21.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 189 / Zusatzpunkt 1

Rainer SpieringSPD - Aktuelle Stunde zu der geplanten Fusion der Bayer AG und Monsanto

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorab, weil es hier wieder ein bisschen durchklang: Ich glaube, auch bei dieser Frage könnten wir uns mit Kriegsrhetorik ein bisschen zurückhalten.

Zur Sache. Wenn man sich anschaut, wer an dem Deal beteiligt ist, dann findet man mehrere Finanzgruppen: BlackRock, Vanguard, Capital Group. Ich finde es schon spannend, an dem bisschen, das man jetzt googeln konnte, zu sehen, wer an dem Geschäft beteiligt ist. Und zwar handelt es sich um ein Geschäft, das auf beiden Seiten von Finanzgruppen gemacht worden ist. Dieselben Finanzgruppen, die bei Monsanto beteiligt sind, sind also auch bei Bayer beteiligt. Ich finde, es ist eine ganz spannende Frage, ob es an der Kartellbehörde ohne Weiteres vorbeigeht, dass diese großen Finanzblöcke das quasi im Einvernehmen entschieden haben.

(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Ich glaube nicht!)

Das finde ich ganz spannend; das wollen wir mal in aller Ruhe abwarten.

Mich treibt etwas ganz anderes um. Ich habe es mit der Überschrift beschrieben: Jetzt ist der Fuchs im Hühnerstall. – Ich habe hier mehrere Reden zum Thema Smart Farming und zu der Frage gehalten, wer die Macht über die Daten hat. Ich habe auch mehrfach das Ministerium darum gebeten, sich intensiv darum zu kümmern und dafür Sorge zu tragen, dass in Deutschland eine IT-Plattform für die Nachverfolgung landwirtschaftlicher Produkte eingerichtet wird. Wir haben das partiell im Zusammenhang mit der Hoftorbilanz besprochen, die wir in eine IT-Plattform einfließen lassen wollen, damit wir Stoffströme kontrollieren und nachverfolgen können. Es kann sein, dass wir das alles gar nicht mehr brauchen. Wir bekommen nämlich mit Monsanto eine der Datenkraken der Welt mitten ins Haus. Damit haben wir einen Konzern, der Daten in einer Größenordnung wie Google und Microsoft verarbeitet, und zwar mit amerikanischem Know-how und auch mit amerikanischem Geschäftsgebaren mitten in unserem relativ friedfertigen Europa. Damit sind wir mitten in unserer Diskussion über die Frage, wie wir Datensicherheit beurteilen und wie wir mit Daten umgehen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahrscheinlich Dobrindts digitale Strategie für Deutschland!)

Es wird sehr spannend, ob es uns gelingt, mit der Datenkrake Monsanto nach unseren Spielregeln umzugehen. Ich habe da, in der Tat, große Zweifel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In der Literatur heißt es, Cato der Ältere habe immer gesagt: Und im Übrigen sollten wir an Karthago denken. – In abgewandelter Form werde ich hier immer sagen: Und im Übrigen sollten wir an eine gemeinsame IT-Plattform denken. – Wir werden das aber nur hinbekommen, wenn wir die IT-Plattform, die in Deutschland zu entwickeln ist, mit Geld des Bundes unterstützen. Wenn wir das nicht tun, dann besteht die Gefahr, dass all diejenigen, die in Deutschland wirtschaftlich tätig sind, in die Abhängigkeit eines einzelnen großen Konzerns und dessen Datenmacht geraten, und das möchte ich in diesem Land nicht erleben; denn das wäre zu unser aller Schaden.

Kollege Ebner hat die Saatzucht angesprochen. Wer sich ein bisschen mit diesem Thema auseinandergesetzt hat, weiß, dass es noch andere Zuchtbetriebe gibt. Wir haben uns Wesjohann angeschaut, eine Sparte von ­Wiesenhof. Die sind mittlerweile in der Lage, übrigens ohne Genveränderung, in atemberaubender Geschwindigkeit zu züchten, und zwar mit IT.

Wenn ich das, was Monsanto leisten kann, jetzt mit den Möglichkeiten vergleiche, die in Deutschland bereits zur Verfügung stehen, dann stelle ich fest: Wir müssen vonseiten des Staates alles Mögliche tun, um unsere Wirtschaft, unsere Landmaschinentechnologie und unsere IT vor Einflüssen von außen zu schützen, um unsere Standards zu sichern. Das können wir nur mit Staatsgeld, weil die Firmen in diesem Bereich völlig überfordert sind – wir werden vermutlich einen Antrag vorlegen, der in diese Richtung geht –, und wir sollten auch in der Diskussion über Datensicherheit trefflich aufpassen, dass es bei uns zu keiner Unsicherheit kommt in einem Ausmaß, das wir uns bisher nicht vorstellen konnten.

Wir werden uns mithilfe des Ministeriums, so hoffe ich, darum bemühen, etwas zu schaffen, was unseren Vorstellungen von der Zukunft einer vernünftigen Landwirtschaft entspricht, was unserer Vorstellung von sicheren Datenströmen entspricht, was unseren Sicherheitsbedürfnissen und unseren Standards entspricht. Ich glaube, die große Gefahr bei der Übernahme von Monsanto durch Bayer ist die Macht über die Daten, und die Macht über die Daten ist am Ende des Tages entscheidend, wenn es darum geht, wer wann was wo und zu welchen Bedingungen produziert. Ich kann uns alle nur dringend auffordern, das im Blick zu behalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Hermann Färber.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7006077
Wahlperiode 18
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu der geplanten Fusion der Bayer AG und Monsanto
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