29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 5

Katja MastSPD - Flexibilisierung des Übergangs in den Ruhestand

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Rente und Erwerbsleben sind eng miteinander verzahnt; denn wir wissen: Rente ist der Spiegel gelebten Lebens, genauer: gelebten Arbeitens. Beide Bereiche haben wir in dieser Legislatur – beispielsweise mit dem Rentenpaket I sowie mit dem Mindestlohngesetz – gestaltet. Es kommt aber auch noch die Regulierung von Werkverträgen und Leiharbeit hinzu.

Heute diskutieren wir, wie wir Arbeit und Rente besser miteinander verzahnen können, also wie wir einen gleitenden, ja sogar einen fließenden Übergang zwischen Arbeit und Rente, zwischen beiden Lebensphasen ermöglichen können. Für uns von der SPD ist dabei besonders wichtig, wie man gesund und fit, aber auch vor allem selbstbestimmt das Rentenalter erreicht.

(Beifall bei der SPD)

Das ist für uns eine Frage sozialer Gerechtigkeit.

Drei Punkte will ich nennen, wieso unser Gesetz – jetzt nenne ich für alle nach mir folgenden Rednerinnen und Redner noch einmal den vollständigen Titel; es ist das „Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben“ – mehr Selbstbestimmtheit möglich macht.

Erstens. Selbstbestimmter Übergang in Rente ist nur möglich, wenn ich mein Renteneintrittsalter gesund erreiche und nicht durch Krankheit gezwungen werde, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Denn heute ist es ja oft so, dass zwischen Erwerbsleben und Rente noch Phasen von Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Erwerbsminderung liegen. Deshalb gibt es heute schon den Grundsatz: Reha vor Rente. Diesen Ansatz stärken wir mit diesem Gesetz, indem wir dafür sorgen, dass die Rehabedarfe früher festgestellt werden und mehr Personen von Reha profitieren können, und wir stärken die Rolle der Selbstverwaltung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir gehen mit diesem Gesetz aber noch einen Schritt weiter. Vorsorgende Sozialpolitik bedeutet, vor der Reha anzusetzen, nämlich Prävention zu stärken. Deshalb sagen wir: Prävention vor Reha und Reha vor Rente.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden dafür sorgen, dass mehr Menschen von den Präventionsleistungen der Rentenversicherung profitieren können. Wir führen einen Ü-45-Check-up ein, ein freiwilliges Angebot, um sich berufsbezogen durchchecken zu lassen, und zwar sowohl gesundheitlich als auch, was die Qualifikation betrifft. Denn wann entscheidet sich im Leben, ob man bis zur Rente fit und qualifiziert ist? Meistens in der Mitte des Lebens, ungefähr mit 45 Jahren. Deshalb der Ü-45-Check-up. Wir unterstützen damit die Menschen, ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten – und das selbstbestimmt.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt. Selbstbestimmt bedeutet auch, selbst entscheiden zu können, wann ich in Rente gehe und wie ich in Rente gehe. Nicht jeder und jede will gleich in Rente gehen; manche wollen vielleicht teilweise arbeiten, 40, 50, 60 oder 70 Prozent. Das Instrument dafür heißt Teilrente. Diese machen wir endlich transparenter, flexibler und damit attraktiver; denn die bisherigen Teilrentenregelungen bestrafen meist die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn diese hinzuverdienen, manchmal sogar dann, wenn sie nur 1 Euro hinzuverdienen. Deshalb ist es kein Wunder, dass die Teilrente heute kaum genutzt wird. Wir wollen die seit vielen Jahren andauernde Debatte über die Reform der Teilrente mit unserem Gesetz und unserem tragfähigen Konzept endlich beenden. Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen: Die SPD hätte sich gut vorstellen können, dass die Teilrente nicht erst mit 63, sondern mit 60 Jahren beginnt. Aber das können wir in Zukunft in die Hand nehmen.

Wenn ich über die Verzahnung rede, geht es auch darum, wie man nach dem Eintritt in das Rentenalter weiterarbeiten kann. Da wird es künftig so sein, dass man von der Rente profitieren kann, wenn man seine eigenen Arbeitnehmerbeiträge in die Rentenversicherung einzahlt. Auch das ist Selbstbestimmtheit.

(Beifall bei der SPD)

Drittens bedeutet für uns selbstbestimmt, dass wir bei dem Problem der sogenannten Zwangsverrentung – das war uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten besonders wichtig – endlich eine Verbesserung für die Menschen erreicht haben. Künftig kann niemand mehr gezwungen werden, aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug in Rente mit Abschlägen geschickt zu werden, wenn dadurch dauerhafte Altersarmut droht.

(Beifall bei der SPD)

Sie sehen: Das ist ein großes und auch ein komplexes Paket. Es war kein einfacher Prozess. Es gab intensive Beratungen mit dem Bundesarbeitsministerium, mit unserer Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, vor allem mit der zuständigen Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller, aber auch mit allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundesarbeitsministerium, mit Experten der Rentenversicherung, mit der Bundesagentur für Arbeit und den Gewerkschaften. All denen will ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihre kompetente Beratung in diesem Prozess danken.

(Beifall bei der SPD)

Bedanken will ich mich natürlich auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, bei den Kolleginnen und Kollegen der Union ebenso wie bei denen meiner Fraktion, aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die daran mitgearbeitet haben; denn auch sie haben diesen Prozess mit uns gemeinsam gestaltet.

Ich bin froh, dass wir diesen Gesetzentwurf heute vorlegen und beraten können; denn beide Bereiche müssen gestaltet werden: die Rentenpolitik und die Arbeitsmarktpolitik. Nur dann können wir verzahnen, und nur so schaffen wir Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7009828
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Flexibilisierung des Übergangs in den Ruhestand
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