08.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 187 / Einzelplan 09

Andreas MattfeldtCDU/CSU - Wirtschaft und Energie

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine lange Debatte geht zu Ende. Wir haben gehört: Die deutsche Wirtschaft ist stark. Wir haben von Daniela Ludwig eben gehört: Insbesondere die Tourismusbranche ist stark und wettbewerbsfähig. – Ich bin ganz sicher, dass wir mit diesem Haushalt heute die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das auch in den kommenden Jahren so bleibt.

Ich glaube, das brauchen wir auch; denn die Herausforderungen für unser Land sind groß. Dafür brauchen wir einen starken Mittelstand. Wir brauchen eine starke Industrie, die für Wachstum und für Arbeitsplätze sorgt. Deswegen ist gerade dieser Haushalt schwerpunktmäßig auf Wachstum, auf Innovation und auf Beschäftigung ausgerichtet.

Wir haben es gehört: Massiv unterstützen wir auch dieses Mal wieder den Mittelstand, und das machen wir nicht ganz vergebens; denn immerhin arbeiten zwei Drittel aller Beschäftigten in Deutschland im Mittelstand. Deshalb ist es folgerichtig, dass wir auch die Mittel für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, lieber Roland Claus, in diesem Jahr erneut erhöhen, und zwar um weitere 5 Millionen Euro auf fast 550 Millionen Euro.

Mittelstandsförderung – das darf ich auch sagen – ist nicht nur das ZIM; Mittelstandsförderung findet auch bei unseren Auslandshandelskammern statt, die ich einmal hervorheben möchte. Die Auslandshandelskammern unterstützen gerade kleine und mittelständische Unternehmen bei Investitionen, beim Einkauf oder beim Vertrieb ihrer Produkte im Ausland. Die Auslandshandelskammern können die Märkte dort einschätzen, und sie können die Industrieunternehmen entsprechend zielgerichtet beraten. Gerade weil diese Dienstleistung so enorm nachgefragt wird, erhöhen wir unsere Präsenz in weiteren Ländern wie zum Beispiel in Sambia oder Mosambik. Folgerichtig spiegelt sich das natürlich auch im Etat wider. Wir erhöhen die Mittel in diesem Bereich um 3,5 Millionen Euro, sodass die Auslandshandelskammern nun fast 44 Millionen Euro erhalten.

Eine Schlüsseltechnologie, die wir in diesem Haushalt ebenfalls erheblich fördern, ist die Luft- und Raumfahrtindustrie. Sie erhält fast 1,6 Milliarden Euro. Sie ist nicht nur Beschäftigungs- und Innovationsmotor; nein, sie ermöglicht es uns auch, international im Technologiewettbewerb zu bestehen. Der größte Teil der Mittel, rund 755 Millionen Euro, fließt an die Europäische Weltraum­organisation ESA. Wir müssen ganz genau schauen – das sage ich aber auch –, wie es nach der ESA-Ministerratskonferenz – ich glaube, sie findet am 1. Dezember statt, Herr Minister – mit Projekten wie zum Beispiel der Weltraumstation ISS oder einer Asteroidenabwehr, die ja auch angedacht ist, weitergeht. All das kostet Geld. Aber klar ist auch: Wenn wir in Europa weiterhin technologisch und wirtschaftlich in einer globalen Welt bestehen wollen, dann dürfen wir als Europäer in diesem Bereich auf gar keinen Fall den Anschluss verlieren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Einen großen Anteil am Erfolg im Bereich der Luft- und Raumfahrt hat auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt – kurz DLR –, das eine ausgezeichnete Arbeit leistet. Aber, Herr Minister, dass das DLR mit 5 Millionen Euro nun auch noch Extremismusprävention in der Ausbildung für Ihr Ministerium begleiten soll, das halte ich schon für ein bisschen merkwürdig. Das DLR ist sicherlich in technischen und wissenschaftlichen Dingen top; aber ob dieses Institut bei Extremismusprävention der richtige Projektträger ist, da bin ich mir nicht ganz sicher. Ich weiß, Herr Minister, dass Ihnen dieses Programm wichtig ist. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass andere Ministerien hier über mehr Kompetenz verfügen.

(Thomas Jurk [SPD]: Noch mehr?)

Wir sollten ernsthaft überlegen, ob es sinnvoll ist, dass Sie diesen Aufgabenbereich nun auch noch im Wirtschaftsministerium bearbeiten möchten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das Thema geht ja alle an!)

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Industriezweig, der für den Wirtschaftsstandort Deutschland von ganz großer Bedeutung ist, ist die maritime Wirtschaft. Wir bauen in Deutschland die besten Kreuzfahrtschiffe und die innovativsten Spezialschiffe der Welt, und das soll auch in 20 Jahren noch so sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Helga Kühn-Mengel [SPD])

Mit Blick auf den großen globalen Wettbewerb in dieser Branche ist es deswegen wichtig, dass wir hier unsere Technologieführerschaft sichern und richtig investieren. Und genau deshalb wäre es klug, wenn der gekürzte Ansatz im Bereich der Innovationsförderung wieder auf den Stand der letzten Jahre angehoben würde. Ich schaue einfach einmal auf die Bundesratsbank – der Kollege Rüter aus Niedersachsen war vorhin da –: Niedersachsen geht da ja eben nicht großartig voran.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Da betreiben Sie wieder Wahlkampf!)

Meine Damen und Herren, kommen wir zu einer weiteren Herkulesaufgabe, der wir uns auch im Haushalt 2017 umfänglich widmen: Das ist die Energiewende, die sowohl aus dem Haushalt des Ministeriums mit 2,44 Milliarden Euro als auch aus dem Energie- und Klimafonds mit 2,9 Milliarden Euro finanziert wird. Sorge, Herr Minister, bereitet mir hier allerdings die Sicherheit der Stromversorgung. Wie geht es weiter, wenn nach 2021 die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen? Wir alle wissen: Das ist nicht mehr allzu lange hin. Auch wenn Sie mir im Berichterstattergespräch nun erklärt haben, dass es auch andere Möglichkeiten der Versorgung als durch eigene neue deutsche Kraftwerke gibt, müssen wir im Blick behalten – ich weiß, Sie sehen das genauso –, dass Deutschland eine Industrienation ist, die auf bezahlbare Strompreise und vor allem auch auf stabile Stromnetze – vielleicht mehr als andere Nationen – angewiesen ist.

In diesem Sinne wäre es gut, wenn wir heute schon belegen können, wie die Grundlast gesichert wird, welche Kraftwerke, wo auch immer, gegebenenfalls hinzuliefern, wenn andere abgeschaltet werden und wir trotzdem immer noch Stromspitzen abdecken müssen. Das ist von allergrößter wirtschaftlicher Bedeutung, meine Damen und Herren.

Ein weiterer Schwerpunkt dieses Haushaltes ist natürlich wie immer das Thema Fachkräftesicherung. Schon heute gibt es genügend Betriebe, die unter dem Fachkräftemangel massiv leiden. Deshalb erhöhen wir den Titel „Fachkräftesicherung für kleine und mittlere Unternehmen“ um weitere 2,4 Millionen Euro.

Ich bin allerdings ein wenig skeptisch, ob jedes Ministerium hier Aktivitäten entwickeln muss. Es finden sich nicht nur im Haushalt des Wirtschaftsministeriums, sondern auch in allen anderen Ressorts zahlreiche Programme zum Thema Fachkräfte. Das ist von der Idee her richtig. Aber wir müssen uns wirklich überlegen, ob wir das nicht irgendwo, ich sage einmal, ein bisschen bündeln und irgendwo eine Stelle einrichten, die das Ganze koordiniert, damit wir hier einen roten Faden haben.

Mit gleicher Blickrichtung, Herr Minister, frage ich mich auch, ob wir bei dem Thema „Integration der Flüchtlinge in Arbeit“ richtig aufgestellt sind. Auch hier gibt es viele Programme im Bundeshaushalt – auch in Ihrem Haushalt –, die um das Ziel der Flüchtlingsinte­gration erweitert worden sind, und das ist auch richtig so. Da wir beide sonst sehr gut klarkommen – ich glaube, das darf ich sagen –,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Jetzt kommt es!)

gehört es auch dazu, dass man unter Koalitionären einmal anspricht, was einen an der Politik des anderen ein wenig stört. Sie wissen, glaube ich, ganz genau, dass ich im vergangenen Jahr das Handeln der Regierung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise ein wenig kritisch hinterfragt habe. Nun sind aber die Menschen bei uns, und wir müssen sehen, wie wir all diese Menschen in Arbeit bekommen. Dazu müssen wir mit klugen Entscheidungen beitragen, und es müssen eben auch alle Regierungsmitglieder mit klugen Entscheidungen dazu beitragen.

Sie, Herr Minister, haben im letzten Jahr gesagt, dass die Bewältigung der Flüchtlingskrise vor allem ein Wirtschaftsthema sei; denn Arbeit ist der beste Weg zur Integration. Sie haben das Thema damit wirtschaftspolitisch zu Ihrer ganz persönlichen Chefsache erklärt. Und ich bin da inhaltlich voll bei Ihnen. Genau deshalb habe ich nach Ihrer Kritik an der Union, nach Ihrem Fingerzeig auf die Union im Zusammenhang mit der Bewältigung der Flüchtlingskrise, als Ihr zuständiger Unionshaushälter einmal ganz genau geschaut, wie das denn in Ihrem Ministerium gelaufen ist. Und da, lieber Herr Gabriel, hat Ihr Ministerium noch Luft nach oben; denn Ihr Versprechen, dass die Bewältigung der Flüchtlingskrise in erster Linie ein Wirtschaftsthema sei, haben Sie – das muss ich leider sagen – nicht gehalten. Hier müssen wir mehr machen, als nur Willkommenslotsen der IHK zu unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch ich finde es beschämend, dass nach einer Umfrage die 30 größten DAX-Unternehmen gerade einmal 54 Flüchtlinge angestellt haben, allein 50 davon bei der Post. Ich glaube, diese Bilanz ist massiv ausbaufähig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber das Handwerk macht gute Sachen!)

Ich darf aber auch sagen, Herr Minister: Da hätte vielleicht auch von Ihnen mehr kommen müssen. Da war auch der persönliche Einsatz des Wirtschaftsministers gefragt.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist billig!)

Sich ein Stück weit von den Unternehmen mit der Behauptung abspeisen zu lassen, dass die Qualifikationen der Flüchtlinge für Großkonzerne nicht ausreichten, ist ein wenig zu einfach; denn, wie wir sehen, sind kleine und mittelständische Unternehmen auch hier wieder der Vorreiter bei Integration, und sie versuchen, ihren Beitrag auch bei geringerer Qualifikation der Flüchtlinge zu leisten. Hier, Herr Gabriel, haben wir alle – ich glaube, das darf ich sagen – unsere Hausaufgaben zu leisten und können die Verantwortung nicht einfach auf andere – in diesem Fall auf den Koalitionspartner – abschieben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, dieser Haushaltsentwurf ist gut. Er geht absolut in die richtige Richtung, aber wir alle wissen: Der Bessere ist der Feind des Guten. In diesem Sinne werden wir die anstehenden Beratungen nutzen, um weitere positive Veränderungen herbeizuführen. Sie als Opposition lade ich auch dieses Jahr wieder ein, daran konstruktiv mitzuwirken. In diesem Sinne freue ich mich auf die anstehenden Haushaltsberatungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6999665
Wahlperiode 18
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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