Hermann FärberCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu der geplanten Fusion der Bayer AG und Monsanto
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Zuschauertribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den wirtschaftlichen Aspekten der Übernahme von Monsanto durch Bayer ist heute schon vieles gesagt worden. Ich will mich auf die konkreten Auswirkungen auf die Landwirtschaft in Deutschland beschränken, und da sehe ich bei dieser Fusion, bei dieser Übernahme durchaus zwei Seiten.
Die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland steht heute schon einer kartellrechtlich bedenklichen Konzentration von wenigen großen Lebensmittelketten gegenüber.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)
Diese Lebensmittelketten nutzen ihre Marktmacht ohne Rücksicht aus. Genau deshalb war die Ministererlaubnis von Wirtschaftsminister Gabriel bei der Edeka-Tengelmann-Fusion so falsch,
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und zwar völlig unabhängig von der Verfahrensweise. Wenn ich mir Ihre Reden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, heute so anhöre, dann fällt mir auf, dass sie einfach nicht mit der Erteilung der Ministererlaubnis zusammenpassen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie müssen jetzt Monsanto/Bayer kritisieren, sonst passt das auch nicht!)
Es kann nicht im Interesse der bäuerlichen Landwirte sein, eine ähnliche Konzentration und damit eine Verschiebung der Marktmacht zusätzlich aufseiten der Lieferanten zu haben, zum Beispiel im Bereich Pflanzenschutz, Dünger und Saatgut. Damit gerät die immer noch sehr kleinteilige deutsche Landwirtschaft immer mehr zwischen zwei große Mühlsteine. Deshalb erwarte ich von den europäischen Kartellbehörden eine sorgfältige Beachtung dieser besonderen Wirtschaftsstruktur in der Landwirtschaft.
Rainer Spiering, wir müssen uns nicht gegenseitig angreifen; denn wir sind uns in vielen Dingen einig.
(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Was?)
77 Prozent der Aktien von Bayer sind im Streubesitz. Es ist nicht so, dass es sich um wenige große Aktionäre handelt. Man muss sich auch einmal den Bereich der Landtechnik anschauen: Auch die Landtechnikanbieter sind mittlerweile alle in großen, globalen Konzernen aufgegangen. Ich kann nur sagen: Kleine, regionale Firmen, die einmal Weltmarktführer waren und sich dieser Entwicklung total verschlossen haben, gibt es heute nicht mehr.
Über einen Punkt müssen wir vielleicht noch sprechen: über die Datensicherheit, die Datenvernetzung und die Datenverteilung. Deine berechtigten Bedenken müssen wir bei der Hoftorbilanz berücksichtigen.
(Rainer Spiering [SPD]: Einverstanden!)
Beim größten und populärsten Thema – Glyphosat – ist die Gefahr einer Monopolbildung übrigens am geringsten. Beim Glyphosat gibt es nämlich anders, als man das heute schon hörte, weltweit 90 Anbieter, allein in China über 50. In diesem Bereich ist der Wettbewerb also wirklich gesichert. Das Patent, das Monsanto ursprünglich einmal auf dieses Produkt hatte, ist, je nach Land, vor 10 bis 15 Jahren ausgelaufen. Überhaupt habe ich manchmal den Eindruck, dass sich viel Kritik an dieser Übernahme, an dieser Fusion nur damit erklären lässt, dass manche NGOs Angst haben, dass ihre Kampagnen gegen Monsanto künftig ins Leere laufen könnten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr sachliche Argumente!)
Es gibt – jetzt wird es wieder sachlicher – aber auch noch eine andere Seite der Fusion, über die man sich wirklich Gedanken machen muss. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Angebot an zugelassenen Wirkstoffen für den Pflanzenschutz in Europa von einst über 1 000 auf mittlerweile nur noch rund 400 verringert. Grund dafür sind stetig steigende Standards zum Schutz von Umwelt und Gesundheit. Das ist gut und richtig, und das will auch gar niemand ändern.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Bayer will das ändern!)
Aber für viele Bereiche stehen heute kaum noch genügend Wirkstoffe für ein gutes Resistenzmanagement zur Verfügung. Wir sind also dringend darauf angewiesen, dass diese Firmen etwas Neues entwickeln.
(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
An dieser Stelle muss man einräumen, dass die immer höheren Standards bei der Zulassung, die wir alle wollen und alle für richtig halten, auch einen nichtwillkommenen Nebeneffekt haben: Gerade kleinere Unternehmen können die Kosten für den Zulassungsprozess kaum noch stemmen. Dieser Zusammenhang ist einfach unverkennbar.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In dieser Glyphosatdebatte ist ein erschwerender Faktor hinzugekommen: Der Zulassungsprozess wurde politisiert.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der war immer politisch! Vom ersten Tag an!)
Mit dieser Politisierung des Zulassungsprozesses nimmt auch die Willkürlichkeit von Entscheidungen zu. Seit Sommer 2016 ist klar: Ein Unternehmen kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass ein Wirkstoff, den alle zuständigen Bewertungsbehörden in der EU als zulassungsfähig eingestuft haben, tatsächlich zugelassen wird. Damit haben wir für die Unternehmen eine Risikosituation geschaffen, die nur extrem breit aufgestellte Unternehmen überhaupt abfedern können. Ich bin in keiner Weise dafür, dass wir irgendwelche Standards absenken; aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir die Unternehmen faktisch dazu zwingen, immer größer zu werden, weil sie dieses Risiko nur so stemmen können.
Woran wir etwas tun könnten und tun sollten, ist, die Rechtssicherheit von Zulassungsprozessen wieder zu erhöhen.
(Zuruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Diesbezüglich bitte ich ausdrücklich auch die Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuss um Unterstützung. Wenn wir hier weiterkämen, wäre für den Umweltschutz, den Verbraucherschutz und die Gesundheit der Menschen in Deutschland deutlich mehr getan als durch eine kampagnengeleitete Verteufelung einzelner Unternehmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist jetzt der Kollege Alois Gerig, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
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Electoral Period | 18 |
Session | 189 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde zu der geplanten Fusion der Bayer AG und Monsanto |