29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 5

Martin RosemannSPD - Flexibilisierung des Übergangs in den Ruhestand

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen: Ich bin schon ein bisschen stolz auf dieses Gesetz. Denn zum einen greifen wir mit diesem Gesetz ganz zentrale gesellschaftliche Herausforderungen auf. Die Erwerbsbiografien werden immer individueller, immer unterschiedlicher. Es gibt eben immer mehr Leute in diesem Land, die nicht mit einem bestimmten Alter – von 100 auf null – einfach aus dem Erwerbsleben ausscheiden wollen.

Das Zweite ist: Es ist ein Gesetz aus der Mitte des Bundestages, das Ergebnis einer Koalitionsarbeitsgruppe, ein Gesetz der Koalitionsfraktionen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Ich finde, wir haben mehr erreicht, als die meisten Skeptiker uns zugetraut haben. Das offenbart die Einigungsfähigkeit dieser Koalition. Ich muss zu Ihrem Redebeitrag, lieber Markus Kurth, schon sagen: Da springt doch wirklich aus jeder Pore der Neid, dass Sie nicht dabei sein durften.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Dritte ist: Dieses Gesetz trägt eine klare sozialdemokratische Handschrift. Denn neben Anreizen für längeres Arbeiten

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Länger arbeiten ist sozialdemokratisch?)

und flexibleren Möglichkeiten, früher in Rente zu gehen, schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass die Leute es erst einmal gesund bis zur Regelaltersgrenze schaffen,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

dass sie nämlich nicht darauf angewiesen sind, in die Erwerbsminderungsrente oder in die Arbeitslosigkeit zu fallen. Deswegen stärken wir Prävention und Rehabilitation.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da haben Sie, Markus Kurth, das Gesetz offenbar nicht richtig gelesen. Wir machen Nachsorge und Prävention zu Pflichtleistungen, wir machen Kinder- und Jugendrehabilitation zu einer Pflichtleistung der gesetzlichen Rentenversicherung, wir stärken Kinder- und Jugendrehabilitation, und wir führen einen individuellen, berufsbezogenen Gesundheitscheck ab dem 45. Lebensjahr ein; meine Kollegin Dagmar Schmidt wird noch näher darauf eingehen.

Meine Damen und Herren, ich bin auf vielen Veranstaltungen, bei denen es um das Thema Rentenpolitik geht, und da begegnet mir immer wieder, dass Menschen glauben, sie müssen mit Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand gehen. Sie wissen häufig gar nicht, dass es für eine spätere Inanspruchnahme der Rente sogar Zuschläge gibt, für jeden Monat 0,5 Prozent, für jedes Jahr 6 Prozent. Deshalb ist es so wichtig – auch das steht in dem vorliegenden Gesetzentwurf –, als Allererstes die Information der Rentenversicherung zu verbessern. Das gilt für die zukünftige Möglichkeit als Vollrentner, Rentenanwartschaften zu erwerben, und das gilt auch für die Möglichkeit, früher teilweise auszusteigen und Teilrente in Anspruch zu nehmen. Dafür gestalten wir die Teilrente deutlich flexibler und attraktiver.

Im Gegensatz zu dem, was Sie hier sagen, ersetzen wir das bisherige Dreistufenmodell in der Teilrente. Die Teilrente ist in Zukunft stufenlos wählbar. Die Stufenabstürze, unter denen die Menschen mit Hinzuverdienst bisher leiden, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Von jedem Euro, den ich als Teilrentner mehr verdiene, habe ich 60 Cent mehr in der Tasche. 40 Cent werden freilich auf die Rente angerechnet, aber damit werden weniger Rentenleistungen in Anspruch genommen, auf die dann später auch keine Abschläge gezahlt werden müssen. Man hat also mit der neuen Regelung bei der Teilrente bei mehr Zuverdienst einen doppelten Vorteil: Wer als Teilrentner mehr verdient, hat unter dem Strich direkt mehr in der Tasche und später mehr Rente, weil Abschläge reduziert und zusätzliche Rentenanwartschaften erworben werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir gehen von der Monats- zur Jahresbetrachtung über. Auch das führt zu mehr Bürokratieabbau und zu Vereinfachung. Was viele auch nicht wissen, ist, dass die ganzen Zuverdienstregelungen nur bei Inanspruchnahme einer Rente vor der Regelaltersgrenze gelten.

(Katja Mast [SPD]: Richtig!)

Erreiche ich die Regelaltersgrenze, dann kann ich so viel dazuverdienen, wie ich will.

Wir machen den vorzeitigen Ausstieg planbarer, indem wir den Abkauf von Abschlägen bereits ab 50 Jahren ermöglichen statt wie bisher ab 55 Jahren. Und da verstehe ich Sie nicht, Markus Kurth:

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ich schon!)

Wer hier sagt, man will schon mit 40 den Menschen die Möglichkeit geben, den Ausstieg zu planen, der setzt die völlig falschen Anreize und die völlig falschen Signale.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Leute, ich werde in diesem Jahr 40 – ob mir das passt oder nicht: es sind nur noch wenige Wochen –, aber ich will jetzt noch nicht über den Ausstieg aus dem Erwerbsleben nachdenken. Ich glaube, das wäre angesichts der demografischen Entwicklung auch das völlig falsche Signal.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Zusammengefasst: Wir schaffen mehr Anreize für längeres Arbeiten. Wir sorgen dafür, dass mehr Menschen die Regelaltersgrenze gesund erreichen. Wir schaffen mehr, bessere und flexiblere Ausstiegsmöglichkeiten für die, die das nicht können. Natürlich ist richtig: Diese Ausstiegsmöglichkeiten beginnen erst mit dem 63. Geburtstag. Aber natürlich können gesundheitliche Probleme auch schon vorher vorkommen. Dem wirken wir mit Prävention und Rehabilitation entgegen, aber mit Sicherheit wird es nicht bei allen reichen. Das Problem ist: Wenn es dann nicht für eine Erwerbsminderungsrente reicht, droht Arbeitslosigkeit. Hier mit einem anderen Angebot wie dem Arbeitssicherungsgeld anzusetzen, das bleibt für uns auf der Tagesordnung. Denn wir meinen: Teilzeitarbeit ist besser als Arbeitslosigkeit, und dies finanziell abzufedern, ist und bleibt die Idee des Arbeitssicherungsgeldes.

(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])

Es geht darum, den Lohnverlust, der dadurch entsteht, dass Menschen nur noch in Teilzeit arbeiten können, teilweise auszugleichen. Natürlich ist es bedauerlich – das sage ich für meine Fraktion –, dass man bei dem Prüfauftrag stehen geblieben ist. Ich sage aber auch: Wir werden dieses Konzept weiterverfolgen und gerne mit Ihnen in der nächsten Legislaturperiode umsetzen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein vernünftiger Satz!)

Und Sie kommen dann zum Schluss, lieber Herr Kollege.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Insgesamt ist dieses Gesetz ein wichtiger Beitrag, um den Übergang von Erwerbsarbeit in Rente flexibler auszugestalten und den unterschiedlichen individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Stephan Stracke, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7009838
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Flexibilisierung des Übergangs in den Ruhestand
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