Marian WendtCDU/CSU - Erleichterung der Einbürgerung
Mit den zwei Ehefrauen. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was nichts kostet, ist auch nichts wert.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Lexikon der Binsenweisheiten geblättert! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
Wenn die deutsche Staatsangehörigkeit immer leichter zu haben ist, dann ist auch ihr Inhalt, die damit verbundene Verantwortung und die Identifikation damit nicht von Substanz.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Quatsch!)
Eine Staatsangehörigkeit ist kein Bonbon, das man einfach mal so nebenbei mitnimmt.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Wendt! Mensch!)
Auch wenn der Druck bzw. die Nachfrage danach groß sein mag, so sollten wir dies nicht als Grund sehen, unsere Standards für eine Einbürgerung zu senken. Es sollte eher Bestärkung sein, hohe Standards für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu setzen
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Standards! Das sind Hürden! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie meinen Hürden, nicht Standards!)
und diesen wenigstens ein kleines bisschen zeremoniell zu gestalten.
Die Beantragung und die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft sind für mich schließlich ein Symbol des finalen Ankommens in unserem Land.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht mitgekriegt, dass heutzutage Wanderungsbewegungen nicht final sind, sondern weitergehen! Das Leben endet nicht in Deutschland!)
Gegen die sehr pragmatische Überlegung „Ich nehme einfach den Pass, der mir die größte Freiheit bietet“ wehre ich mich. Denn das entspricht nicht dem, was eine Staatsbürgerschaft für mich ausmacht. Eine Staatsbürgerschaft ist ein Ausweis der Verantwortung, die man für ein Land – in diesem Fall für unser Land – übernimmt. Einbürgerung dient eben nicht nur der Herstellung einer größtmöglichen Übereinstimmung zwischen der in Deutschland lebenden Bevölkerung und dem wahlberechtigten Staatsvolk.
Das Argument der Grünen, Menschen wären von politischer Teilhabe ausgeschlossen, obwohl sie hier schon lange leben, ist meiner Meinung nach Unsinn.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Fakt! Haben Sie mir nicht zugehört? Die dürfen doch nicht wählen, Mann! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nicht zugehört! Was ist denn das für ein Unsinn?)
Es ist erstens auf vielen Ebenen möglich, sich direkt zu beteiligen.
Zweitens ist politische Teilhabe, die eine Staatsbürgerschaft voraussetzt, auch mit Bedacht und mit Recht dieser Hürde unterworfen. Denn die notwendige Identifikation mit Deutschland, die mit der deutschen Staatsbürgerschaft einhergehen muss, und die entsprechende Verantwortung sind eben auch Voraussetzung für die Beteiligung an politischen Prozessen.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man sich kaum anhören!)
Denn nur wer unsere Grundwerte teilt und achtet, sollte auch politisch hier teilhaben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt für die Sachsen auch! Für Bautzen ebenso! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schauen Sie nach Augsburg!)
Außerdem – und hier schließt sich der Kreis – besteht ja die Möglichkeit, sich um die Staatsbürgerschaft zu bemühen. Wenn sie dann erworben wurde – ich wiederhole für die Grünen: erworben –, dann ist sie die Eintrittskarte für Mitbestimmung auf größerer Ebene. Wer 20 Jahre in unserem Land lebt, der hätte schon seit 12 Jahren, wenn er möchte, deutscher Staatsbürger sein können. Wir schaffen ja die Voraussetzungen, aber er muss sich auch entscheiden und bekennen, zu welchem Land er gehört.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn „Land“ für ein Bekenntnis? Gehen Sie in die Kirche, dann wissen Sie, was ein Bekenntnis ist! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit Iranern?)
Die deutsche Staatsangehörigkeit ist ein Anreiz zur Integration gemäß unserer Philosophie des Förderns und Forderns gegenüber Menschen, die neu in unserem Land leben. Diesen Anreiz dürfen und wollen wir nicht aus der Hand geben. Eine weitere Vereinfachung des Erlangens wäre nämlich ein Vorschuss auf Integrationsleistungen, und einen solchen Vorschuss dürfen wir nicht geben.
(Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Frau Präsidentin, der Kollege Mutlu möchte eine Zwischenfrage stellen. Bitte.
Herr Kollege Mutlu, Sie dürfen.
Ach so, Entschuldigung!
Das macht nichts. Wenn Sie Ja sagen, dann kann der Kollege Mutlu seine Zwischenfrage stellen.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat bestimmt eine Bemerkung!)
Herr Kollege Wendt, danke, dass Sie die Frage zulassen. Ich habe eine ganz simple Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die Bundrepublik Deutschland mit 53 Ländern dieser Erde sogenannte Doppelstaatsbürgerschaftsabkommen abgeschlossen hat
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
und dass in unserem Land bereits über 4 Millionen Menschen eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, von denen keine Gefahr für unser Land ausgeht? Außer mit den 53 Partnerländern haben wir auch ein „Abkommen“ mit dem Iran. Hier müssen wir die doppelte Staatsbürgerschaft de facto akzeptieren, weil der Iran nicht ausbürgert. Ist Ihnen all das bekannt? Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang die Gefahr für unser Land?
Herr Kollege, mir ist bekannt, dass es doppelte Staatsbürgerschaften in unserem Land gibt und dass es diese Abkommen gibt. Wir haben aber einen Grundsatz, und davon gibt es, wie es manchmal im Recht der Fall ist, Ausnahmen.
Wir sollten aber erstens an dem Grundsatz festhalten, dass es grundsätzlich eine Staatsbürgerschaft geben sollte. Das ist, glaube ich, auch für die Menschen einfacher. Und der Iran – Sie haben es selber erwähnt – bürgert nicht aus, auch wenn Iraner nicht mehr Staatsbürger des Iran sein wollen. Solche Gegebenheiten müssen wir akzeptieren, auch wenn sie nicht unserer Rechtsauffassung entsprechen.
Ich finde es zweitens wichtig, daran festzuhalten, dass die deutsche Staatsbürgerschaft etwas bedeutet, dass sie nicht nur ein Stück Papier ist, nicht nur ein Stück Reisefreiheit, sondern dass dahinter auch Werte stehen, eine Kultur, eine Idee. Ich werde dazu noch ausführen.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn die Idee des Deutschtums? Dazu wollen wir doch einmal einen Vortrag hören!)
– Es geht bei der Idee um unsere Grundwerte. Ich werde gleich darauf eingehen, Herr Beck, immer mit der Ruhe.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das deutsche Wesen!)
Der Grundsatz des Förderns und Forderns, den wir im Integrationsgesetz als Prämisse unserer Bemühungen um eine bessere Integration festgelegt haben, ist genau deshalb so viel wert, weil sich eigene Leistung lohnt. Und Integration lohnt sich. Aktives persönliches Bemühen um Integration lohnt sich für jeden Menschen, der legal zu uns kommt. Für Menschen, die sich nicht integrieren, muss die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft unmöglich sein. Hier gibt es ein Abstandsgebot, schon allein aus Gründen der Gerechtigkeit.
Mit dem Integrationsgesetz haben wir genau den richtigen Weg eingeschlagen, Anreize für Integration zu geben. Eine erfolgreiche Integration kann dann auch mit der deutschen Staatsbürgerschaft belohnt werden. Vereinfachungen bei der Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft, wie hier gefordert – frei nach dem Motto: wir geben dir die Staatsbürgerschaft in der Hoffnung, dass du dich gut integrierst –, liefen diesem Zweck zuwider und sind daher schlicht abzulehnen. Das kann nicht unser Weg sein; denn wir müssen ja bedenken, dass die Einbürgerung unumkehrbar ist. Wenn sich jemand nach Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft nicht integriert hat, dann können wir nach zehn Jahren nicht sagen: Wir nehmen sie dir wieder weg. – Von daher wäre es fatal, so vorzugehen.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe schon abgeschaltet! Deshalb kommen keine Zwischenrufe mehr!)
– Das ist vielleicht manchmal auch gut.
Wir sollten die Verleihung unserer Staatsbürgerschaft also nicht als Vorschuss auf Integration handhaben, sondern genau andersherum. Denn sonst würde der Druck fehlen, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Und Integration bedeutet für mich dabei die Anerkennung unserer christlich-jüdischen Werte, die Anerkennung der besonderen Geschichte unseres Landes und die Annahme der Verantwortung, die wir mit ihr tragen, und selbstverständlich auch die Anerkennung unserer deutschen Leitkultur.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Au!)
Noch ein paar Gedanken zu dem Antrag zur einfacheren Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft für britische Staatsangehörige. Jetzt für britische Bürger eine Sonderregelung, eine Lex Britannica, wie an verschiedenen Stellen zu lesen war, einzuführen, halte ich für einen Fehler.
Erstens: Wie wäre diese Ungleichbehandlung gegenüber anderen EU-Bürgern zu rechtfertigen?
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben schon mitgekriegt, dass wir keine Rechtsänderung vorschlagen?)
Zweitens gibt es bereits heute ausreichend rechtliche Möglichkeiten für alle Unionsbürger, sich um die deutsche Staatsbürgerschaft zu bemühen. Der dritte Grund: Es kann nicht sein, dass der Wunsch, am Flughafen nicht in der langen Schlange derer stehen zu müssen, die nicht dem Schengen-Raum angehören, dazu führt, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen.
Die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens haben demokratisch darüber entschieden, dass sie nicht Teil dieser Europäischen Union bleiben möchten. Diese Entscheidung haben wir zu akzeptieren. Deswegen sind Ihre Anträge nicht zuvorderst und nicht in einfacher Weise zu behandeln.
Der Antrag der Grünen und ihr Gesetzentwurf sind abzulehnen, nicht nur, weil sie eine vernünftige Überzeugung davon vermissen lassen, was Staatsangehörigkeit bedeutet.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Bekenntnis zum deutschen Wald fehlt, was?)
Staatsangehörigkeit ist mehr als der deutsche Pass. Ihre Vorschläge laufen auch den Maßnahmen zuwider, die wir zur Bewältigung der Herausforderungen, die sich aus der Vielzahl von Flüchtlingen ergeben, beschlossen haben.
Für die CDU/CSU-Fraktion ist Integration der Weg und Einbürgerung das Ziel, nicht andersherum.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächster Redner hat Rüdiger Veit von der SPD-Fraktion das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7006816 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Erleichterung der Einbürgerung |