22.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 190 / Tagesordnungspunkt 8 + ZP 7

Frank SchwabeSPD - Gesetz zu dem Übereinkommen von Paris

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! In der Tat, viele von uns – einige waren ja da – erinnern sich gern zurück an das, was in Paris erfolgreich beschlossen wurde. Wir haben eventuell gleich noch die Gelegenheit, miteinander anzustoßen; dazu sagt Herr Jung vielleicht noch etwas.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Seit gestern – Ministerin Barbara Hendricks hat es gesagt – haben wir die Situation, dass 60 Staaten – inklusive China und den USA –, die knapp 50 Prozent der Emissionen verursachen, die Ratifizierungsurkunde hinterlegt haben. Ich finde, man kann ruhig einmal darüber nachdenken. Denn das zeigt zwei Dinge. Das zeigt auf der einen Seite die Veränderungen in der Welt, dass alles viel schneller geht und dass viele Länder nicht mehr zum Jagen getragen werden müssen, sondern aus Eigeninteresse, aus eigenem Antrieb handeln. Das zeigt auf der anderen Seite auch ein bisschen, wie schwierig es in Europa in den letzten Jahren geworden ist, sich auf gemeinsame Positionen zu einigen.

Gerade ist darauf hingewiesen worden, dass einige Kolleginnen und Kollegen vom Koalitionspartner Briefe zu diesem Thema schreiben; sie sind jetzt allerdings nicht anwesend. Ich glaube, wir müssen aufhören mit dem Gerede, dass die Welt nichts tut, sondern bloß Europa und Deutschland. Die Welt ist auf dem Weg. Die Welt ist schnell. Wir müssen in der Tat aufpassen, dass wir in den nächsten Jahren nicht abgehängt werden.

Es ist höchste Zeit, Paris zu ratifizieren. Deutschland – das wissen Sie ganz genau, Frau Baerbock – muss das im Gleichklang mit der Europäischen Union tun. Deswegen liegt es nun wirklich nicht an Deutschland, wenn es ein bisschen länger dauert. Vielmehr gab es eine Debatte darüber, ob es vor der Ratifizierung sozusagen eine Verabredung darüber geben soll, wer bei der Erreichung der Ziele was zu leisten hat. Jetzt haben wir uns darauf verständigt, dass wir erst ratifizieren und danach über diese Frage reden; das wird noch schwierig genug werden. Es liegt also bestimmt nicht an Deutschland und auch nicht an der Kommission, sondern an einzelnen Ländern.

Wir werden das heute einstimmig verabschieden; daran besteht, glaube ich, kein Zweifel. Wir müssen allerdings aufpassen, dass wir nicht einer politischen Schizophrenie anheimfallen, nämlich auf der einen Seite international Dinge zu verabschieden und auf der anderen Seite auf europäischer und nationaler Ebene dem nicht gerecht zu werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch hier noch einmal sagen, dass wir in der Arbeitsgruppe „Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit“ der SPD-Fraktion eine spannende Begegnung mit Professor Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hatten, der noch einmal sehr nachvollziehbar dargelegt hat, was eigentlich das 2‑Grad-Ziel und möglicherweise sogar das 1,5‑Grad-Ziel für die Europäische Union und für Deutschland bedeutet. Es ist vollkommen klar, dass dieses Geschacher um den Klimaschutzplan an mancher Stelle der internationalen Verantwortung, der wir heute gerecht werden wollen, eigentlich nicht gerecht wird.

Es ist völlig klar, dass das, was wir gemeinsam im Deutschen Bundestag aufgeschrieben haben, nämlich eine Reduzierung des CO 2 -Ausstosses um 80 bis 95 Prozent bis 2050, ein richtiges Ziel ist. Aber vor dem Hintergrund von Paris müssen wir natürlich sagen: Wir werden uns eher am höheren Rand dieses Zieles bewegen müssen und eventuell sogar darüber hinausgehen müssen, um unserer Verantwortung gerecht zu werden. Es ist völlig klar, dass das europäische Ziel von mindestens 40 Prozent Realität werden muss. Da wir über mindestens 40 Prozent reden, müssen wir alle Kraft darauf verwenden, dieses europäische Ziel entsprechend höher zu hängen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit Blick auf die Reduktion des Treibhausgasausstoßes müssen wir sagen, dass wir im Bereich der Energie, der Industrie, des Verkehrs, der Gebäude und der Landwirtschaft gegen null gehen müssen. Ich finde, es muss schon möglich sein – wie es auch die Umweltministerin geplant hatte –, dass sich zumindest die Empfehlungen der Fachleute für gesunde Ernährung in einem solchen Klimaschutzplan wiederfinden.

Wer das alles nicht sagt und wer das nicht aufschreiben will, lügt sich am Ende in die Tasche, und schlimmer noch: Er verpasst die klare Ansage an die Gesellschaft und die Wirtschaft, Innovationen anzureizen und ihnen freien Lauf zu lassen. Diesen Vorwurf kann man dem BDI und der BDA nicht ersparen. Viele dieser Positionen sind wirklich von gestern, und ich habe den Eindruck, dass, wenn sich Unternehmen daran orientieren, diese in ein Schicksal getrieben werden, wie wir es leider zurzeit bei RWE, Eon, Vattenfall und EnBW sehen, die nämlich nicht zum richtigen Zeitpunkt erkannt haben, was eigentlich die Maßgabe einer modernen Klima- und Energiepolitik ist.

Es ist das Verdienst von Barbara Hendricks – ich habe es hier mehrfach betont –, dass wir uns ehrlich gemacht haben und endlich dabei sind, genau zu wissen, auf welchem Weg der Zielerreichung wir sind. Dazu hat Barbara Hendricks eine ambitionierte Politik vorgeschlagen, und es ist jetzt die Aufgabe der gesamten Bundesregierung, diese auch umzusetzen.

Was wir heute tun, ist die Pflicht. Das werden wir gemeinsam erledigen. Aber die Kür und die schwierigere Aufgabe ist am Ende, das Ganze in nationale Gesetzgebung umzusetzen. Das ist die Aufgabe des nächsten Jahres und der Jahre darüber hinaus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frank Schwabe. – Letzter Redner in dieser Debatte ist Andreas Jung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun sind wir ganz gespannt, zu erfahren, wer mit wem wo anstößt.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7006501
Wahlperiode 18
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Gesetz zu dem Übereinkommen von Paris
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta