22.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 190 / Tagesordnungspunkt 4

Sören BartolSPD - Bundesverkehrswegeplan 2030

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Koalitionsvertrag eine Reformagenda für die Verkehrspolitik vereinbart, die auf drei Säulen beruht.

Erstens wollen wir zusätzliche Mittel für die Investitionen in den Erhalt und den Aus- und Neubau der Verkehrswege mobilisieren,

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht zu erkennen!)

und zwar durch die zusätzlichen Steuer- und Mauteinnahmen. Die Ausdehnung der Lkw-Maut ist dabei der wichtigste Schritt. Den Entwurf des dafür notwendigen Gesetzes werden wir heute ebenfalls in den Deutschen Bundestag einbringen. Hier geht es um die Frage: Wie finanzieren wir unsere Investitionen?

Zweitens wird künftig nach klaren und ehrlichen Kriterien entschieden, in welche Verkehrsprojekte investiert wird. Dazu ist ein neuer Bundesverkehrswegeplan 2030 erarbeitet worden, mit dem ein neues Priorisierungskonzept umgesetzt wird. Dazu liegen uns die Entwürfe der Ausbaugesetze vor, deren Beratung wir heute im Bundestag beginnen. Hier geht es um die Frage: Wo investieren wir in die Bundesverkehrswege?

Drittens wollen wir die Art, wie der Bund investiert, reformieren. Das haben wir bei der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für den Erhalt der Schiene mit der Deutschen Bahn bereits umgesetzt. Darüber hinaus haben wir die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung reformiert und neu justiert. Bei der Reform der Auftragsverwaltung bei der Straße sind wir mitten in der Diskussion. Hier geht es um die Frage: Wie organisieren wir unsere Investitionen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD hat bereits in der letzten Legislaturperiode mit dem Projekt Infrastrukturkonsens 2020 Eckpunkte für eine neue Priorisierungsstrategie für die Bundesverkehrswege vorgelegt. Für uns ist klar: Ohne eine klare, transparente Festlegung, wo wir aus welchen Gründen investieren wollen, werden wir die Akzeptanz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die hohen Investitionssummen nicht erhalten.

Nach der Bundestagswahl haben wir uns mit der CDU/CSU im Koalitionsvertrag auf eine neue Strategie geeinigt. Mit unserem Entschließungsantrag zur Pkw-Maut im Deutschen Bundestag haben die Koalitionsfraktionen ihren festen Willen bekräftigt, dieses auch umzusetzen.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Ihren festen Willen bekräftigt“! Das ist schön!)

Außerdem waren wir uns einig, dass ein moderner Plan eine neue Form der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger braucht. Daher hat das Bundesverkehrsministerium die größte Bürgerbeteiligung durchgeführt, die es je bei einem Bundesverkehrswegeplan gegeben hat. In einem umfassenden Prozess konnten die Bürgerinnen und Bürger zur ersten Grundkonzeption Stellung nehmen. Bei den Schienenwegen konnten sie eigenständige Vorschläge einreichen. Zu guter Letzt lag der erste Entwurf des Planes sechs Wochen in ganz Deutschland aus und konnte kommentiert werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben Kurs gehalten, obwohl viele vermutet haben, dass wir das als SPD mit einem bayerischen Bundesverkehrsminister niemals hinbekommen werden. Heute ist klar: Die Koalition hat zusammen mit dem Bundesverkehrsminister etwas verdammt Gutes erreicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wenn ihr euch etwas Mühe gebt, geht das schon!)

Selbst der grüne Landesverkehrsminister Winfried Hermann aus Baden-Württemberg schreibt in seiner Stellungnahme an den Bundesverkehrsminister – ich zitiere jetzt –:

Das Land Baden-Württemberg begrüßt die Erstellung des BVWP-Entwurfs 2030.

(Gustav Herzog [SPD]: Hört! Hört!)

… Ich freue mich, dass ein Großteil der angemeldeten Projekte, insbesondere im Straßen- und Wasserstraßenbereich, mit hoher Dringlichkeit eingestuft wurde.

(Gustav Herzog [SPD]: So was schreibt der grüne Verkehrsminister!)

Ebenso bewerte ich den gesetzten Schwerpunkt auf die Erhaltung positiv. … Diese Erhöhung ist die notwendige Antwort auf die Herausforderungen in Deutschland …

Recht hat er.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Der neue Bundesverkehrswegeplan ist ehrlich, realistisch und klug. Er zeigt, wie moderne Planung von Infrastrukturprojekten im Herzen Europas funktioniert. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie sollten sich dem Urteil Ihres grünen Kollegen einfach anschließen und anerkennen, dass uns an dieser Stelle wirklich etwas gelungen ist.

Der neue Bundesverkehrswegeplan 2030 zeigt den großen Investitionsbedarf beim Erhalt und Ausbau der Verkehrswege in den nächsten 15 Jahren. Dabei legt der Bund fest, was wichtig ist und was nicht. Eine vom Bundesverkehrsminister in Auftrag gegebene Verkehrsprognose geht davon aus, dass die Verkehrsleistung im Personenverkehr bis 2030 um über 12 Prozent gegenüber 2010 ansteigen wird, im Güterverkehr sogar um fast 40 Prozent.

(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist keine Leistung!)

Dabei werden wir nicht einfach dem Verkehrswachstum hinterherbauen. Der neue Plan ist ehrlich, weil er klar sagt, welche Projekte in den kommenden Jahren eine Chance auf Realisierung haben. Dafür sind alle Projekte, bei denen der Bagger noch nicht gerollt war, neu bewertet worden. Dabei sind auch Projekte von der Prioritätenliste genommen worden, deren Planung schon weit fortgeschritten war, wenn ihr Nutzen nicht mehr gegeben war.

Wir planen und bauen nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach dem realen Bedarf. Es wird kein Bauen nach Proporz mehr geben. Die Länderquote ist abgeschafft. Davon profitieren insbesondere die Länder, in denen der Verkehr wirklich stattfindet und die Leute tagtäglich im Stau stehen.

Der Plan ist realistisch, weil er von einem ehrlich gerechneten Finanzrahmen für die kommenden 15 Jahre ausgeht. Das „Wünsch’ dir was“, das auch gleich wieder in Ihren Reden kommt, gehört endgültig der Vergangenheit an.

(Gustav Herzog [SPD]: Sehr richtig!)

Der neue Plan ist klug, weil er die Verkehrsträger eben nicht gegeneinander ausspielt, er dem Prinzip „Erhalt vor Neubau“ folgt und überregionale, großräumig bedeutsame Projekte und Lückenschlüsse Vorfahrt haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir werden den Rekordanteil von 69 Prozent aller Investitionsmittel in den Erhalt der bestehenden Straßen, Schienenwege und Wasserstraßen investieren. Damit fließen mehr als 140 Milliarden Euro bis 2030 in die Beseitigung von Schlaglöchern, bröckelnden Brücken sowie die Sanierung kaputter Schleusen und Langsamfahrstellen bei der Eisenbahn. Das sind Investitionen, die dringend benötigt werden. Es ist auch – da muss ich dem Bundesverkehrsminister recht geben – mehr als jemals zuvor und mehr als in dem letzten Plan, der übrigens auch von den Grünen mitbeschlossen wurde.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer war damals Verkehrsminister?)

– Ja, wir auch. Ist okay. Er ist halt besser.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Bei der Schiene werden wir neue Wege gehen. Die Zeit, in der einzelne Rennstrecken singulär ausgebaut wurden, ist vorbei. Wir denken im Gesamtnetz. Bis 2030 wollen wir im Schienenpersonenfernverkehr den Deutschlandtakt einführen. Das lange Warten an den Bahnsteigen muss der Vergangenheit angehören. Die Kundinnen und Kunden sollen optimale Möglichkeiten zum Umsteigen erhalten. So entstehen am Ende verlässliche Reiseketten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde, wir wagen damit auch im Schienenverkehr eine Mobilitätsrevolution. Den weiteren Ausbau der Schienenwege werden wir an dem gewünschten Fahrplan ausrichten. Für den Deutschlandtakt werden wir in den kommenden Jahren die entscheidenden Infrastrukturmaßnahmen planen und auch bauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte die Kritik insbesondere der Umweltverbände in vielen Punkten für unberechtigt. In einem Punkt teile ich jedoch die Unzufriedenheit. Es ist leider sehr ärgerlich, dass viele Schienenprojekte noch nicht berechnet sind. Bei aller Kritik gehört aber auch hier zur Wahrheit dazu, dass auch das in dem letzten, 2003 beschlossenen Plan nicht anders war.

Ich bin auch froh, dass nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfs jetzt noch einige Projekte nachträglich berechnet worden sind. Damit hat die Schiene gegenüber der Straße weiter gewonnen. Das hat am Ende auch zur Klarheit geführt.

Ich hoffe, dass wir bis zum Ende der parlamentarischen Beratung noch weitere Schienenprojekte berechnen können. Damit werden wir dann am Ende logischerweise auch klar priorisieren können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt beginnen die Beratungen in den Ausschüssen. Ich sage das – weil ich das schon einmal mitgemacht habe – hier einmal in aller Deutlichkeit: Ich hoffe auch auf die Vernunft und Weitsicht aller Abgeordneten in diesem Hause.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! Da bin ich gespannt!)

Der vorliegende Plan ist keine Ansammlung von Wahlkreisprojekten, und er darf das auch nicht werden. Ich respektiere natürlich, weil auch ich direkt gewählter Abgeordneter eines Wahlkreises bin, dass sich jeder Abgeordneter immer für die Projekte in seiner Region einsetzt.

Das ist klar. Deswegen sind wir – wir sind da ja auch verwurzelt – dort gewählt worden. Klar muss aber auch sein, liebe Kolleginnen und Kollegen: Als Bundespolitikerin bzw. Bundespolitiker sollten wir am Ende immer das große Ganze im Blick behalten.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre schön!)

Dazu gehört dann am Ende auch, dass wir diesen wirklich sehr guten Plan mit den klaren verkehrspolitischen Linien nach den parlamentarischen Beratungen nicht überfrachten, damit wir am Ende sagen können: Er ist genauso gut, wie er anfänglich ins Parlament hineingegangen ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Anton Hofreiter das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7006234
Wahlperiode 18
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Bundesverkehrswegeplan 2030
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