Dagmar SchmidtSPD - Flexibilisierung des Übergangs in den Ruhestand
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon viel zu dem Gesetz gesagt worden. Uns als SPD war es besonders wichtig, Verbesserungen zu erreichen, damit Menschen gesund bis zur Rente, bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können. Wenn wir darüber reden, wie eine gute Rente zu erreichen ist, dann ist die beste Voraussetzung ein langes, möglichst lückenloses und gesundes Erwerbsleben bei gutem Lohn.
Betrachten wir das durchschnittliche Renteneintrittsalter inklusive aller Rentenarten, so lag es 2015 bei 61,9 Jahren. Im Vergleich dazu lag das durchschnittliche Zugangsalter nur in die Altersrente bei 64 Jahren. Die hohe Zahl der Eintritte in die Erwerbsminderungsrente senkt das durchschnittliche Rentenalter also um mehr als zwei Jahre. Dies wäre nur reine Statistik, würde sich hinter dem frühen Zugangsalter in die Erwerbsminderungsrente, nämlich einem durchschnittlichen Alter von gerade einmal 51,6 Jahren, nicht eines der größten Risiken für Altersarmut verbergen.
Wir haben schon viel gemacht; das ist gesagt worden. Die sogenannte Zurechnungszeit bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente wurde von 60 auf 62 Jahre verlängert,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gut! Das reicht aber nicht!)
und mit der sogenannten Günstiger-Prüfung, die wir eingeführt haben, wird geschaut, ob die meist ja schon wegen der Krankheit schlechter bezahlten letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderungsrente die Rente senken. Ist dies der Fall, werden sie nicht berücksichtigt.
Aber der beste Beitrag für eine gute Rente ist, zu vermeiden, dass jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht weiter arbeiten kann.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für uns gilt der Grundsatz „Prävention vor Reha und Reha vor Rente“. Was machen wir da? Es ist bereits angedeutet worden: Die Leistungen zur Teilhabe in der gesetzlichen Rentenversicherung werden eine Pflichtleistung. Wir machen aus der Kannleistung für Teilhabe eine Mussleistung, auch wenn bisher die Leistungen regelmäßig auf Antrag erbracht wurden. Jetzt gibt es den individuellen Anspruch. Wir haben ergänzt, dass Leistungen zur Teilhabe nicht nur dann erbracht werden, wenn damit der Arbeitsplatz erhalten werden kann, sondern auch dann, wenn es möglich ist, einen anderen Arbeitsplatz zu bekommen.
(Beifall bei der SPD)
Wir führen eine bundeseinheitliche Regelung zur Nachsorge ein und beseitigen die Begrenzung der Ausgaben für die Nachsorge. Denn wer möchte, dass eine Reha Erfolg hat, dass die oftmals notwendigen Verhaltensänderungen und Änderungen der Lebensweise nachhaltig sind, der muss auch die Nachsorge stärken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dass wir es mit der Prävention sehr ernst meinen, sieht man daran, dass wir mit unserem Gesetz auch die Reha für Kinder stärken.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Was haben wir verbessert? Die Träger der Rentenversicherung dürfen die Leistungen der Kinderreha jetzt auch ambulant erbringen, was das Leben der Familien deutlich erleichtern dürfte. Genauso haben wir nun den Anspruch gesetzlich verankert, dass eine Begleitperson mitkommen darf oder auch die Familienangehörigen mitkommen dürfen, wenn dies für die Durchführung der Reha notwendig ist. Das sind kleine Änderungen im Gesetz, die aber große Erleichterungen für die betroffenen Kinder und ihre Familien darstellen. Auch darauf können wir stolz sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Ü-45-Check-up haben wir eine weitere präventive Maßnahme in der Lebensmitte in Gang gebracht. Ich bin ja bald in dem Alter, und ich kann feststellen, dass es nicht mehr wie mit 20 ist. Die ersten Verschleißerscheinungen machen sich bemerkbar.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Je nach Tätigkeit sind diese unterschiedlich stark und unterschiedlich in ihren Auswirkungen auf den aktuellen Arbeitsplatz. Wir sind der Auffassung, dass es, wenn der Rücken oder die Knie erst kaputt sind oder die psychische Belastung zu einer psychischen Erkrankung geführt hat, schwer ist, sich noch einmal umzuorientieren, noch einmal einen neuen Anlauf zu nehmen oder sich umzustellen. Deswegen wollen wir rechtzeitig einen individuellen Anspruch auf eine umfassende Gesundheitsuntersuchung sowie eine Gefährdungs- und Potenzialanalyse in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit. Aus den Ergebnissen und Gesprächen sollen Maßnahmen resultieren und unterstützt werden, entweder in Bezug auf den Arbeitsplatz, auf die berufliche Weiterbildung oder aber auch, wenn es nicht anders geht, eine Umschulung für eine Tätigkeit, die ohne die zu erwartenden gesundheitlichen Schädigungen ausgeführt werden kann.
Wir haben lange und mit vielen Fachleuten darüber geredet, wie genau solch ein Check-up aussehen kann. Wir mussten feststellen, dass es eine sowohl auf Arbeitsmedizin als auch auf den Arbeitsmarkt ausgerichtete Fachkompetenz bisher in dieser Form nicht gibt. Deswegen wird die Deutsche Rentenversicherung entsprechende Modellprojekte mit unterschiedlichen Partnern starten, um die bestmögliche Umsetzung des Check-ups zu gewährleisten. Wir sind sehr gespannt, was dabei herauskommt. Ich glaube, das ist eine wirklich gute Sache.
Mit all diesen Maßnahmen stärken wir die Vorsorge und den Gesundheitsschutz. Das ist nicht nur gut in Bezug auf eine gute Rente, sondern das ist auch vor allem gut für das persönliche Wohlbefinden. Denn die Belastung am Arbeitsplatz steigt. Immer mehr Arbeitnehmer fehlen aufgrund von psychischen Erkrankungen oder leiden unter größerem Druck bei der Arbeit. Deswegen bleiben wir nicht stehen: erst das Präventionsgesetz, jetzt weitere wichtige Schritte im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. Aber es ist auch notwendig, die Arbeitgeber mehr in die Verantwortung zu nehmen. Wir wollen das betriebliche Eingliederungsmanagement verbessern und verbreitern sowie perspektivisch eine Antistressverordnung erarbeiten. Auch der von Arbeitsministerin Nahles angestoßene Dialog „Arbeiten 4.0“ wird uns noch einige Arbeitsaufträge mitgeben.
(Beifall bei der SPD)
Packen wir es an – ohne Stress und bei bester Gesundheit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Dr. Carsten Linnemann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7009845 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Flexibilisierung des Übergangs in den Ruhestand |