23.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 191 / Tagesordnungspunkt 9

Tim OstermannCDU/CSU - Erleichterung der Einbürgerung

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem Gesetzentwurf und in dem Antrag der Grünen werden im Wesentlichen drei Dinge gefordert: erstens eine generelle Ermöglichung der Mehrstaatlichkeit, zweitens ein Aufweichen der Einbürgerungsregeln und drittens eine besonders unkomplizierte Einbürgerung hier ansässiger Briten, weil es die ja derzeit angeblich nicht geben würde. Zu diesen drei Forderungen möchte ich in meinem Debattenbeitrag Stellung nehmen.

Zunächst zur Mehrstaatlichkeit: Es wird Sie nicht überraschen – Stephan Mayer hat das auch schon zum Ausdruck gebracht –, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach wie vor

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im 20. Jahrhundert ist!)

es konsequent ablehnt, die doppelte Staatsbürgerschaft zum Regelfall zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte kurz auf die letzte Debatte – solche Debatten wurden in diesem Hause ja häufiger geführt – zu sprechen kommen, die wir zum Thema Staatsangehörigkeitsrecht geführt haben. In dieser Debatte hat die damalige Kollegin Christina Kampmann – sie ist mittlerweile Landesministerin in NRW – gesagt, zugegebenermaßen mit einer anderen Intention: Für die meisten Menschen ist die Staatsangehörigkeit viel mehr als ein Pass. – Genau das ist der Punkt. Die Staatsangehörigkeit drückt die Loyalität zur Gesellschaft und den in ihr vorhandenen Werten und Regeln aus. Damit ist sie Ausdruck einer ganz besonderen Verbundenheit. Und diese Verbundenheit ist für uns als Union nicht teilbar.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen wir mit den AfDlern? Wollen Sie die ausbürgern?)

Die Folge ist, dass wir Mehrstaatlichkeit zulassen, aber eben nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, die auch jetzt schon geregelt sind. Für eine Abkehr von diesem Prinzip stehen wir nicht zur Verfügung.

Was die Aufweichung der Einbürgerungsregeln angeht, sind es vor allem zwei Dinge, mit denen Sie die Einbürgerung erleichtern wollen. Zum einen wollen Sie sämtliche Arten an Aufenthaltserlaubnissen gleichstellen. Das soll zum Beispiel auch für Fälle von vollziehbar Ausreisepflichtigen gelten, nachdem es also ein Verwaltungsverfahren gab, das BAMF festgestellt hat, dass es hier keinen Aufenthaltsstatus gibt, und Gerichte das meistens auch bestätigt haben. Selbst in den Fällen, wo es nur aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis gibt, soll eine Gleichstellung erfolgen. So etwas ist mit uns nicht zu machen.

Sie sprachen die Einbürgerungstests an. Unter bestimmten Voraussetzungen soll das Erfordernis, einen solchen Test durchzuführen, wegfallen, etwa wenn in Deutschland ein Berufs- oder Schulabschluss gemacht worden ist.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch vernünftig, oder?)

– Das ist absolut nachvollziehbar und vernünftig. Darum wird das auch jetzt schon so gemacht, Herr Beck. Es ist auch jetzt schon so geregelt, dass bei einem Schulabschluss – dazu gehört ebenfalls ein Berufsschulabschluss, also eine abgeschlossene Berufsausbildung – auf den Einbürgerungstest verzichtet wird. Das ist gängige Praxis. Und darum ist Ihr Gesetzentwurf in diesem Punkt kalter Kaffee.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zuletzt zu Ihrer Forderung nach Einbürgerung der in Deutschland lebenden Briten. Sie fordern ja, dass die Einbürgerung unkompliziert erfolgen müsse, und erwecken damit den Anschein, dass britische Bürger derzeit nicht schnell und unkompliziert eingebürgert würden. Das entspricht nicht den Tatsachen. Sie schreiben ja selbst in Ihrem Antrag, dass Großbritannien bis auf Weiteres Mitglied der Europäischen Union sein wird. Es ist noch kein Austrittsgesuch eingegangen. Hier in diesem Saal wird niemand sagen können, wann das der Fall sein wird, also wann es dieses Austrittsgesuch gibt und vor allem wann dieses Austrittsgesuch wirksam wird. Das ist in keiner Weise absehbar. Darum besteht für uns jetzt nicht der Bedarf, hier an dieser Stelle tätig zu werden.

In meinem Wahlkreis – dem Kreis Herford und der Stadt Bad Oeynhausen – hat es viele britische Soldaten gegeben. Die Streitkräfte sind mittlerweile größtenteils abgezogen. Nicht wenige Soldaten sind trotzdem bei uns geblieben. Einige von ihnen interessieren sich – gerade nach dem Referendum in Großbritannien – dafür, eingebürgert zu werden. Ich habe bisher von keinem einzigen Betroffenen gehört, dass es hier Probleme – lange Wartezeiten usw. – gibt. Die Problemlage, auf die Sie versuchen hinzuweisen, gibt es einfach nicht. Darum sagen wir: Man muss nicht schon jetzt auf hypothetische Folgen eines in der Zukunft liegenden ungewissen Ereignisses reagieren. Bloßen Aktionismus halten zumindest wir in der Union selten für ein Erfolgsrezept.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie wollen mit Ihrem Gesetzentwurf das Prinzip der Mehrstaatlichkeit in unserer Rechtsordnung verankern und die Voraussetzungen für den Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft verbessern. Gleichzeitig greifen Sie mit Ihrem Antrag ein Problem auf, das es überhaupt nicht gibt. Daher wird es Sie nicht überraschen, dass wir als Union Ihren Antrag und auch Ihren Gesetzentwurf ablehnen werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort erhält nun die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7006799
Wahlperiode 18
Sitzung 191
Tagesordnungspunkt Erleichterung der Einbürgerung
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