Thorsten FreiCDU/CSU - Polizeikräfteeinsatz in Friedensmissionen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte am Ende der Debatte noch einmal zusammenfassend sagen, dass es aus meiner Sicht überhaupt nichts Verwerfliches ist, wenn wir mit der Entsendung deutscher Polizisten in internationale Friedensmissionen natürlich auch unsere eigenen Interessen vertreten.
Es ist angesprochen worden: Es geht darum, dem internationalen, auch islamistischen, Terrorismus, den Nährboden zu entziehen und Fluchtursachen zu bekämpfen. Natürlich ist es richtig, dass eine so internationalisierte Gesellschaft und Volkswirtschaft wie unsere, die mehr als die Hälfte ihres Wohlstandes außerhalb unseres Landes erwirtschaftet, in besonderer Weise davon profitiert, wenn wir es schaffen, mehr Frieden, mehr Sicherheit und mehr Stabilität zu erreichen.
Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte: Wir stehen hier in der Tat nicht an einem Nullpunkt, sondern wir haben in der Vergangenheit schon messbare Erfolge verzeichnen können. 1989 wurden deutsche Polizisten das erste Mal in einer internationalen Friedensmission eingesetzt, nämlich in Namibia. In der Zwischenzeit ist unheimlich viel passiert. Ein Meilenstein war hier mit Sicherheit auch der Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“ aus dem Jahr 2004, aus dem das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze und auch die Bundesakademie für Sicherheitspolitik hervorgegangen sind. Das waren Meilensteine. Wir sind vorwärtsgekommen und haben messbare, nachvollziehbare Erfolge erzielen können. Heute sind wir der viertgrößte Geber für internationale Friedensmissionen der Vereinten Nationen.
Trotzdem ist es richtig, dass wir noch nicht an dem Punkt angekommen sind, an dem wir sein könnten und auch sein sollten. Deswegen ist richtig, diese Debatte mit dem vom Auswärtigen Amt initiierten Leitlinienprozess und auch diesem interfraktionellen Antrag fortzusetzen, den wir heute hier beraten und hoffentlich auch beschließen werden.
Es geht eben nicht nur um Geld – da sind wir schon sehr gut –, sondern es geht auch darum – das ist von Vorrednern einige Male erwähnt worden –, das spezielle Know-how und die speziellen Kenntnisse deutscher Polizistinnen und Polizisten mit den spezifischen Qualitäten, die sie haben, zum Einsatz zu bringen. Wenn ich mir einmal anschaue, was internationale Polizeimissionen bei den Vereinten Nationen heute leisten, dann, glaube ich, tut dies auch wirklich not.
Wie sieht es derzeit aus? Es gibt einen deutlichen Aufwuchs an Polizisten in solchen Missionen. 1995 waren es noch 5 800, heute sind es mehr als 16 000. Was sind das für Polizisten, und wo kommen sie her? Sie kommen aus Ruanda, Indien, Jordanien, Nepal, Burkina Faso. Das sind die Länder, die die meisten Polizisten stellen. Sie kommen überwiegend – zu mehr als der Hälfte – aus geschlossenen Verbänden.
Das ist im Zweifel aber nicht das, was die Vereinten Nationen brauchen, und das ist auch nicht das, was wir für internationale Polizeieinsätze brauchen. Wir brauchen Spezialisten und spezielle Kenntnisse im Bereich der Beweissicherung, bei der Bekämpfung von Sexualstraftaten und im Bereich der organisierten Kriminalität. Solche Kompetenzen werden verlangt, und die können und die sollten wir liefern. Das ist mehr wert als Geld.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist bereits angesprochen worden, dass wir eine Beschlusslage haben: Im Europäischen Rat haben wir im Jahr 2000 in Santa Maria da Feira gemeinsam vereinbart, EU-weit 5 000 und aus Deutschland 910 Polizisten bereitzustellen. Das muss die Richtgröße sein, an der wir uns orientieren. Wenn man sich den Entwurf des Bundeshaushalts für das kommende Jahr anschaut, kann man sehen, dass im Bereich des Innenministeriums zusätzliche Mittel für den Einsatz von Bundespolizisten außerhalb Deutschlands bereitgestellt sind. Wir haben hier einen Mittelaufwuchs.
Und auch wenn es zwischen Bund und Ländern vereinbarte Leitlinien gibt, ist klar, dass ein Großteil der Kompetenzen, von denen ich gesprochen habe, nicht zwingend bei der Bundespolizei vorhanden ist, sondern in besonderem Maße bei den Länderpolizeien. Deswegen brauchen wir eine noch bessere Auflösung des Zielkonfliktes, dass einerseits der Bund für die außenpolitischen Belange zuständig ist, andererseits die Kompetenz der Polizeien, die in solchen Einsätzen erforderlich ist, bei den Ländern in sehr viel größerem Maße vorhanden ist. Dafür brauchen wir vernünftige Regelungen. Es ist zu wenig, wenn wir nur auf die Enthusiasten setzen, die in solche Einsätze gehen. Wir brauchen mehr Struktur; wir brauchen mehr Unterstützung; wir brauchen mehr rechtliche Rahmenbedingungen, die den Erfordernissen gerecht werden. Dann bin ich überzeugt, dass wir es schaffen können und einen effektiven Beitrag zu ziviler Krisenprävention leisten können. Polizei, Richter, Staatsanwälte als Rückgrat rechtsstaatlicher Verhältnisse helfen mit, dass wir Konflikte beilegen können, dass wir gescheiterte Staaten wiederaufbauen können, und vor allen Dingen, dass die Menschen Vertrauen zu ihren Staaten und ihren Regierungen bekommen können: Das ist die beste Vorsorge, um Fluchtursachen an der Wurzel zu bekämpfen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7007056 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Polizeikräfteeinsatz in Friedensmissionen |