch gar nicht zu kritisieren; um es gleich hinzuzufügen.

Wichtig ist aber, dass wir uns hier einfach die Dinge vorlegen, dass wir die notwendigen Konsequenzen ziehen, dass das Ganze entsprechend gesteuert wird, und ich denke, das wird geschehen.

Zum Abschluss will ich nur darauf hinweisen: Als uns das Weißbuch übersandt wurde, hat uns die Frau Ministerin einen Brief geschrieben. Sie schreibt darin – ich zitiere jetzt wörtlich –:

Sämtliche Initiativen und Maßnahmen in diesen Gestaltungsfeldern gewährleisten, dass die Bundeswehr in dem sich weiter wandelnden sicherheitspolitischen Umfeld auch künftig unverzichtbare Beiträge zu Sicherheit, Frieden und Freiheit Deutschlands, seiner Verbündeten und Partner sowie zu internationaler Stabilität leistet.

Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen. In diesem Sinne werden wir auch die Haushaltsberatungen im Ausschuss angehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Bartholomäus Kalb. – Jetzt sind wir natürlich alle neugierig, welchen Spiegel -Artikel Sie gemeint haben. Aber das können wir ja dann bilateral klären.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welcher Spiegel -Artikel war es? – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Es gibt so viele, wo man vermuten kann, dass jemand mit den Spiegel -Leuten gesprochen hat!)

– Ja, das passiert ja öfter.

Letzter Redner in dieser Debatte: Dr. Fritz Felgentreu für die SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6999384
Wahlperiode 18
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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