09.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 188 / Einzelplan 16

Christian HirteCDU/CSU - Umwelt Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf ganz herzlich auch die Besucher auf der Tribüne begrüßen, vor allem die kleine Delegation aus Tiefenort.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man die Debatten dieser Woche, die Überschriften in den Gazetten verfolgt, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass in dieser Haushaltswoche die Hauptthemen die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern oder die Flüchtlingskrise seien. Man konnte hören, wie verheerend die letzten zwölf Monate waren und was alles mit der Flüchtlingskrise zerbrochen sei: das Vertrauen der Menschen zur Politik, die guten Sitten der Gesellschaft, das respektvolle Miteinander. Es ist fast zum Sport geworden, unsere Gesellschaft und auch die Politik in ein schlechtes Licht zu rücken. Deswegen will ich die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle ganz klar zu sagen: Auch die letzten zwölf Monate waren gute zwölf Monate für Deutschland, jedenfalls, wenn man zugrunde legt, was vielleicht das Wichtigste ist, nämlich der Wohlstand und die soziale Sicherheit der Bürger in unserem Land. Es geht der Wirtschaft und den Bürgern in diesem Jahr besser als im letzten Jahr. Genau das schlägt sich natürlich auch im Haushalt nieder, den wir heute in erster Lesung beraten.

Kollege Haase hat schon darauf hingewiesen: Wir haben erneut eine schwarze Null, einen ausgeglichen Haushalt. Wir sind in der Lage, zu investieren – mehr als in den vergangenen Jahren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir können stolz darauf sein, dass wir das gemeinsam in dieser Weise erreicht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])

Ich denke, wir können froh und stolz sein, dass wir die großen Herausforderungen, vor denen wir aktuell stehen, angesichts der robusten Haushaltssituation meistern können, dass wir eben nicht zusätzlich noch Massenarbeitslosigkeit oder eine überspannte Haushaltssituation – Steuerausfälle und Ähnliches – haben. Ich jedenfalls bin auch froh und glücklich, dass sich die harte Arbeit der Menschen und eben auch der Politik in den letzten Jahren auszahlt und wir heute wieder Spielräume haben, wie wir sie in den vergangenen Jahren nicht hatten. Wir müssen Schwerpunkte setzen, aber wir können das eben auch.

Bei aller Mühsal, die manchmal die Arbeit auch innerhalb der Koalition mit sich bringt, muss man doch sagen, dass wir das, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum großen Teil gemeinsam erreicht haben. Wenn wir heute den Etat für Bau, Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beraten, sehen wir, dass wir einen deutlichen Aufwuchs haben – so wie im Übrigen in allen anderen Etats auch. Das ist ein Zeichen der Stärke unseres Landes und auch unserer Gesellschaft.

Ja, das Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern hat auch mich betrübt. Aber die meisten Wähler, die sich der AfD zuwendeten, taten das nicht in Ansehung des Wahlprogramms – das haben die meisten wahrscheinlich gar nicht gelesen –, sondern eher aus dem unterschwelligen Gefühl heraus, gegen die Globalisierung und die Flüchtlingsfolgen ein Zeichen setzen zu wollen. Sie wollen nicht akzeptieren, dass Staaten und Völker weitgehend macht- und wehrlos den unsichtbaren Mächten der Globalisierung ausgeliefert zu sein scheinen, die ihnen, gleichsam als Preis für billige chinesische Handys, Flüchtlingsströme aus allen Armuts- und Kriegsgebieten der Welt bis vor die Haustür spülen.

Die ganze Debatte um die Flüchtlingskrise führt dazu, dass die wahre Brisanz vielen unklar bleibt. Wenn es um Flüchtlinge geht, denken die meisten an Krieg und Terror. Doch weit mehr Menschen werden von Dürren, Fluten oder Stürmen vertrieben. Auch wenn es in letzter Zeit schon fast verzweifelt klingen mag, dass man Fluchtursachen bekämpfen müsse – nichtsdestotrotz ist es die Wahrheit. Es die einzige Möglichkeit, die hässlichen Begleiterscheinungen der Globalisierung und auch des Klimawandels anzugehen. „ Bekämpfung der Fluchtursachen und Stabilisierung der Nachbarländer“ war übrigens der erste Punkt des von unserer gemeinsamen Koalition verabschiedeten Flüchtlingspaketes.

Was einleuchtend klingt, ist in der Realität häufig mühsam und auch schwierig umzusetzen. Das Auswärtige Amt und auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung arbeiten schon lange hart an dem Flüchtlingsthema, häufig, ohne dafür in der Öffentlichkeit besonderen Applaus bekommen zu haben. Dass es seit vielen Jahren auch eine „Internationale Klimaschutzinitiative“ des BMUB gibt, werden wahrscheinlich nur ganz wenige Eingeweihte wissen. Aber auch sie leistet einen ganz wichtigen strategischen Beitrag dazu, Flüchtlingsströme zu vermeiden und gezielt an deren Ursachen anzusetzen.

Mit der Klimaschutzinitiative der Bundesregierung werden Projekte unterstützt, die helfen sollen, den globalen Treibhauseffekt zu begrenzen und Menschen dazu zu befähigen, mit den Folgen des Klimawandels besser zurechtzukommen. Zwar gab es Wetterextreme zu allen Zeiten, doch sind sich die Forscher weitgehend einig, dass die Erderwärmung Hitzerekorde, lange Dürren, heftige Regenfälle und Stürme häufiger werden lässt. Im Schnitt der vergangenen acht Jahre vertrieben Naturkatastrophen mehr als 20 Millionen Menschen jährlich aus ihrer Heimat. Allein 2015 traf es 19,2 Millionen Menschen weltweit. Vor Krieg und Gewalt flohen im letzten Jahr circa 8,6 Millionen Menschen. Ich denke, allein diese Zahlen sprechen schon für sich. Die erneute Erhöhung der Mittel für die Internationale Klimaschutzinitiative

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind ja nicht erhöht! Das ist ja das Problem! Sie führen richtig aus, dass die erhöht werden müssen, aber sie sind nicht erhöht! Eine Verschiebung im Haushalt!)

im Haushalt der BMUB beträgt knapp 50 Millionen Euro; ich glaube, das tut auch not.

Selbstverständlich werden wir in Deutschland unseren internationalen Verpflichtungen, die wir auch in der Klimaschutzkonferenz in Paris eingegangen sind, nachkommen. Wie auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten werden wir in Deutschland weiterhin unserer Führungsrolle und Verantwortung im internationalen Klimaschutz nachkommen. Gut, dass jetzt auch Länder wie China und die USA auf diesem gemeinsamen Weg mit unterwegs sind und gerade in der vergangenen Woche das Klimaschutzabkommen von Paris ratifiziert haben. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dass wir die Investitionen in den nächsten Jahren weiter verstärken müssen, daran kann kein Zweifel bestehen. Wir müssen dafür aber auch mehr privates Kapital mobilisieren. Der von der IKI finanzierte globale Klimaschutzfonds ist zum Beispiel ein Mittel dafür. Der Fonds fördert vorrangig Geschäftsbanken und auch Nichtbanken-Finanzinstitute wie Leasinggesellschaften in den Zielländern. Deren Aufgabe ist es, Investitionen für kleine und mittlere Unternehmen sowie Privatleute in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Maßnahmen zur Treibhausgasvermeidung zu ermöglichen. Hier handelt es sich um einen revolvierenden Fonds, dessen Kapital durch die Kreditrückzahlung wieder aufgestockt wird. Solchen zusätzlichen Finanzierungsinstrumenten sollte mehr Beachtung geschenkt werden, da sie eine sich selbst tragende Finanzierungsstruktur beinhalten und das öffentliche Kapital als Risikopuffer für private Investitionen dienen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])

Was den nationalen Klimaschutz betrifft, sind wir gut aufgestellt. Die Nationale Klimaschutzinitiative leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der nationalen Ziele. Sie fördert und initiiert Projekte, die zur Senkung der Treibhausgasemissionen beitragen. Innovative Konzepte werden erprobt, weiterentwickelt und in die Breite getragen. Ebenso werden innovative Modellprojekte für den Klimaschutz vorangebracht. Die Bundesregierung hat sich – es ist schon angesprochen worden – das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu senken. Dafür sind in der Tat gewaltige Anstrengungen notwendig, bei denen jeder Sektor, ganz gleich, ob Industrie, Verkehr oder auch Privathaushalte, seinen Anteil erbringen muss.

Über den Weg dahin kann man natürlich trefflich streiten; auch das ist heute schon deutlich geworden. Meine Fraktion ist der festen Überzeugung, dass in einer sozialen Marktwirtschaft auch und gerade der Markt besonders berücksichtigt werden muss und man sich nicht allein auf das Ordnungsrecht berufen kann. Dass man sich zum Teil auf das Ordnungsrecht beruft, ohne die Chancen von sozialer Marktwirtschaft mit den Klimaschutzzielen in Einklang bringen zu wollen, halten wir für hochpro­blematisch.

In der Gesamtstrategie müssen wir also darauf achten, Markt, Innovation und Wettbewerb in den Blick zu nehmen. Wer, wie im BMUB erfolgt, quasi einen Blick in die Glaskugel werfen will, um zu schauen, wie im Jahr 2050 vernünftige technologische Möglichkeiten aussehen könnten, der verkennt, glaube ich, dass die technologischen Fortschritte erstens sehr viel schneller sind, als wir alle das erwarten, und zweitens in einer Weise erfolgen, wie wir sie aus heutiger Sicht überhaupt nicht abschätzen können. Bill Gates hat sicherlich vor 20 Jahren überhaupt nicht erwartet und abschätzen können, wie sich zum Beispiel das Internet bis heute entwickelt. Trotzdem „zimmert“ das BMUB schon jetzt eine Zukunftsvision für das Jahr 2050. Ich glaube, das ist problematisch.

Sehr geehrte Frau Ministerin, so wie es der Kollege Groß gerade schon in einem anderen Bereich angesprochen hat, gilt auch hier: Bleiben Sie technologieoffen! Wir haben uns auf Ziele verständigt, aber wir müssen technologisch offen bleiben, wie wir diese Ziele erreichen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dazu wollen wir als Union gern unseren Beitrag leisten.

Ich freue mich auf die kommenden Haushaltsberatungen und auf die weiteren guten Ergebnisse, die wir ganz sicher erzielen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])

Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen mir nicht vor.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7000508
Wahlperiode 18
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Umwelt Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
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