22.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 190 / Tagesordnungspunkt 5 + ZP 2

Markus PaschkeSPD - Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich etwas zum Gesetz sage, muss ich etwas zu Ihrer Rede sagen, Frau Wagenknecht.

(Zuruf von der LINKEN: Die war gut!)

Ich fand, die war unterirdisch.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Ach Quatsch, Markus!)

Das war ein Populismuswettbewerb mit der anderen Seite, die hier nichts zu suchen hat. Ich muss ehrlich sagen: So stellt die Linke auch keine Alternative dar. Es ist weit entfernt von der Realität.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Herr Kollege Paschke, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ernst zu, bevor Sie eigentlich angefangen haben?

Liebend gerne lasse ich die Zwischenfrage zu.

Gut.

(Ulli Nissen [SPD]: Darauf hast du doch gewartet, Markus, oder?)

Kollege Paschke, danke, dass Sie die Frage zulassen. Sie haben jetzt gesagt, die Rede wäre unterirdisch und populistisch gewesen.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Richtig! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Da hat er recht!)

Sie kommen ja aus der Gewerkschaft, wenn ich es richtig sehe.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Gerade deswegen hat er recht!)

Genau.

Dann können Sie ja mal erklären, was populistisch daran ist, wenn man feststellt, dass so getan wird, als ob das Gesetz für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit sorgt, obwohl es den beschäftigten Leiharbeiternehmerinnen und Leiharbeitnehmern den gleichen Lohn letztlich erst nach neun Monaten zugesteht und man weiß, dass drei Viertel vorher ausscheiden. Es ist doch populistisch, wenn man sagt, das Gesetz wirke, obwohl es in der Realität überhaupt nicht wirkt, Herr Paschke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt möchte ich eine zweite Antwort von Ihnen. Es ist von der sozialdemokratischen Ministerin gesagt worden, dass die Gewerkschaften durch ein Gesetz gestärkt werden. Jetzt kommen wir beide aus der Gewerkschaft. Ich habe Tarifverträge immer so verstanden: Sie sollen letztendlich dazu beitragen, dass ein Rechtszustand für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert wird. Aber mit den Regelungen, die Sie in dieses Gesetz gießen, sorgen Sie dafür, dass der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ab neun Monaten nach unten korrigiert werden kann. Das heißt, mit Tarifvertrag gibt es weniger als ohne Tarifvertrag. Glauben Sie, dass das ein Anreiz für mehr Tarifautonomie ist? Ich sage Ihnen: Ihr Vorschlag ist Populismus; denn Sie sagen zwar, dass Sie die Gewerkschaften stärken wollen, aber letztendlich entwerten Sie Tarifverträge.

(Beifall bei der LINKEN)

Kollege Ernst, ich versuche einmal, die Fragen zusammenzufassen. Klar ist: Es gibt Probleme. Aber es wird schwierig, wenn man einen sehr eingeschränkten Blickwinkel auf bestimmte Probleme hat. Wir haben gesagt: Wir werden mit dem Gesetz den Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen bekämpfen, und genau das tun wir auch. Darauf werde ich gleich genauer eingehen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wo? Wo? Wo?)

Ich komme aus der Gewerkschaftsbewegung. Deswegen weiß ich, dass das Bild ein bisschen bunter ist, als Sie es hier darstellen, und dass die Kolleginnen und Kollegen, die als Leiharbeiter beschäftigt sind, von uns erwarten, dass wir sie schützen,

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ja, dann tut es doch!)

dass wir sie aber nicht schlachten und ihnen den Arbeitsplatz wegnehmen, wie das bei Ihrem Vorschlag der Fall wäre.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: „Neun Monate“ war meine konkrete Frage! Was ist mit den neun Monaten? – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Bei der Berichterstatterrunde hat sich das bei Ihnen anders angehört! Donnerwetter!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen bessere Regelungen bei der Leiharbeit und bei Werkverträgen, und wir wollen den Missbrauch beenden, und dazu ist der vorliegende Gesetzentwurf ein guter Schritt. Der Gesetzentwurf enthält – das ist mir sehr wichtig – das klare Verbot, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen. An diesem Punkt wird die Tarifautonomie gestärkt. Tarifautonomie heißt nämlich, dass beide Partner annähernd gleiche Durchsetzungschancen haben. Dann kommen gute Tarifverträge heraus, und das nützt den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern.

(Beifall bei der SPD – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Bei Ihnen gibt es mit Tarifvertrag weniger! Das ist der Punkt!)

Bisher ist die gesetzliche Regelung so, dass den Leiharbeitern die Entscheidung überlassen bleibt, ob sie die Arbeitsaufnahme verweigern. Damit wurde die Entscheidung für oder gegen einen Streik auf die schwächsten Schultern gepackt, nämlich auf die Schultern der Leiharbeitnehmer. Das wird zukünftig anders sein. Wir haben uns für ein klares Verbot, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen, entschieden. Damit haben wir für einen großen Bereich des Missbrauchs, so wie das bei der Post, bei KiK, bei Amazon und bei vielen anderen der Fall war, die Tore geschlossen.

(Beifall bei der SPD)

Ein zweiter Punkt, der ganz wichtig ist. Jetzt heißt es entweder – oder: entweder Werkverträge oder Leiharbeit. Das ist nämlich auch – das ignorieren Sie hier völlig – einer der Bereiche, in denen am häufigsten Missbrauch betrieben wurde.

(Beifall des Abg. Willi Brase [SPD])

Auch dieser Bereich ist zukünftig dicht. Man muss sich entscheiden, was man macht, und wenn man sich entschieden hat, dann muss man mit den Konsequenzen leben.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau! Konsequenzen!)

Ein weiterer Punkt, der damit zusammenhängt, ist, dass Missbrauch sehr viel stärker bestraft werden wird. Es sind wesentlich höhere Bußgelder vorgesehen. Das schärfste Schwert, das wir einführen, ist, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber oder Entleiher zustande kommt. Das sind wichtige und gute Regelungen im vorliegenden Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als Gewerkschafter finde ich, dass es ganz entscheidend ist, dass wir die Informationsrechte des Betriebsrats stärken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist ein wesentlicher Punkt, um nachzuvollziehen: Läuft es richtig oder nicht? Um das beurteilen zu können, muss ich wissen, was im Betrieb läuft. Diese Möglichkeit geben wir jetzt den Betriebsräten.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ein Anrecht hast du nicht!)

Mein Wunsch für die weiteren Verhandlungen ist, dass wir die Fähigkeit, die Informationspflichten durchzusetzen, deutlich schärfen.

(Beifall bei der SPD – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)

Der vorliegende Gesetzentwurf hat das Ziel, den Missbrauch in der Leiharbeit zu bekämpfen. Das haben wir von vornherein gesagt, und das wird – das kann man, glaube ich, guten Gewissens so sagen – auch eingehalten. Wesentliche Bereiche, in denen mit Leiharbeit und Werkverträgen Missbrauch betrieben wird, werden dichtgemacht.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist das alles ein Kompromiss. Jeder Kompromiss hat zur Folge, dass man noch weitere Verbesserungswünsche hat. Ich halte es zum Beispiel für wichtig, dass man noch einmal darüber nachdenkt, ab wann die Frist für die Equal-Pay-Regelung laufen soll. Ich finde es nicht gerecht, wenn sie erst am 1. Januar 2017 beginnt. Die Menschen, die in diesem Bereich bereits arbeiten, verstehen nicht, warum sie weitere neun Monate ohne Anspruch auf Equal Pay arbeiten sollen. Da haben wir noch eine Gerechtigkeitslücke, die wir im laufenden Verfahren schließen müssen. Auch über ein paar andere Sachen werden wir noch reden.

Zusammenfassend kann man aber, glaube ich, sagen: Das ist ein guter Schritt auf dem Weg zum Ziel. Das Ziel ist noch nicht erreicht – das hat auch keiner von uns behauptet –,

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Doch!)

es ist ein guter Gesetzentwurf.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Wenn wir Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt haben wollen, muss das einhergehen mit gutem Lohn und Sicherheit für die Arbeitnehmer. Das ist das, was wir Sozialdemokraten wollen. Dieses Ziel werden wir weiterverfolgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Albert Stegemann von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7006263
Wahlperiode 18
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
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