22.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 190 / Tagesordnungspunkt 10

Mathias MiddelbergCDU/CSU - Gewinnverkürzungen und -verlagerungen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Zuerst würde ich gern auf die Rede von Herrn Pitterle eingehen.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Er musste in den Untersuchungsausschuss!)

– Ach so, ich dachte, er wäre beim Zahnarzt oder so.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Nein, nein!)

– Okay. Gut. Dann spreche ich ihn nicht direkt an. – Die Linken haben hier eben vorgetragen, wir seien immer noch bei Ankündigungspapieren und irgendwelchen hoffnungsfrohen Geschichten. Ich glaube, wir sind jetzt wirklich deutlich darüber hinausgekommen. Der Kollege Binding hat eben zu Recht gesagt, das BEPS-Programm sei ein Durchbruch, was den Kampf gegen internationale Steuervermeidung und Steuerverkürzung angeht, also gegen diese legale Steuervermeidung durch Unternehmen, die sich durch alle möglichen cleveren Tricks durch die Welt bewegen und damit ihre Gewinne so lange verschleiern, bis am Ende nichts mehr besteuert wird.

Jetzt muss man aber fragen: Wer hat das Ganze in Bewegung gebracht? Das war unser Finanzminister Wolfgang Schäuble.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das muss man ehrlicherweise dazusagen. Er hat das BEPS-Programm mit George Osborne und Moscovici im Wesentlichen auf die Beine gestellt. Wir haben dieses Programm dann mit insgesamt 15 Aktionspunkten auf G‑20- und OECD-Ebene beschlossen. Wesentlicher Antreiber ist auch diese Bundesregierung; sie steht dahinter. Das kann man ruhig einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sind im Übrigen auch, was das ganze Thema Informationsaustausch angeht – das sage ich auch den Linken –, deutlich weiter. Wenn wir im privaten Bereich einmal den Kontenabgleich nehmen, den wir jetzt auch international, zumindest in Europa, haben – im nächsten Jahr steigen die allermeisten Länder ein –: Alle diese Fälle wie Hoeneß oder Alice Schwarzer, mit der Schweiz, mit Liechtenstein oder Luxemburg, wird es nicht mehr geben. Und auch dort können Sie fragen: Wer hat es gemacht? Wer hat die Dinge mit initiiert? Es war auch diese Bundesregierung. Damit haben wir in Zukunft all diese Fälle – dabei geht es ja um illegale Steuervermeidung von Privatleuten – in dieser Form nicht mehr.

Wir haben international immer noch Probleme mit Steueroasen; das darf man gar nicht kleinreden. Aber, ich sage einmal, die Problemlage ist kleiner geworden, und wir sind, was gerade die legale Steuervermeidung der Konzerne betrifft, glaube ich, mit diesem Vorhaben an des Pudels Kern gelangt. Dies gilt es jetzt konsequent umzusetzen.

Nun kann man sich über die verschiedenen Aspekte im Detail unterhalten. Interessant finde ich vor allem die Debatte – das wird Sie nicht wundern – über das Country-by-Country Reporting. Machen wir es zielgerichtet, das heißt, tauschen wir die Daten über Umsätze, Beschäftigtenzahlen, Gewinne und Steuerzahlung unter den beteiligten Steuerbehörden aus, oder machen wir das einfach alles öffentlich?

Wenn wir diese Daten öffentlich machen, könnte man ja zunächst ganz begeistert davon sein, sodass man sagt: Super, wir machen alles transparent. Wir sind alle für Transparenz – Transparenz finden heute alle ganz toll – und sagen: Das ist der entscheidende Weg, um die Dinge zu verbessern. – Das Problem ist nur: Glauben Sie ernsthaft, dass, wenn wir Europäer es einseitig machen, andere dann freiwillig bereit sind, ihre Daten ebenfalls zur Verfügung zu stellen?

(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Nie!)

Ich glaube, die Sache wird nur dann effektiv funktionieren, wenn wir das in einem Geben und Nehmen tun.

(Margaret Horb [CDU/CSU]: Ganz genau!)

Das heißt, die Leute, die uns ihre Daten geben, bekommen auch unsere Daten. Dann wird es für immer mehr Länder einen Anreiz geben, in diesem Spiel mitzuspielen und sich an dem Datenaustausch zu beteiligen. Wenn wir einfach so die Hosen herunterlassen – um das einmal ganz locker zu sagen –, werden die anderen sagen: Ist ja nett, was ich da zu sehen bekomme.

(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir lassen nicht die Hosen runter!)

Vielleicht sind sie auch enttäuscht, aber sie werden ihrerseits dann gar nichts mehr unternehmen. Sie haben auch keinerlei Anlass dazu.

Ich finde es gerade interessant, dass die Linken und die Grünen in der gestrigen Ausschusssitzung problematisiert haben, wie bitter es sei, dass die USA noch gar nicht richtig dabei seien; sie würden auch nicht richtig mitmachen, und wir wüssten noch nicht, ob sie nachher wirklich bei diesem Programm mitspielen.

Gerade wenn wir als Europäer die Daten einseitig freigeben, gibt es – der festen Überzeugung bin ich – viel weniger Anreiz, dass andere mitspielen. Wenn ich das Pfand aus der Hand gebe, mit dem ich die Mitarbeit der anderen erreichen kann, mache ich den ersten großen Fehler. Deswegen bin ich dafür, dass wir sagen: Wir setzen es ganz zielgerichtet um. Unsere Daten bekommt derjenige, der uns seinerseits die Daten gibt. Wir sollten uns dringend an das halten, was wir im BEPS-Programm auf OECD- und G‑20-Ebene vereinbart haben, und es auch wirklich nur so weit umsetzen und nur mit jenen spielen – ich sage das einmal so locker –, die auch mit uns spielen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ein Punkt, der gestern auch in der Ausschussberatung angesprochen worden ist, ist mir dabei noch wichtig. Das war das Stichwort „Streitbeilegungsmechanismus“. Ich fand es sehr wichtig, dass Sie ihn angesprochen haben, Herr Kollege Gambke. Wir haben keinen effektiven Streitbeilegungsmechanismus. Wenn wir einmal einen Steuerstreit zwischen den verschiedenen Staaten, zwischen den verschiedenen Finanzbehörden haben, dann haben wir die veritable Gefahr der Doppelbesteuerung. Das kann gerade für unsere Unternehmen, die sehr viel exportieren und viel im Ausland tätig sind, ein ganz gewaltiges Problem sein. Das sind jahrelange Verfahren, die häufig nicht zu Ende gebracht werden, bei denen man dann irgendwie zahlt, damit das Verfahren endlich einmal zum Ende kommt.

Diese Gefahr der Doppelbesteuerung potenzieren wir aber, wenn wir jetzt einfach ein öffentliches Reporting machen. Dann wird es viel mehr Streitfälle und viel mehr Probleme mit der Doppelbesteuerung geben. Deswegen bin ich stringent der Meinung: Wir sollten das eine mit dem anderen verbinden: Daten an jene, die uns Daten geben, und Zusammenarbeit mit denjenigen, mit denen wir auch auf Dauer zu effektiven Streitbeilegungsmechanismen kommen. Dann können wir das internationale Steuerrecht wirklich effizient machen. Dann sind wir effizient gegen Steuervermeidung und Steuerverkürzung unterwegs. Die ersten Schritte dazu machen wir heute, und ich wünsche uns allen noch gute und konstruktive Beratungen dazu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Dr. Jens Zimmermann, SPD-Fraktion, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7006546
Wahlperiode 18
Sitzung 190
Tagesordnungspunkt Gewinnverkürzungen und -verlagerungen
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