09.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 188 / Einzelplan 12

Bettina HagedornSPD - Verkehr und digitale Infrastruktur

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Dieser letzte gemeinsame Haushalt dieser Großen Koalition, der Haushalt für das kommende Jahr, unterstreicht gerade im Verkehrsbereich noch einmal ganz deutlich, wofür wir gemeinsam stehen, nämlich dass wir miteinander Dinge angepackt haben, die dringend erforderlich waren, über die in dieser Republik auch lange geredet wurde, zum Beispiel das Thema Digitales. Jetzt haben wir hier, und zwar nicht erst in diesem Haushaltsjahr, sondern schon kontinuierlich in den vergangenen Haushaltsjahren, einen Mittelaufwuchs, und das ist ein richtig gutes Signal.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Minister hat die Zahl genannt: Es sind fast 27 Milliarden Euro, die in diesem Jahr insgesamt zur Verfügung stehen. Es ist nicht alles frisches Geld. 4,35 Milliarden Euro hatten wir schon im Mai letzten Jahres mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm beschlossen. Diese Mittel waren bisher in einem Extraetat, aber jetzt sind sie vollumfänglich, Herr Minister, in Ihrem Etat angekommen und verstärken, wie von uns gewollt, insbesondere die Bereiche Straße, Schiene, Wasserwege, aber auch – darauf will ich kurz zu sprechen kommen – den Bereich Digitales.

Eines ist mir wichtig: Wenn wir hier alle miteinander feststellen, wie viel Geld wir für diesen Etat bereitgestellt haben, wie erfolgreich wir da waren, dann lautet logischerweise die Wahrheit aber auch: Privates Geld brauchen wir nicht. Das schaffen wir öffentlich-rechtlich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Darum nur ein Wort zu der Infrastrukturplanungsgesellschaft; auch Sie, Herr Minister, haben das Wort in den Mund genommen. Dazu gibt es offensichtlich verschiedene Vorstellungen zwischen Ihrem Haus und dem Haus von Herrn Schäuble; auch die 16 Länder wollen eigentlich gar nicht, dass sich irgendetwas verändert.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was will Gabriel? Was will denn der Wirtschaftsminister? Ist der Wirtschaftsminister auch dafür?)

Das finde ich ein bisschen schade, weil wir schon dringenden Optimierungsbedarf in diesem Bereich haben. Eines will ich aber festhalten: Für die SPD ist ganz klar – da haben wir eine Beschlusslage mit Haushältern, mit Verkehrs- und Wirtschaftspolitikern –,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Sigmar Gabriel?)

dass, wenn es zu einer solchen Gesellschaft kommen sollte, auf jeden Fall gelten muss: null Privatisierung in diesem Bereich. Das bleibt in öffentlich-rechtlicher Hand. – Vor allen Dingen wollen wir in hervorragender Weise Herstellung von Transparenz, Steuerung und Kontrolle durch das Parlament, und das geht nur, wenn es in öffentlicher Hand bleibt. – Dazu also eine klare Ansage.

(Beifall bei der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Sigmar Gabriel?)

Im Zusammenhang mit dem Aufwuchs im Bereich Digitales will ich auch erwähnen, dass mit den 4 Milliarden Euro, die wir in der Summe in dieser Legislatur bereitstellen, auch die Hälfte der Erlöse aus der Versteigerung der Frequenzen im letzten Jahr – 650 Millionen Euro round about – an die Länder gegangen ist, damit auch die Länder ihren Teil zu dieser Offensive, die wir gemeinsam machen, beitragen können und sie in Ländern, die finanziell nicht so viel vor der Brust haben, nicht ins Stocken kommt.

Herr Kollege Claus, Sie haben hier angemahnt, dass dringend in den ländlichen Raum investiert werden müsste. Ich weiß nicht, ob Sie da vielleicht etwas verpasst haben: Wir machen dieses Programm für den ländlichen Raum.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Das haben wir von Anfang an im Koalitionsvertrag so festgeschrieben, und das tun wir auch. „ By the way“: Allein in diesem Jahr sind bis zum Sommer, obwohl die Förderrichtlinie ja erst im Herbst des letzten Jahres veröffentlicht worden ist, 651 Förderbescheide ergangen. Wir investieren also in den ländlichen Raum. Das ist doch eine gute Botschaft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen nun allerdings auch sicherstellen – das tun wir mit diesem Haushalt –, dass die Kommunen, die jetzt schon gefördert werden, um in die Planung einzusteigen, das Geld nachher auch wirklich kriegen, und zwar dann, wenn die Planungen beendet sind und gebaut werden kann. Ja, auch aus Sicht der SPD-Fraktion wäre es wünschenswert, dass ganz viel in Glasfaser investiert wird. Trotzdem ist es richtig, dass die Kommunen und die Zweckverbände, die das planen, dies eigenständig tun können. Darum wird es eben auch Kupfer und Vectoring geben.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht zukunftsfähig! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich nicht schnell!)

Wir hätten uns nur Glasfaser gewünscht. Aber wichtig ist, dass wir überall in den ländlichen Bereichen endlich von der Stelle kommen, und das schaffen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Haushalt gibt es aber auch noch andere Bereiche, die manchmal angesichts der Investitionen in Straße, Schiene und Wasserwege, die im Fokus stehen, ein bisschen zu wenig betrachtet werden. Ein Beispiel ist die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie, in der wir ganz bewusst auf Innovationen setzen, in der es um LNG geht, in der es neben Investitionen für Fahrzeuge wie Lkw oder Busse, die auf der Straße verkehren, auch um Schiffe und um Innovationen bei der Hafeninfrastruktur geht. Das haben wir schon im letzten Haushalt so beschlossen. In diesem Bereich stellen wir enorme Mittel zur Verfügung. Wir hoffen natürlich, dass diese auch abgerufen werden.

Das Gleiche gilt für das NIP; das ist das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie, das, wie der Name schon sagt, nach vorne gerichtet ist. Das sind Investitionen in die Zukunft, bei denen es auch darum geht, Anreize zu setzen, damit wir das Know-how in diesem Bereich und unsere Marktführerschaft weltweit an dieser Stelle weiter ausbauen und verstärken können; denn das sind die richtigen Signale – auch für die Fachkräfte, die wir in diesem Bereich haben.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert Brackmann [CDU/CSU])

Stichwort „Fachkräfte“. Das ist das wirklich große Nadelöhr an dieser Stelle. Herr Minister, natürlich müssen wir hier auch über die größte Bundesbehörde reden, die wir im Bereich Verkehr haben: die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung mit über 12 000 Beschäftigten. Das ist ein Dauerthema in dieser Großen Koalition. Ich will noch einmal daran erinnern, dass es diesbezüglich unter Herrn Ramsauer gemeinsam mit der FDP eine ganz unselige Weichenstellung gegeben hat. Die nannte sich Reform, war aber keine, sondern war in Wahrheit ein gezielter Kahlschlag bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir haben die Weichen umgestellt und machen das rückgängig. Aber leider stellen wir fest, dass das natürlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schon Spuren hinterlassen hat, was ihr Vertrauen anbelangt, was ihre Bereitschaft anbelangt, positive Reformprozesse mit uns zu gestalten. Ich finde, da muss noch mehr passieren.

Wir müssen uns vor allen Dingen um Fachkräfte wie Ingenieure kümmern, die wir im Bereich Technik dringend brauchen. Wir Haushälter haben da in den letzten Jahren finanziell immer noch eine Schippe draufgelegt – zu Recht –, und zwar in der Fläche und nicht bei der GDWS in Bonn. Herr Minister, wir würden uns natürlich wünschen, dass Sie unsere Beschlüsse auch noch ein bisschen – wie soll ich sagen? – zielgerichteter umsetzen. Das Konzept zur außertariflichen Bezahlung, das der Haushaltsausschuss bereits 2015 beschlossen hat, gibt Ihnen die Chance, gerade in diesem technischen Bereich im Bereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung konsequent Leute anzuwerben, die man besser bezahlen muss, damit man sie überhaupt noch kriegt. Da ist nicht so richtig viel passiert, um das zurückhaltend zu sagen.

Wir, lieber Norbert Brackmann, haben im letzten November allein zehn Ingenieursstellen beschlossen, um zielgerichtet – nicht nur im Hafen Rostock, sondern auch beim Schiffshebewerk in Scharnebeck oder beim Nord-Ostsee-Kanal – die vielen Investitionen, die wir vorhaben, auch wirklich voranzubringen. Es nützt uns nichts, wenn Geld bereitsteht, das nicht ausgegeben werden kann, weil es nicht vorangeht. Als wir Haushälter im März auf unsere Nachfrage schriftlich informiert wurden, dass das Verkehrsministerium jetzt die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung angewiesen hätte, eine Dienstpostenbeschreibung zu erstellen, haben wir schon Schnappatmung bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn wir die dringend benötigten Stellen endlich ermöglichen und sie drei Monate später nicht nur nicht besetzt, sondern auch nicht ausgeschrieben sind und es nicht einmal eine Dienstpostenbeschreibung gibt, dann zeigt dies, wo dringend etwas geschehen muss. Hier sind wir an Ihrer Seite.

Bei den Investitionen, die vorgesehen sind – als Schleswig-Holsteinerin nenne ich hier explizit den Nord-Ostsee-Kanal; er ist die größte Wasserstraße der Welt und hat mehr Volumen als Suez- und Panamakanal zusammen –, haben wir in dieser Legislatur zu Recht über 850 Millionen Euro bereitgestellt, um einen riesigen Investitionsstau für diesen über 100 Jahre alten Kanal aufzuarbeiten. Aber die Zeitpläne, die wir uns gemeinsam vorgenommen haben – das sage ich ganz vorsichtig –, stocken. Wir müssen hier einen Zahn zulegen. Darum, Herr Minister, wenn Sie hier etwas tun wollen, dann sind wir an Ihrer Seite.

In diesem Sinne sage ich: Alles Gute! Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sven-Christian Kindler ist der nächste Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7000296
Wahlperiode 18
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Verkehr und digitale Infrastruktur
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