Sabine WeissCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das war jetzt wieder ein schönes Beispiel dafür, wie man gute Dinge ausschließlich schlechtreden kann. Die Entwicklungspolitik hat natürlich viele Facetten; von einigen haben wir bereits gehört. Lassen Sie auch mich ein paar wenige ansprechen.
Ich möchte zunächst einmal sagen: Ich danke der Bundesregierung. Dies ist ein sehr guter Haushaltsentwurf für unser Entwicklungsministerium. Herr Leutert, das klingt nicht nur schön, sondern das ist auch schön.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Na ja!)
Es ist ein Rekordhaushalt, der beweist: Deutschland steht zu seiner internationalen Verantwortung. Deutschland ist weltoffen. Wir nehmen Menschen in Not bei uns auf, und wir helfen, Frieden und Sicherheit zu stärken und den Menschen in ihrer Heimat eine Zukunftsperspektive zu geben. Diese Politik der Regierung Merkel hebt uns ab von den düsteren Hasspredigten der Rechtspopulisten, die auf Abschottung setzen und alles Fremde ablehnen.
Der Entwurf zeigt zunächst, dass Deutschland die Projekte zur Bewältigung von Flucht und zur Bekämpfung von Fluchtursachen vorantreibt. 650 Millionen Euro beträgt das Plus bei den Barmitteln bei der FZ und auch bei den Sonderinitiativen zur Bewältigung von Flucht, der Nahostkrise und zur Bekämpfung von Hunger. Das, lieber Stefan Rebmann, ist aus meiner Sicht zunächst einmal dringend nötig, um die in den letzten Jahren vorbereiteten Maßnahmen auch umzusetzen. Das wird sicherlich zu diskutieren sein. Wir sind ja heute auch erst bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs.
Ich warne aber davor, dass wir diese zusätzlichen Beträge als große Spielmasse nutzen, um hier und da an anderer Stelle deutlich mehr draufzulegen. Auch jetzt ist hier viel Bildung drin. Im Libanon zum Beispiel finanziert Deutschland das Schulsystem mit. 200 000 Kinder gehen dadurch zusätzlich in die Schule. Es ist viel Gesundheit drin. Im Irak fördert Deutschland das Gesundheitssystem. 2 Millionen Menschen haben davon bisher schon profitiert. Und: Deutschland beteiligt sich an der Ernährungssicherung von Flüchtlingen. 750 000 Menschen haben so bisher Lebensmittelgutscheine erhalten. Durch das weiterlaufende Cash-for-Work-Programm werden Arbeitsplätze für 50 000 Menschen in der Krisenregion Nahost geschaffen.
Das sind zunächst einmal gute Nachrichten, und das sollte man auch sagen. Wir leben in einer Zeit, in der bisher eigentlich immer nur schlechte Nachrichten veröffentlicht werden. Hier haben wir gute Nachrichten zu verkünden, und die möchte ich heute erst einmal in aller Deutlichkeit darstellen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein, und darüber müssen wir reden. Besorgt bin ich zum Beispiel über den Rückgang der Verpflichtungsermächtigungen um fast 750 Millionen Euro bei der FZ und der TZ. Ich denke, das könnte dazu führen, dass das zukünftige Engagement des BMZ bei der Bewältigung der Fluchtursachen und -folgen beschränkt wird. Ich weiß, dass Bundesminister Gerd Müller immer wieder darauf hingewiesen hat, dass der Einsatz von 1 Euro für die Flüchtlingshilfe in der Region den Einsatz von etwa 10 Euro ersetzt, die wir in Deutschland aufwenden müssten.
Der Rückgang bei den Verpflichtungsermächtigungen erschwert aus meiner Sicht auch die Mittelverdoppelung für den Klimaschutz, die Umsetzung der G-7-Beschlüsse von Elmau zur Hungerbekämpfung und auch die Umsetzung des Sechs-Punkte-Gesundheitsplans im Zuge der Ebolakrise.
Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Haushälter appellieren. Frau Hajduk, Sie sind ja dabei; denn Sie sind Haushälterin. Sie haben sich vorhin beschwert, dass das alles nicht ausreicht. Also: Kämpfen Sie mit, wenn es um die Verpflichtungsermächtigungen geht? Liebe Haushälter, bitte legen Sie bei den Verpflichtungsermächtigungen wieder etwas obendrauf; denn auch der soziale Frieden in unserem Land hängt davon ab, dass wir die Fluchtursachen umfassend bekämpfen. Und ohne Geld – das wissen wir alle – geht das eben nicht.
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Das Flüchtlingsthema hat vielen Menschen die zentrale Bedeutung der Entwicklungspolitik verdeutlicht. Ich habe manchmal das Gefühl, dass Entwicklungspolitik erst jetzt in vielen Köpfen wirklich ankommt. Diese Chance, denke ich, müssen wir nutzen. Wir müssen klarmachen, dass eingesetzte Mittel wirken und dass es in vielen Ländern auch Entwicklungsfortschritte gibt, auf die man aufbauen kann. So ist zum Beispiel die Lebenserwartung in Entwicklungsländern von 42 Jahren im Jahre 1950 auf 66 Jahre gestiegen, bedingt vor allem durch die erhebliche Senkung der Kindersterblichkeit, und zwar von noch 34 000 Kindern am Tag im Jahre 1990 auf 17 000 heute, wobei ich ganz deutlich sagen möchte: Jedes gestorbene Kind ist ein Kind zu viel.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auf die armen Länder entfallen immer noch 35 Prozent aller Todesfälle bei den Null- bis Vierjährigen. In unseren Industrieländern ist es nur noch knapp 1 Prozent. Das zeigt, dass die Bekämpfung der Kindersterblichkeit in den Entwicklungsländern weiterhin eine Priorität bleiben muss. Laut der Deutschen Welthungerhilfe stirbt alle zehn Sekunden ein Kind allein an den Folgen von Mangel- und Unterernährung. Es sterben also fast 600 Kinder während dieser Debatte und mehr als 8 500 am Tag.
Die Bundeskanzlerin hat in einem Interview in der SZ klar gesagt, dass wir deutlich mehr für die Entwicklungsarbeit tun wollen und müssen. Das wird auch durch die Vorlage dieses Haushaltes unterstrichen. Sie hat in dem erwähnten Interview auch angekündigt, dass eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit Afrika erfolgen soll. Das ist mit Blick auf künftige Fluchtbewegungen und auf den bestehenden Nachholbedarf bei vielen wichtigen Entwicklungszielen auch zweifellos richtig.
Der Weg ist herausfordernd; das wissen wir alle. Deswegen ist auch eine positive Zusammenarbeit wichtig. Die OECD schätzt, dass in den Entwicklungsländern jedes Jahr circa 4 Billionen US-Dollar – das sind 4 000 Milliarden US-Dollar – investiert werden müssen, wenn die SDGs erreicht werden sollen. Die globale ODA betrug im Jahr 2015 132 Milliarden US-Dollar oder 0,3 Prozent des BIP. Das müssen wir anheben; das ist klar. Aber auch mit 0,7 Prozent wäre der Weg bis zu 4 Billionen US-Dollar noch sehr weit.
Sie sehen also: Es gibt viel zu tun. Wir müssen alle Instrumente der Entwicklungspolitik ausnutzen und versuchen, sie zu verbessern. Neun von zehn Arbeitsplätzen in den Entwicklungsländern finden sich in der Privatwirtschaft. Das mag nicht jedem gefallen. Aber deshalb müssen wir auch auf den Aufbau der Privatwirtschaft und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen als immer noch bestes Mittel gegen Flucht setzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich sehe das BMZ gut gerüstet. Wir haben gute Fachpolitiker an unserer Seite, und ich lade jeden dazu ein, hier mitzumachen. Wir werden diese Herausforderung angehen, und ich möchte an dieser Stelle nochmals Herrn Bundesminister Müller und seinem gesamten BMZ-Team für die hervorragende Arbeit danken. Ich freue mich auf die Beratungen des Haushaltes.
Ich habe die um eine Minute gekürzte Redezeit eingehalten, bin also in der Zeit geblieben, Frau Präsidentin, und bedanke mich fürs Zuhören.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Heike Hänsel für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN – Lothar Riebsamen [CDU/CSU]: Durchatmen, Heike!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6999414 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |