Barbara WoltmannCDU/CSU - Erleichterung der Einbürgerung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Präsidentin hat schon gesagt, dass das sehr ungewöhnlich war; aber ich fand es schon ungewöhnlich, dass Sie zweimal auf der Rednerliste standen, Herr Veit. Die Begründung war sehr interessant. Nun gut.
Wir haben eine recht lange Debattenzeit für dieses Thema vorgesehen. 77 Minuten – ich bin die letzte Rednerin zu diesem Thema – sind schon eine lange Zeit. Wir diskutieren über das Einbürgerungsrecht hier nicht zum ersten Mal. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass wir dabei nicht einer Meinung sind, dass die Opposition ein sehr viel offeneres Herangehen für richtig hält.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die SPD auch! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wir sind weltoffen!)
– Ja, in der Tat haben wir in den Koalitionsverhandlungen hart um die Optionsregelung gerungen. Wir haben dann eine Lösung gefunden und gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode, 2014, das Staatsangehörigkeitsrecht geändert. Wir sehen – das wird Sie von der Opposition nicht wundern – keine Notwendigkeit, jetzt wieder eine Änderung in Angriff zu nehmen.
Die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wer Deutscher im Sinne des Gesetzes ist. Wir haben im Staatsangehörigkeitsgesetz in immerhin 42 Paragrafen sehr detailliert geregelt, wie man deutscher Staatsbürger werden kann, wenn man es nicht von Geburt an ist.
Das Optionsrecht hatte ich schon angesprochen. In der Tat hätten wir das, wenn wir alleine hätten entscheiden können, nicht so geändert. Wir hätten das nicht ins Gesetz geschrieben; aber wir hatten das mit der SPD so ausgehandelt, und wir verhalten uns – Herr Veit hat es schon gesagt – natürlich vertragstreu. Daher haben wir das Recht entsprechend geändert.
Eine weitere Veränderung lehnen wir aber ab. Deswegen, liebe Kollegen von den Grünen, wird es Sie nicht wundern, dass wir Ihren Antrag und Ihren Gesetzentwurf ablehnen. Wir haben einfach eine ganz andere Vorstellung davon, wer wann wie deutscher Staatsbürger werden kann, der es noch nicht ist, der aber den Wunsch hat, Deutscher zu werden.
Ihre Intention scheint mehr zu sein, die Türen für eine Einbürgerung für alle weit zu öffnen, indem Sie die Mindestaufenthaltsdauer bei der Anspruchseinbürgerung auf fünf Jahre senken; bei anerkannten Flüchtlingen wollen Sie die Mindestaufenthaltsdauer auf drei Jahre senken.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)
Sie machen auch keinen Unterschied mehr zwischen den verschiedenen Aufenthaltstiteln; Hauptsache, es gibt überhaupt einen Titel. Also, Sie wollen die Tür sehr weit öffnen.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So schaut ein liberalisiertes modernes Staatsbürgerschaftsrecht aus!)
Ihren Hinweis auf die globalisierte und mobile Welt, der sich unser Staatsangehörigkeitsgesetz anpassen müsse, halte ich für völlig fehl am Platze. Sie scheinen sich damit – so kommt mir das vor – einem Mainstream bestimmter Gruppen anschließen zu wollen, ihm vielleicht auch nachlaufen zu wollen – nach dem Motto: Wir alle sind Weltbürger und brauchen die Bindung an unseren Heimatstaat nicht mehr. – Da, glaube ich, verkennen Sie die Bindungswirkung einer Staatsangehörigkeit. Die meisten Menschen nennen das „Heimat“.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Pass ist keine Heimat! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Heimat ist Europa!)
Das ist ihnen auch sehr wichtig. Das sollte nicht der Beliebigkeit anheimgegeben werden. Von daher gesehen – ich darf es wiederholen – lehnen wir das ab.
Genau das Umgekehrte ist doch der Fall. In einer globalisierten Welt braucht man Bindung, Zugehörigkeitsgefühl
(Marian Wendt [CDU/CSU]: Orientierung!)
und nicht in allen Lebensbereichen grenzenlose Ungebundenheit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie setzen mit der von Ihnen gewünschten Gesetzgebung ein völlig falsches Signal, gerade in der heutigen Zeit, da durch Ihre Vorschläge weitere Pull-Effekte, die wir nicht wollen, zu erwarten sind.
Des Weiteren besteht auch keinerlei Notwendigkeit, britischen Staatsangehörigen – meine Vorredner haben schon auf Ihren Antrag dazu hingewiesen – eine Sonderbehandlung zuteilwerden zu lassen, weil sie auch jetzt schon alle Rechte genießen, die jedem europäischen – oder Schweizer – Staatsbürger in Deutschland bezüglich einer Einbürgerung eingeräumt worden sind. Das gilt zumindest so lange, wie ihr Land Mitglied der Europäischen Union ist.
Im Moment wissen wir auch noch gar nicht, wann der Antrag gestellt wird, wie er gestellt wird. Dass er gestellt wird, davon können wir ausgehen, weil die britische Premierministerin das noch einmal deutlich gemacht hat. Wenn der Antrag gestellt wird, schließen sich noch zweijährige Verhandlungen an. Auch insofern finde ich: Ihr Antrag ist überflüssig, vergebene Liebesmüh.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist die Vorbereitung! Vorbeugende Gesetzgebung! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Rede war weitgehend überflüssig!)
Es ist von Vorrednern schon darauf hingewiesen worden, dass es auch eine Ermessensentscheidung geben kann, um die Zeit von sechs Jahren, die ein Brite in Deutschland leben und arbeiten muss – das ist die Voraussetzung –, eventuell zu verkürzen;
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten es wie Herr Veit halten sollen!)
er hätte dann nach § 12 Absatz 2 Staatsangehörigkeitsgesetz die Möglichkeit, Deutscher zu werden. Insofern sehen wir gar keinen Handlungsbedarf für eine Privilegierung in Europa; das wäre nur der Einstieg für eine generelle Öffnung, und das wollen wir nicht.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen das!)
Wir halten das nicht für notwendig.
Nur noch ein kleiner Einschub, wenn wir schon über den Brexit sprechen. Von der Opposition wurde schon vorgeschlagen, weitere direktdemokratische Elemente in die Verfassung einzuführen. Wir haben im Juni die entsprechende Debatte gehabt. Wir haben das seinerzeit abgelehnt. Wozu es führen kann, wenn man solche Elemente einführt – ich kann das hier nur noch einmal wiederholen –, haben wir gesehen. Scharlatane versuchen, auch mit falschen Informationen, die Leute zu einer Entscheidung zu bringen, die letztendlich nicht gut für das Land – in dem Fall für Großbritannien – und für die Menschen dort ist. Insofern bin ich froh, dass wir das in unserer Verfassung so haben, wie wir es haben. Unsere parlamentarische Demokratie ist da sehr stabil, und das wollen wir auch so erhalten.
Das Staatsangehörigkeitsrecht haben wir, wie gesagt, durch eine maßvolle Anpassung der Optionspflicht für in Deutschland aufgewachsene Kinder geändert. Herr Mutlu, es ist auch nicht so – das möchte ich noch einmal deutlich sagen –, wie Sie es gerade geschildert haben, dass Ihr Vater nicht Deutscher werden kann. Er kann natürlich Deutscher werden, aber das ist eben damit verknüpft, dass er dann seine türkische Staatsangehörigkeit abgeben muss.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das wollen wir eben abschaffen! Das nennt man eine Meinungsverschiedenheit!)
Das wollen Sie nicht; das ist uns schon klar. Da haben wir eine ganz andere Auffassung von unserem Staatsangehörigkeitsrecht und sagen: Wer Deutscher werden möchte, sollte sich auch voll und ganz zu diesem Land bekennen.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut er doch! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was beinhaltet ein Bekenntnis zu einem Land?)
Ich glaube auch nicht, dass es hilft, wenn wir sagen: Jeder darf eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. – Für eine bestimmte Anzahl von Ländern ist das möglich; da haben wir das geregelt. Aber wir wollen – akzeptieren Sie es doch nun einfach einmal – nicht diese völlige Öffnung, sondern wir wollen bei der Einstaatlichkeit bleiben; denn die Staatsangehörigkeit ist ein besonderes Band zu dem Staat, dem ich angehöre. Die lege ich nicht einfach wie ein Kleidungsstück an oder auch wieder ab.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um Loyalität zum Grundgesetz! Nicht mehr und nicht weniger! Punkt!)
Es hat doch eine Bedeutung, ob ich sage, dass ich jetzt Deutsche werden möchte, oder ob ich sage, dass ich Schweizerin werden möchte. Das unterliegt doch nicht der Beliebigkeit. Vielmehr geht es um ein klares Bekenntnis zu dem Staat, in dem ich leben möchte, in dem ich Teil der Gesellschaft sein möchte, in dem ich wählen kann. Das alles gehört zusammen. Das unterliegt doch nicht der Beliebigkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch selbst etliche doppelte Staatsbürger in Ihren Reihen! Ist das ein Problem?)
– Ja, wir haben einige. Das dann aber auch mit gutem Grund.
Wir wollen eben nicht eine völlige Freigabe, sondern wir wollen, dass die doppelte Staatsbürgerschaft weiterhin die Ausnahme bleibt. Die deutsche Staatsangehörigkeit soll ein klares Bekenntnis zur Bundesrepublik Deutschland beinhalten. Dadurch soll der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gestärkt werden.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7006823 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Erleichterung der Einbürgerung |