Katharina DrögeDIE GRÜNEN - CETA-Abkommen
Genau. Ich könnte jetzt über mein Lastenfahrrad sprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte meine Rede mit einem Dank beginnen. Herr Fuchs, es mag Sie überraschen, aber dieser Dank geht an Sie. Denn nach Ihrer Rede sind, finde ich, die Fronten im Bundestag heute klar. Sie haben klargemacht, worum es heute geht: Sie als Union und Sie als SPD werden Ja sagen zu CETA – ohne Wenn und Aber.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Lesen bildet!)
Aus Ihrer Rede wird klar: Sie werden Ja sagen zu einem schlechten Abkommen, zu einem Abkommen, das das Vorsorgeprinzip schwächt, zu einem Abkommen, in dem es unfaire Schiedsgerichte gibt, zu einem Abkommen, in dem die Handlungsfreiheit der Kommunen eingeschränkt wird.
(Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: So ein Schwachsinn! Stimmt nicht! Stimmt doch alles nicht!)
All das haben Sie in Ihrer Rede ausgeblendet. All das interessiert Sie auch gar nicht.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Unverschämtheit! – Zuruf von der SPD: Unterstes Niveau!)
– Ich habe jetzt Herrn Fuchs gemeint. – Deswegen sagen Sie blind, ohne Wenn und Aber, Ja zu CETA.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich sage deshalb Danke, weil wir in den letzten Tagen nach dem SPD-Konvent in der Öffentlichkeit eine etwas merkwürdige Debatte miteinander geführt haben. Der Bundeswirtschaftsminister hat auf dem SPD-Konvent und auch gestern im Wirtschaftsausschuss noch einmal den Eindruck erweckt – leider kann er es heute nicht wiederholen; das ist ein bisschen schade; es wäre wichtig gewesen –, wir hätten heute irgendwie die Möglichkeit, noch einen anderen Weg zu gehen. Deswegen bin ich dankbar, dass Herr Fuchs noch einmal klargemacht hat: So ist es nicht.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Lesen Sie doch mal die Dokumente des Bundestags!)
Wir als Bundestag werden heute darüber entscheiden, wie wir zu diesem Vertrag stehen. Wir haben drei Stellungnahmen nach Artikel 23 Grundgesetz vorliegen; bei der Abstimmung darüber entscheiden wir, wie die Bundesregierung im Handelsministerrat über dieses Abkommen abstimmen soll. Darum geht es. Das ist unsere Möglichkeit, noch Einfluss zu nehmen.
Doch das, was Sigmar Gabriel in den letzten Tagen gemacht hat, nämlich zu behaupten, dass die Parlamente, dass der Deutsche Bundestag, dass das Europaparlament noch irgendetwas Relevantes an diesem Vertragstext ändern könnten, nachdem die Bundesregierung zu CETA schon Ja gesagt hat und sich gegenüber der EU und Kanada verpflichtet hat, diesen Vertrag zu unterzeichnen, ist – das muss ich ganz ehrlich sagen – schlichtweg Unfug.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen die Genossen doch!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich kann ja verstehen, dass es für Sie schwierig ist, sich zu entscheiden, wie Sie mit diesem Vertragstext umgehen sollen. Davor habe ich Respekt. Aber ich verlange von Ihnen schon, dass wir als Abgeordnete im Bundestag gegenüber den Menschen, die uns heute zuhören, ehrlich sind hinsichtlich dessen, was wir entscheiden können und was wir nicht entscheiden können.
(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sie aber auch! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wenn Sie die Ehrlichkeit voranstellen, dann frage ich mich, was Sie hier machen!)
Diese Aufgabe haben wir als Parlamentarier.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Das, was Herr Gabriel mit Frau Freeland vereinbaren möchte, ist eben keine Änderung des Vertragstextes.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das stimmt nicht!)
Das behauptet er auch gar nicht mehr.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Eine rechtsverbindliche Klärung!)
Das behauptet auch Frau Freeland nicht. Sie hat gesagt, das wäre so, als würde man die Büchse der Pandora öffnen. Herr Gabriel hat das im Wirtschaftsausschuss bestätigt. Das, was Sie machen wollen, sind Protokollerklärungen,
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Rechtsverbindliche!)
die nachträglich zu einem Vertrag abgegeben werden sollen. Protokollerklärungen – das hat Frau Freeland gestern noch einmal sehr schön gesagt – sind Interpretationen dessen, was schon im Vertrag steht, mehr nicht.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: So ist es! Aber rechtsverbindlich! Sagen Sie doch einmal „rechtsverbindlich“! – Weitere Zurufe von der SPD)
Jetzt gebe ich Ihnen einmal ein Beispiel aus Ihrem eigenen Konventsbeschluss. Sie haben am Montag beschlossen, dass Sie diesem Vertrag nur zustimmen werden, wenn die komplette Herausnahme der bestehenden und der künftigen Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem Vertrag erfolgt. Jetzt sage ich Ihnen: Die Daseinsvorsorge steht nun einmal drin. Wie wollen Sie diesen Vertrag jetzt so uminterpretieren, dass das, was drinsteht, doch irgendwie nicht drinstehen soll?
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Schutzbereich!)
Das ist keine Interpretation. Wem wollen Sie damit etwas vormachen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Sie können nur sich selbst etwas vormachen. Den Bürgern können Sie nicht erklären, dass etwas, das im Vertrag steht, nicht drinstehen soll. Wenn Sie das herausnehmen wollen, dann ändern Sie den Vertrag. Das ist die einzige Möglichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Dasselbe ist bei den Schiedsgerichten, dasselbe ist beim Vorsorgeprinzip, dasselbe ist bei der Frage, welche Kompetenzen die Gremien im Rahmen von CETA haben sollen, der Fall. Bei all diesen Punkten haben Sie gesagt – damit hatten Sie recht; ich bestätige Ihnen Ihre Position –: Der Vertrag ist schlecht. Der Vertrag muss geändert werden. – Deswegen wollen Sie ihn jetzt noch ändern. Aber wenn Sie einen Vertrag ändern wollen, dann müssen Sie den Mut haben, zu sagen: Wir ändern die Substanz, wir ändern den Vertrag in der Sache. – Mit allem anderen machen Sie den Menschen etwas vor. Das geht nicht.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie werden es erleben, wer recht hat!)
Es gibt noch einen weiteren Fall an Verwirrung der Bürgerinnen und Bürger, der nicht geht. 15 Minuten nachdem der Parteitag zu Ende war, hat sich Herr Gabriel vor die Presse gestellt und die gemeinsame Erklärung mit Frau Freeland vorgestellt.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nee, davor!)
– Nein, Sie haben erst beschlossen, und dann hat er die gemeinsame Erklärung vorgestellt.
(Zuruf von der SPD: Vorher!)
Ich habe einmal verglichen, was er mit Frau Freeland vereinbart hat und was er wenige Minuten vorher mit den SPD-Parteikollegen beschlossen hatte. Fast nichts von dem, was Sie auf diesem Parteitag beschlossen haben, steht in der gemeinsamen Erklärung mit Frau Freeland.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Unfug!)
Auf meine Frage gestern im Wirtschaftsausschuss, was denn jetzt gilt – das, was Sie beschlossen haben, oder das, was mit Frau Freeland vereinbart wurde –, sagte er nur, er komme nicht als SPD-Chef in den Wirtschaftsausschuss, er könne jetzt nur noch für die Bundesregierung reden. Das ist schizophren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Er fährt selber nach Kanada, tut so, als würde er für die ganze Bundesrepublik irgendetwas nachverhandeln, aber auf die Nachfrage von uns, was er nachverhandelt hat, kann er nicht antworten.
Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit bereits deutlich überschritten. Kommen Sie bitte zum Schluss.
Mein letzter Satz. – Es sind 300 000 Menschen am Wochenende gegen dieses Abkommen auf die Straße gegangen. Sie müssen ihnen nicht folgen. Aber was Sie ihnen schulden, ist Ehrlichkeit. Deswegen: Wir als grüne Bundestagsfraktion werden uns heute entscheiden. Dieses Abkommen ist an zu vielen Stellen falsch. Deswegen sagen wir Nein. Diese Konsequenz sollten auch Sie ziehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Purer Populismus!)
Als nächster Redner hat Hubertus Heil von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7006279 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | CETA-Abkommen |