29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Zusatzpunkt 2

Anja KarliczekCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen zur Reform der Erbschaftsteuer

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! In der letzten Dreiviertelstunde haben wir die meisten Argumente schon gehört. Ich bin die Vorletzte, die hier vortragen darf, und will daher nur ein paar Punkte herausgreifen.

Lieber Lothar Binding, ich fange mit der Bewertung von Betriebsvermögen an.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Die war gut!)

Unternehmenswerte bis zum 18-Fachen des Ertragswertes: Geh einmal hin und kauf zu diesen Bedingungen ein Unternehmen und versuch, damit glücklich zu werden und damit Geld zu erwirtschaften.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das war ja zu hoch! Deshalb wollten wir es absenken!)

Frag mal die mittelständischen Unternehmer im Münsterland, ob ihre Unternehmen so viel wert sind. Ich bin gespannt, was sie dir dazu sagen.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Die verkaufen dann alle!)

Das ist total unrealistisch. Meiner Meinung nach ist auch das 13,75-Fache noch sehr ambitioniert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das 12,5-Fache wäre besser gewesen; aber auch das wäre noch nicht gut gewesen; denn auch das wäre noch zu viel.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die Tränen kommen uns jetzt noch nicht dabei! – Gegenruf des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Brauchst du ein Taschentuch?)

Zweiter Punkt. Zur Frage nach der Verfassungsfestigkeit, die hier ständig im Raum steht: Ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, den Verfassungsrichtern ihre Arbeit abzunehmen.

(Zuruf der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir sind der Gesetzgeber. Wir halten uns an das, was uns als Aufgabe ins Arbeitsbuch geschrieben wurde.

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Und ins Grundgesetz! Verfassung!)

Diese Aufgabe haben wir erfüllt. Wir haben ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Verschonung größerer Betriebsvermögen am wirklichen Verschonungsbedarf ausrichtet – Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens. Zur Beachtung gesellschaftlicher Verfügungsbeschränkungen – dieser Punkt ist bisher noch nicht angesprochen worden; aber er ist, wie ich finde, bedenkenswert –: Gesellschaftsverträge, die Gesellschafter eng an das Unternehmen binden, haben finanzielle Auswirkungen. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass dies zukünftig bei der Berechnung der Steuer mit einem Abschlag berücksichtigt wird. Gerade solche Punkte zeigen doch den Unterschied zwischen Kapitalgesellschaften und Familienunternehmen oder Unternehmen, die in Familienhand sind.

So weit zu einigen der neuen Regelungen. Worum geht es denn nun wirklich? Unser Land, Deutschland, ist mittelständisch strukturiert. Es gibt ungefähr 3,7 Millionen Unternehmen in Deutschland. Davon haben 3,6 Millionen weniger als 100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Nur etwa 57 700 haben bis zu 250 Mitarbeiter, und nur 13 000 Firmen haben mehr Mitarbeiter. Diese kleinteilige mittelständische Struktur funktioniert wunderbar.

Wir brauchen aber auch die größeren familiengeführten Unternehmen, und um die ging es jetzt bei den Änderungen; denn das Bundesverfassungsgericht hat ganz klar gesagt: Es geht nicht um die Verschonungsnotwendigkeit an sich, sondern nur um die Frage der Weite der Verschonung. – Der gesunde Mix, wie wir ihn heute haben, hat uns so stark gemacht, und deshalb ist es auch wichtig, dass wir das erhalten, was wir haben. Damit bleiben wir, was wir gerade in dieser schwierigen Zeit sind: wirtschaftlich stark.

Ein gesundes Unternehmen zahlt nämlich Steuern, stellt Arbeitsplätze bereit und – Christian von Stetten hat es eben sehr schön gesagt – engagiert sich in der Regel auch vor Ort. Dies für die Zukunft zu erhalten, ist gerade heute, gerade in einer sich schnell verändernden Welt mehr wert, als wir heute ermessen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In den kommenden Wochen, Monaten und Jahren haben wir aus meiner Sicht vielfältige große und kleine Aufgaben zu bewältigen, und wir brauchen an vielen Stellen starke und leistungsfähige Unternehmen. Die Digitalisierung wird hohe Investitionen erfordern, unsere älter werdende Arbeitnehmerschaft braucht andere Arbeitsplatzbedingungen, um gut und gesund arbeiten zu können. Auch die Integration, die wir bewältigen müssen, kann nur durch Arbeit zum Erfolg geführt werden. Wer macht das alles? Das machen in unserem Land unsere starken und innovativen Unternehmen. Dafür brauchen wir sie, und deswegen sollten wir ihnen immer schön die Hand schützend über dem Kopf halten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dass für all diese Aufgaben auch Zeit und finanzieller Atem da sein müssen, ist ja wohl klar. Daher ist es gut und richtig, dass der Vermittlungsausschuss ein Ergebnis gefunden hat, mit dem jetzt hoffentlich auch alle leben können; denn ich habe den Eindruck, dass niemand Verständnis dafür hat, wenn wir keine Lösungen für Detailfragen finden und uns stattdessen immer wieder in ideologischen Gefechten verbeißen. Die Menschen in unserem Land haben ein Recht darauf, dass wir uns nicht im Klein-Klein verheddern, sondern dass wir endlich den Blick nach vorn richten.

Unsere mittelständische Unternehmenslandschaft mit ihren vielen Familienunternehmen können wir nur dann erhalten, wenn die Belastungen gerade in einer Phase des Übergangs nicht überhandnehmen. Familienunternehmen investieren langfristig. Nur die wenigsten von ihnen können eine hohe Erbschaftsteuer aus irgendwelchen Ersparnissen bezahlen. Uns als politisch Verantwortlichen kann auf keinen Fall daran gelegen sein, dass Unternehmensanteile verkauft werden müssen, um Forderungen des Finanzamts gerecht zu werden.

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das war nicht die Idee!)

Das würde unsere Unternehmenslandschaft definitiv verändern, lieber Lothar Binding,

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja, ja!)

und zwar so, wie es weder euch noch den Linken gefallen könnte.

Wichtig ist doch vor allem, dass die Unternehmen nun endlich Klarheit bekommen und dass die Zeit der Unsicherheit für sie vorbei ist, dass sie wissen, worauf sie sich einstellen müssen. Gerade in einer unsicheren Zeit sind Planbarkeit und Verlässlichkeit schon ein Wert an sich. Dass es dabei bleibt, liegt nun am 14. Oktober in den Händen der Ländervertreter. Ich hoffe sehr, dass dieses Gesetz auch dort Zustimmung findet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat in dieser Runde Dr. Philipp Murmann für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010040
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Ergebnissen zur Reform der Erbschaftsteuer
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