08.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 187 / Einzelplan 10

Rainer SpieringSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Vorab: Herr Minister, Sie haben CETA angesprochen. Ich werde mich jetzt nicht inhaltlich zum Freihandelsabkommen äußern. Aber eines weiß ich: Wenn diejenigen, die in Deutschland produzieren und Handel betreiben – also Industrie und Handel –, sich frühzeitig an die Gewerkschaften gewandt hätten und einen interessierten Ausgleich mit den gewerkschaftlichen Vertretern gefunden hätten, dann hätten wir heute deutlich weniger Probleme mit CETA, als wir es zurzeit haben. Ich muss ganz ehrlich sagen: Da haben die entsprechenden Wirtschaftsverbände einfach nicht ordentlich gearbeitet.

(Beifall bei der SPD – Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Und der Wirtschaftsminister!)

Eine weitere Randbemerkung. Wir sind uns, Herr Minister, sehr einig: Export ergibt dann einen Sinn, wenn reale Wertschöpfung stattfindet. Export um des Exports willen, bei dem man Verluste in Kauf nimmt, ergibt keinen Sinn. Ich glaube, auch das muss man nüchtern zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wir alle wissen: Rauchen ist schädlich. Mit der Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie im nationalen Tabakerzeugnisgesetz sind wir im Frühjahr den richtigen Weg gegangen. Warnungen der Tabakindustrie, die Umstellung auf die neuen Verpackungen wäre nicht realisierbar, haben sich im blauen Dunst aufgelöst. Natürlich war die Umstellung mit unserer modernen deutschen Technik möglich. Internationale Tabakkonzerne wollten uns ihren Zeitplan und ihre Marktbedingungen aufzwingen. Darauf haben wir uns nicht eingelassen. Richtig und konsequent so. Glückwunsch ans Haus und ans Ministerium!

In einem zweiten Schritt wollten wir die Zusatzstoffe definieren und Außenwerbung verbieten. Hierfür hat Bundesminister Schmidt mit einem guten Gesetzentwurf alle Voraussetzungen geschaffen. Dieser Gesetzentwurf wurde vor Eintritt in die parlamentarischen Beratungen aufgehalten. Interessant, dass der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Volker Kauder, den CSU-Minister Christian Schmidt ausbremst. Sonst kennen wir das nur umgekehrt.

(Beifall bei der SPD – Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Das muss man ja mal deutlich sagen!)

Mit einem parlamentarischen Tritt in den Pöter des Bundesministers Schmidt hat Volker Kauder die Interessen der internationalen Tabakwirtschaft gerettet. Ich finde es bedauerlich. Herr Bundesminister, Sie haben so einen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Lassen Sie uns daran festhalten und ihn durchbringen, und lassen Sie sich nicht von Herrn Kauder aufhalten.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Marlene Mortler [CDU/CSU])

Mein Thema: Smart Farming. Herr Bundesminister, Sie haben angesprochen, dass wir der Landwirtschaft mit Fördermitteln helfen wollen. Ich glaube, eine nach hinten gerichtete Förderung, bei der man versucht, mithilfe von Geldmitteln Probleme aufzuhalten oder zu heilen, wird auf Dauer keine Zukunft haben. Wir haben aber sehr wohl eine Zukunft. Sie liegt darin, dass wir das, was wir im Landbau machen, mit dem verknüpfen, was wir technologisch und mithilfe des Internets leisten können.

Ich hatte jetzt bei mir zu Hause viele Veranstaltungen, viele davon mit Landwirten. Sie waren gut für mich. Was ich für mich erkennen konnte, war Skepsis bei den älteren Landwirten – wie auch immer sie entstanden ist – und sehr große Bereitwilligkeit bei den jungen Landwirten, sich mit einer modernen, zukunftsorientierten Landwirtschaft verbunden mit IT-Unterstützung auseinanderzusetzen. Und sie haben dabei keine Hemmschwellen. Sie finden es total spannend, was man mit moderner IT anstellen kann. Deswegen meine dringende Aufforderung: Helfen Sie unserer Landwirtschaft, indem Sie unseren jungen Bauern helfen, ihren Weg zu gehen; denn sie sind die Zukunft und nicht die älteren Eigentümer der Höfe.

(Beifall bei der SPD)

Der digitale Kuhstall und satellitengesteuerte Traktoren sind keine Zukunftsmusik, sondern real. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten müssen. Das ist die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und unserer Wirtschaft.

Wir haben ein Positionspapier zu den Chancen des Smart Farming vorgelegt. Ich habe es eben schon erwähnt: Bei den jungen Menschen haben wir damit Erfolg und erreichen, dass sie Zutrauen haben. Ich will Ihnen ein Argument nennen, das gerade die jungen Landwirte sehr intensiv aufgenommen haben.

Unsere Landwirtschaft steht meiner Meinung nach häufig zu Unrecht unter Druck. Wenn man aus einer Region kommt, die wie meine Region sehr ländlich geprägt ist und in der eindeutig sehr viel Gülle hergestellt wird – das ist noch sehr vorsichtig ausgedrückt, man könnte das auch noch ganz anders formulieren –, dann weiß man: Der Druck ist noch viel höher. Man fragt sich: Welche Chance hat eigentlich die Landwirtschaft bei mir zu Hause, nachzuweisen, dass sie für die Nitratwerte nicht verantwortlich ist? Zurzeit keine. Aber wenn wir IT-unterstützt eine solide und ordentliche Hoftorbilanz erstellen, dann haben wir alle Möglichkeiten, Ross und Reiter zu benennen, im Guten wie im Bösen. Dann muss man bekennen, und Bekennen – das ist ganz wichtig – schafft Vertrauen in der Politik. Das wissen Sie alle.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen unsere globalen Player vor Ort halten. Das betrifft die gesamte Landmaschinentechnologie; ich habe den Zusammenhang bereits erläutert.

Jetzt möchte ich ein paar Punkte nennen, die wir unbedingt umsetzen müssen. Wir müssen eine Verknüpfung herstellen zwischen industrieller Landwirtschaft und den dazugehörigen Landmaschinenherstellern. Dazu brauchen wir Professorenstellen an den Universitäten. Ich würde mich freuen, wenn das Landwirtschaftsministerium Ähnliches unterstützen würde.

Wir können aber auch noch etwas ganz anderes machen. An Standorten, an denen die Verknüpfung von Landmaschinentechnologie und intensiver Landwirtschaft stattfindet, kann man Institute wie das Fraunhofer-Institut fragen: Habt ihr nicht Interesse, uns mit zukunftsorientierter Anwendungstechnik vor Ort zu helfen? Ich weiß, Herr Bundesminister, das ist nicht Ihr Ressort, aber ich glaube, Sie haben genügend Einfluss, um das entsprechende Ressort in Bewegung zu setzen.

Ich würde mich freuen, wenn von diesem Hause aus das klare Signal ausgeht: Wir geben der deutschen Landwirtschaft und den jungen Bäuerinnen und Bauern auch in Zukunft eine Chance, und zwar nicht, indem wir ihre Verluste im Nachhinein versuchen zu glätten, sondern indem wir eine Technologie und eine Landwirtschaft schaffen, in die die Menschen in unserem Land zu Recht wieder Vertrauen haben.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Ingrid Pahlmann [CDU/CSU]: Oje!)

Vielen Dank. – Friedrich Ostendorff ist jetzt der nächste Redner für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6999937
Wahlperiode 18
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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