Gustav HerzogSPD - Verkehr und digitale Infrastruktur
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in erster Lesung über den Verkehrsetat für 2017. Das ist ein guter Anlass, die Frage zu stellen: Passt dieser Einzelplan zu der Politik, die wir als Große Koalition verabredet haben, um die Mobilität in diesem Land voranzubringen? Ja, es ist ein wichtiger und richtiger Baustein, den wir mit diesem Haushalt setzen. Ich will mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, etwas zitieren:
Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist eine wesentliche Voraussetzung für soziale Teilhabe und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Mit einem der feinmaschigsten Verkehrsnetze der Welt ist Deutschland gut aufgestellt.
Ich sehe fragende Gesichter. Weiß jemand, wer das geschrieben hat? – Hallo! Die Grünen. Wo bleibt der Applaus? Das Zitat stammt aus Ihrem Antrag zum Bundesnetzplan im April dieses Jahres. So lautet der erste Satz in Ihrem Antrag.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Kindler, entweder lesen Sie Ihre eigenen Anträge nicht, oder Ihre Anträge sind es nicht wert, gelesen zu werden. Ich wiederhole: „Mit einem der feinmaschigsten Verkehrsnetze der Welt ist Deutschland gut aufgestellt.“ Aber in Ihrer Rede hier sagen Sie, der Bundesverkehrswegeplan 2003 und seine Umsetzung seien Murks. Sie widersprechen sich offenbar ruckzuck. Ihre Verkehrspolitik sollten Sie neu überdenken.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich ärgere mich noch über etwas anderes.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ich merke schon, dass Sie sich ärgern! Aber wir hätten gern mehr Substanz in Ihrer Rede!)
Sie und insbesondere die Kollegin Wilms ziehen ständig mit einer Wünsch-Dir-was-Liste durchs Land. Schauen Sie sich einmal an, wie viele Wünsche es von Abgeordneten und aus der Öffentlichkeit gibt, wie viele Wünsche in den verschiedenen Verfahren im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans abgelehnt wurden und wie viele Wünsche wir im parlamentarischen Verfahren wohl noch ablehnen werden. Nehmen Sie solche Vorwürfe wie Wünsch-Dir-was-Liste und „Wunsch und Wolke“ zurück. Was wir machen, ist harte Arbeit. Aber dieser wollen Sie sich nicht stellen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Da Sie die Kolleginnen und Kollegen, die sich intensiv um ihre Wahlkreise kümmern, diffamiert und behauptet haben, sie versuchten nur, ihre Schäfchen für den Wahlkreis ins Trockene zu bringen: Es ist meine Aufgabe als direkt gewählter Abgeordneter, hier im Deutschen Bundestag auch die Interessen meines Wahlkreises zu vertreten. Das machen alle Kolleginnen und Kollegen für Ihre Wahlkreise genauso. Für Sie hat das wohl keine große Bedeutung.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das Ganze im Blick zu behalten! Das ist Ihre Aufgabe!)
Ich hatte die Möglichkeit, an der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2003 mitzuwirken. Vielleicht lassen Sie Ihrem Kollegen Albert Schmidt, der damals Ihr verkehrspolitischer Sprecher war, Ihre Rede zukommen, in der Sie seine Arbeit so diskreditieren.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerne!)
Ich bin Ihnen aber auch dankbar. Wenn die Opposition umfangreiche Kleine Anfragen stellt, dann antwortet die Regierung auch umfangreich.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nicht!)
– Doch. – Schauen Sie einmal auf die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage zur Gesamtbilanz des Bundesverkehrswegeplanes 2003. Dort finden Sie auf Seite 67 die Längenentwicklung. Was haben wir vom Bundesverkehrswegeplan bis 2014 abgearbeitet? 66 Prozent beim Autobahnausbau, 50 Prozent bei den Erweiterungen und nur 36 Prozent bei den Bundesstraßen. Sie haben übrigens überwiegend nach Straßen gefragt. Die Schiene und die Wasserstraßen waren Ihnen in Ihrer Kleinen Anfrage nicht so wichtig.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist ja auch nichts drin im BVWP!)
Wenn Sie sich erinnern, dass wir damals bei der Straße 20 Prozent und bei der Schiene sogar ein Drittel als Planungsreserve hatten, dann müssen Sie zugeben, dass wir in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet haben,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nicht!)
trotz aller Schwierigkeiten und Defizite, die vorhanden sind. Es wurde schon mehrfach in diesem Haus darauf hingewiesen: Auch in der Vergangenheit stellte sich nicht immer die Frage des Geldes. Wenn die Länder sich zu Recht beklagten, gab es ein Sonderprogramm; dann wieder wurden die Mittel gestrichen. Ich glaube, eine der Aufgaben, die wir gut gelöst haben, war es, für einen kontinuierlichen, verlässlichen Anstieg der Verkehrsinvestitionen zu sorgen. Damit können die Länder vernünftiger umgehen, als es in der Vergangenheit der Fall war.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir müssen wichtige Aufgaben für die Zukunft besser bearbeiten, als es in der Vergangenheit passiert ist. 2003 hat zum Beispiel der Schienenlärm nicht die Rolle wie heute gespielt. In der letzten Wahlperiode haben wir den Schienenbonus abgeschafft. Das war ein großer Erfolg. Wir haben die Mittel stark erhöht.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Mittel fließen nicht ab!)
Der Schienenlärm ist eines der wichtigen Themen – das sage ich in Richtung der Linken und Grünen –, bei denen wir für Akzeptanz sorgen müssen, indem wir uns richtig einsetzen.
(Beifall bei der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss erstmal den Mittelabfluss organisieren!)
Wir können nicht nur Investitionen in die Schiene fordern, sondern müssen uns richtig dafür engagieren. Als Rheinland-Pfälzer hat man da Interessen, zum Beispiel was das Mittelrheintal angeht. Ich sehe, Kollege Sebastian Hartmann nickt mir zu. Mit dem Rhein-Sieg-Kreis gibt es gemeinsame Interessen, auch mit Baden-Württemberg, Annette Sawade. Eigentlich ist es im ganzen Land dringend notwendig, dass wir etwas tun.
(Beifall bei der SPD)
Das machen wir mit diesem Haushalt. Wir werden das umsetzen. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Norbert Brackmann ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7000310 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |