Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Mietpreispolitik und Mieterschutz
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in Deutschland etwa 42 Millionen Wohnungen. Etwa die Hälfte davon sind Mietwohnungen. Klar ist: Eine Wohnung ist weit mehr als nur ein Dach über dem Kopf; sie ist auch Rückzugsraum und Stätte persönlicher Entfaltung. Deswegen ist für uns als Union völlig klar: Wir wollen nicht, dass Menschen aus ihren angestammten Wohnvierteln verdrängt werden, weil sie sich – gerade in großen Städten und Ballungszentren – ihre Miete nicht mehr leisten können. Wir wollen auch nicht, dass junge Familien aus ihren Wohnungen „herausmodernisiert“ werden. Was wir wollen, ist, dass wir in den angestammten Wohnvierteln sozial ausgewogene Mischungen haben. Das ist für uns als Union eine Selbstverständlichkeit.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Das ist ja das Neueste! Was ist los?)
Dazu brauchen wir die Anträge der Opposition an dieser Stelle nicht.
Was das Ziel betrifft, besteht zwischen allen Fraktionen im Hohen Haus Einigkeit, dass wir in Deutschland mehr bezahlbaren Wohnraum brauchen. Nur, die Frage ist: Wie erreichen wir denn dieses Ziel? Klar ist: Hier gibt es keine einfachen Lösungen. Es gäbe auch keine Lösungen, wenn wir den populistischen Forderungen, die uns die Linke hier präsentiert, folgen würden.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Was ist denn daran populistisch?)
Es gibt deswegen keine einfachen Lösungen, weil wir unterschiedliche Zielsetzungen haben, die allesamt wichtig sind und die wir zusammenführen müssen. Natürlich geht es um bezahlbaren Wohnraum. Aber es geht in gleicher Weise auch um die energetische Sanierung unseres Wohnungsbestandes; denn wir haben wichtige Klimaziele, die wir alle miteinander erreichen wollen. Es geht auch um den altersgerechten Umbau. Unsere Gesellschaft wird älter. Wir müssen auf diesen demografischen Wandel reagieren. Deswegen müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass altersgerechter Umbau möglich ist. Welche Maßnahmen zielführend und richtig sind und welche nicht, darüber diskutieren wir gerade innerhalb der Koalition.
Ich fange beim bezahlbaren Wohnraum an. Da haben wir als Koalition bereits reagiert. Wir haben im letzten Jahr die Mietpreisbremse eingeführt, um die Mieter kurzfristig vor steigenden Mieten zu schützen. Linke und auch Grüne fordern jetzt, die Mietpreisbremse zu verschärfen und die Ausnahmen zu streichen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen überhaupt erst mal bremsen!)
Richtig ist: Die Wirkung der Mietpreisbremse – das sagen uns verschiedene Studien – ist umstritten.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist gar nicht umstritten! – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Eine nette Umschreibung!)
Aber ich will mich jetzt gar nicht so sehr bei den einzelnen Studien aufhalten. Man könnte nämlich bei jeder Studie sehr viel zur Methodik sagen, die in Teilbereichen sehr angreifbar ist. Deswegen finde ich es richtig, dass das Justizministerium eine unabhängige Studie in Auftrag gegeben hat, um die Wirksamkeit der Mietpreisbremse zu hinterfragen. Klar ist jedenfalls für uns als Union: Die Mietpreisbremse muss in der Praxis funktionieren; deswegen schauen wir da auch sehr genau hin.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Es ist ja wohl auch das Mindeste, dass man sich das genau anschaut!)
Wir als Gesetzgeber haben an Vermieter die klare Erwartung, dass sie sich an die Mietpreisbremse halten. Deswegen haben wir den Mietern auch Rechte an die Hand gegeben. Sie können gegen überhöhte Miete vorgehen und dann die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen. Das ist auch gut und richtig. Ich kann nur alle Mieter auffordern: Nehmt die Rechte, die wir euch gegeben haben, wahr!
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal die ganze Wahrheit! – Ulli Nissen [SPD]: Aber nur zu Vertragsbeginn!)
Klar ist auch – das wird hier immer falsch dargestellt –: Wenn ein Vermieter falsche Angaben zur Vormiete macht, dann ist das strafbar. Das ist glasklar als Betrug strafbar. Deswegen stimmt es einfach nicht, wenn hier immer behauptet wird, es gebe keine Sanktionen bei der Mietpreisbremse. Wir haben hier das Strafrecht als Instrument. Das ist sogar die schärfste Sanktionsmöglichkeit, die wir als Gesetzgeber vorsehen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Linke fordert hier trotzdem eine Verschärfung der Mietpreisbremse, nämlich die Abschaffung aller Ausnahmen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Zu Recht!)
Richtig ist: Natürlich gibt es bei der Mietpreisbremse Ausnahmen. Jede dieser Ausnahmen ist aber berechtigt und hat auch gute Gründe.
Ich komme zum Neubau. Ein Neubau ist heutzutage teuer. Sie können einfach nicht neue Wohnungen bauen, die zu einer Miete in Höhe von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete angeboten werden. Das schaffen Sie einfach nicht. Wenn wir keine Ausnahme für den Neubau hätten, dann hätte das zur Folge, dass niemand mehr neue Wohnungen bauen würde. Wir hätten weniger Angebot auf dem Markt, und deswegen würden die Mieten weiter steigen. Deshalb ist die Ausnahme für den Neubau, die wir hineinverhandelt haben, genau richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Genauso richtig ist es im Übrigen, dass es eine Ausnahme bei bestehender Vormiete gibt. Wir müssen den Bestandsschutz gewährleisten, weil das eine Frage der Rechts- und Finanzierungssicherheit ist. Wir können hier nicht auf laufende Vertragsverhältnisse einwirken. Das ist auch mit Blick auf Artikel 14 unseres Grundgesetzes eine zwingende verfassungsrechtliche Voraussetzung.
Ebenso richtig ist schließlich auch die Ausnahme bei umfassenden Modernisierungen. Ich habe es gerade gesagt: Wir wollen doch alle miteinander, dass die Wohnungen modernisiert werden. Wir wollen den altersgerechten Umbau und die energetische Sanierung. Das ist aber teuer. Wenn wir den Vermietern sagen: „Ja, du sollst modernisieren“, während er die Modernisierung in keiner Weise finanzieren und wirtschaftlich tragfähig darstellen kann, dann wird doch hinterher die Folge sein, dass niemand mehr modernisiert, und das kann doch nicht das Ziel sein.
Frau Lay, an dieser Stelle sage ich Ihnen: Sie streuen hier den Leuten Sand in die Augen, indem Sie sagen, man könne jetzt 11 Prozent auf die Miete umlegen, was gleichzusetzen sei mit der Rendite. Ich glaube, Sie wissen es besser, dass das natürlich überhaupt nichts miteinander zu tun hat.
(Widerspruch der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
Es geht darum, die Kosten umzulegen. Hier müssen wir natürlich ran. Es gibt ein niedriges Zinsniveau, und wir sind auch gesprächsbereit, wenn es darum geht, diese Modernisierungsumlage zu senken.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Machen Sie es noch in dieser Legislaturperiode, oder nicht?)
Streuen Sie den Menschen hier aber nicht Sand in die Augen, indem Sie sagen, dass eine Modernisierungsumlage von 11 Prozent gleichzeitig die Rendite ist, die die Vermieter erzielen. Das, was Sie hier machen, ist einfach nicht redlich, und das könnten Sie einmal korrigieren und zurücknehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Noch einmal: Jede dieser Ausnahmen – es geht um den Neubau, die Vormiete und die umfassende Modernisierung – hat ihre Berechtigung. Deswegen sagen wir als Union an dieser Stelle auch ganz klar: Mit uns wird es keine Streichung dieser Ausnahmen und auch keine andere Verschärfung der Mietpreisbremse geben, weil wir nicht wollen, dass die Mietpreisbremse zu einer Investitionsbremse wird.
Ich will trotzdem sagen: Wir geben unser Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hier nicht auf. Klar muss aber auch sein: Die Mietpreisbremse ist kein Allheilmittel gegen steigende Mieten. Das war uns doch allen miteinander klar. Wir müssen nicht nur an den Symptomen ansetzen, sondern auch die Ursachen von steigenden Mieten bekämpfen. Das Mietrecht im Allgemeinen und die Mietpreisbremse im Speziellen können dazu aber nur einen ganz kleinen Beitrag leisten. Sie sind zwei Bausteine in einem ganzen Bündel von Maßnahmen, die wir durchführen müssen.
Im Kern geht es doch darum: Wir haben in unserem Land zu wenig Wohnungsbau. Deswegen hilft nur eines, wenn wir steigende Mieten nachhaltig bekämpfen wollen: Wir müssen bauen, bauen, bauen, und zwar mehr und schneller.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Und sozial!)
Hier sind vor allen Dingen auch die Länder und Kommunen in der Pflicht. Wir haben bei der Einführung der Mietpreisbremse gesagt: Die Länder, die das einführen, müssen ein Maßnahmenpaket beschließen und sagen, wie sie mehr Wohnungsneubau schaffen wollen. Wenn ich mir die einzelnen Länder einmal anschaue, muss ich sagen: Da ist relativ wenig passiert. – Ich gucke hier auch einmal auf meine eigene Stadt, Berlin: Berlin baut im Verhältnis zu Hamburg nur halb so viele Wohnungen. Dann muss man sich auch nicht wundern, dass die Mieten hier ansteigen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh weia! Das ist sehr schlicht! Wer hat denn gerade regiert?)
Wir müssen mehr für den Wohnungsbau tun. Wir als Bund nehmen hier auch unsere Verantwortung wahr. Wir haben die Mittel für die soziale Wohnraumförderung in den letzten Jahren massiv erhöht. Ab 2017 werden jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro dafür zur Verfügung stehen.
(Zuruf von der SPD: Dank uns! Haben wir durchgesetzt!)
Wir geben den Ländern diese Mittel, damit sie dafür sozialen Wohnungsbau betreiben. Und was tun die Länder? Sie machen damit alles Mögliche, aber sie bauen keine neuen Wohnungen. Deswegen sage ich: Das geht so nicht. Wir brauchen eine klare Zweckbindung für diese Mittel, damit sie auch da ankommen, wo sie ankommen sollen. Das müssen wir als Bund auch kontrollieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es gibt noch ganz viele Punkte, bei denen die Länder in der Verantwortung sind. Es geht darum, mehr Bauland auszuweisen und die bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu entschlacken, sodass man im urbanen Raum nachverdichten und auf den Dächern die Potenziale für Wohnungen heben kann. Es muss einfacher werden, und wir müssen schneller werden. Wir müssen an den Standards ansetzen. Wir können es daran sehen: Nur die EnEV 2016 verteuert das Bauen um bis zu 8 Prozent.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Es gibt eine Studie, die das widerlegt! Man kann mit neuen Standards so bauen, dass das günstig ist!)
Meine Damen und Herren, natürlich ist es so, dass diese Verteuerung hinterher bei den Mietern ankommt. Wenn ich das Bauen teurer mache, dann werden hinterher auch die Mieten höher sein. So einfach ist die Rechnung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen müssen wir alles tun, damit sich das Investitionsklima für Wohnungsneubau nicht verschlechtert, sondern es muss sich verbessern.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie denken schon wieder nur an die, die Geld haben!)
Da müssen wir dann auch über steuerliche Förderung nachdenken.
Es gab ein Projekt, das wir in der Koalition fast schon bis zum Abschluss gebracht haben. Das ist leider auf den letzten Metern, auf der Zielgeraden, an der SPD gescheitert. Ich bedaure es sehr, dass wir keine Einigung mit dem Koalitionspartner hinbekommen haben.
(Ulli Nissen [SPD]: Wissen Sie, was Sozialwohnungsbau ist, Herr Luczak?)
Da kann ich nur hoffen, dass die SPD zur Einsicht kommt. Wir brauchen mehr steuerliche Förderung, damit wir mehr Wohnungen neu bauen können. Das ist zum Wohle der Mieterinnen und Mieter in unserem Land, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich müssen sich auch die Länder an die eigene Nase fassen und sehen, was sie sonst alles machen. Ich denke zum Beispiel an die Grunderwerbsteuer. Das Aufkommen aus dieser Steuer ist in den letzten Jahren massiv angestiegen, weil fast alle Länder, bis auf Sachsen und Bayern – da liegt die Grunderwerbsteuer immer noch bei 3 Prozent –, die Grunderwerbsteuer massiv erhöht haben. Die Linke in Thüringen plant gerade, die Grunderwerbsteuer zum Anfang nächsten Jahres zu erhöhen. Das rot-rot-grüne Bündnis, das sich hier in Berlin anschickt, die Macht zu ergreifen
(Ulli Nissen [SPD]: „Macht zu ergreifen“? Wo sind wir denn hier?)
– das war eine schlechte Formulierung, das gebe ich gerne zu –, plant ebenfalls, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen.
(Ulli Nissen [SPD]: Panik!)
Da muss man schon einmal, liebe Kollegen von den Linken, Ihrem thüringischen Ministerpräsidenten sagen: Wenn Sie das Bauen so teuer machen, dann werden auch die Mieten steigen.
Das ist das Gegenteil dessen, was wir brauchen. Wir brauchen stattdessen ein ausgewogenes Paket, von dem wir sagen können: Natürlich nehmen wir den Anspruch auf bezahlbaren Wohnraum ernst. Wir wollen den Mieterinnen und Mietern helfen, damit sie nicht verdrängt werden. Aber wir brauchen Investitionsbedingungen, mit denen Neubau ermöglicht wird. Dafür brauchen wir ein ausgewogenes Paket.
In dem Paket, das uns als Mietrechtspaket II vorliegt, ist nicht alles falsch.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht alles falsch!)
Aber in der Summe führt es dazu, dass sich die Investitionsbedingungen massiv verschlechtern werden. Deswegen rufe ich die SPD auf: Setzen wir uns zusammen, um ein vernünftiges Paket zu schnüren, mit dem wir die unterschiedlichen Interessen – bezahlbarer Wohnraum, altersgerechter Umbau und energetische Sanierung – zusammenbringen können.
(Zuruf von der LINKEN: Mein Gott!)
Dann können wir auch wirklich etwas für die Menschen in unserem Land tun.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Dafür gibt es von mir keinen Beifall!)
Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Christian Kühn.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7009798 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Mietpreispolitik und Mieterschutz |