29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Zusatzpunkt 2

Carsten SchneiderSPD - Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen zur Reform der Erbschaftsteuer

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Hajduk, ich bin kein Jurist.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann nennen Sie mir einen Juristen, der sagt, das ist verfassungsgemäß!)

Wenn Klagen da sind, hat sich das Verfassungsgericht damit zu beschäftigen. Allerdings hat das Verfassungsgericht klar gesagt: Der Gesetzgeber – also wir – kann Unternehmen, wenn es um den Fortbestand von Arbeitsplätzen geht, schützen; allerdings müssen Ausnahmetatbestände bei höchstem Erbvermögen gestrichen werden. – Genau das haben wir gemacht.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein!)

Was die Verfassungsmäßigkeit angeht, zitiere ich nur den grünen Ministerpräsidenten Kretschmann, der nach der Einigung im Vermittlungsausschuss gesagt hat:

Das Ergebnis ist nach unserer Prüfung verfassungsfest und zugleich ein guter Kompromiss für unsere Familienunternehmen.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Setzen Sie sich im Zweifel mit der Staatskanzlei in Stuttgart in Verbindung.

Ich möchte auf das Ergebnis des Vermittlungsausschusses eingehen. Wir haben hier im Bundestag zwischen CDU/CSU und SPD eine Einigung erzielt. Das war ein Kompromiss. Ich glaube, wenn die Union allein entschieden hätte, wäre das Ergebnis anders gewesen, und wenn die SPD allein entschieden hätte, wäre das steuerliche Aufkommen wahrscheinlich höher. Es ist kein Geheimnis, dass wir der Meinung sind, dass mit der Erbschaftsteuer durchaus Verteilungswirkungen verbunden sind und dass insbesondere die höheren Vermögen steuerlich stärker herangezogen werden sollten.

Das, was vereinbart worden ist, entspricht dem Wesen eines Kompromisses. Wir, die SPD, hatten uns vorgenommen, den Unternehmensübergang in Deutschland – es ist eh schwierig, Nachfolger zu finden – zu erleichtern, sodass Arbeitsplätze im Kern erhalten bleiben, und die kleinen und mittleren Unternehmen nicht weiter zu belasten. Die Grünen und die Linken haben im Bundesrat und im Bundestag, in beiden Häusern, keinen einzigen Änderungsantrag eingebracht.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: So ist das!)

Man kann anderer Auffassung sein, keine Frage.

Frau Hajduk, den Vorschlag, den Sie eben gemacht haben – ich weiß nicht, ob er parteiprogrammatisch schon beschlossen ist –, eine Flat Tax, also einen einheitlichen Steuersatz auf alles, von 15 Prozent zu beschließen, ist im Vergleich zu dem, was wir vorhaben, ungerecht. Denn jeder kleine Krauter, jeder kleine Bäcker, jede Wäscherei würde bei Umsetzung Ihres Vorschlags bei Unternehmensfortführung eine Erbschaftsteuer von 15 Prozent zahlen, während die Reichen, diejenigen, die ein Unternehmen im Wert von über 90 Millionen Euro erben, auch nur 15 Prozent zahlen, nach Verabschiedung unseres Gesetzentwurfes aber 30 Prozent. Das heißt, die Umsetzung Ihres Modells würde dazu führen, dass die obersten Vermögen geringer und die kleineren überhaupt besteuert werden. Wir jedenfalls wollen das nicht, und deswegen haben wir uns zur Zustimmung zum Ergebnis des Vermittlungsausschusses entschlossen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will jetzt nicht auf Ihre internen Parteiprobleme – Sie müssen sie lösen –, was Vermögen- und Erbschaftsteuer betrifft, eingehen. Aber ich finde es bezeichnend, wenn die Welt nach Bekanntgabe des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses titelt: „Winfried Kretschmann ist die Hoffnung der Firmenerben“. Ohne aus der Vermittlungsausschusssitzung zu zitieren, kann ich sagen, dass er zumindest in dem, was er vorgetragen hat, diese Hoffnung auch bestätigt hat. Wenn in dieser Frage kein Blatt zwischen Herrn Seehofer und Herrn Kretschmann passt, dann kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber klären Sie das parteiintern.

Wir im Bundestag müssen das Gesetzgebungsverfahren abschließen. Wenn wir nicht handeln, dann könnte die Konsequenz sein, dass wir gar keine Erbschaftsteuer mehr haben, dass das Verfassungsgericht wegen unserer Untätigkeit zu dem gleichen Urteil käme wie im Zusammenhang mit der Vermögensteuer. Der Bund hätte dann kein Erbschaftsteueraufkommen mehr. Die damit verbundene Abwägung müssen wir letztendlich vornehmen. Wir Sozialdemokraten haben uns klar dafür entschieden, in Deutschland das Instrument der Erbschaftsteuer zu erhalten und gerechter auszugestalten.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was jetzt?)

Ich finde, auch im Vermittlungsausschuss sind viele Veränderungen vorgenommen worden. Etwa der Unternehmenswert – Kollege Michelbach hat das angesprochen – ist im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf höher als im ursprünglichen Gesetzentwurf. Es wurde also mehr geändert, als nur ein Komma zu entfernen. Wir haben für die Klarstellung gesorgt, dass Oldtimer, Kunstgegenstände etc. nicht dem Betriebsvermögen zugerechnet werden.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mutig!)

Wir haben auch andere Dinge verhindert, die zu einem Aufweichen der Bemessungsgrundlage geführt hätten.

(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Alles in allem kann ich für die SPD-Fraktion sagen: Wir haben dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zugestimmt. Wir geben den Arbeitnehmern mit dem Erhalt der Arbeitsplätze, aber auch den Unternehmern die Sicherheit, dass sie im Erbfall nicht in eine Schieflage kommen. Der Bund erhält nach Verabschiedung des Gesetzentwurfs ein deutlich höheres Aufkommen aus der Erbschaftsteuer. Wir tragen dies mit, auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle uns eine bessere Regelung hätten vorstellen können. Aber die Verantwortung gebietet, dann auch zu der getroffenen Entscheidung zu stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Christian von Stetten für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010024
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen zur Reform der Erbschaftsteuer
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