Astrid Timmermann-FechterCDU/CSU - Partizipation und Selbstbestimmung älterer Menschen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herbert N. ist 65 Jahre alt und geht wöchentlich in ein Altersheim. Dort spielt er mit den Bewohnern Schach und liest Geschichten vor. Er engagiert sich, weil er das Gefühl hat, dort gebraucht zu werden. – Sandra M., 70 Jahre alt, ist Mitglied im städtischen Seniorenbeirat. Mit großem Engagement setzt sie sich für die besonderen Interessen und Belange der Seniorinnen und Senioren in ihrer Stadt ein. – Gisela S., 85 Jahre, ist eine leidenschaftliche Kulturliebhaberin. Jeden Montag fährt sie zusammen mit einer Seniorengruppe aus ihrem Stadtteil mit der U-Bahn in die Innenstadt. Dort besuchen sie Theatervorstellungen, die Oper oder auch Museen. Kultur war schon immer ein wichtiger Bestandteil in ihrem Leben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese fiktiven, aber realitätsnahen Beispiele zeigen, dass Partizipation viele Gesichter hat. Sie findet unter anderem im ehrenamtlichen und politischen Engagement oder auch in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben statt. Dabei wünscht sich die Mehrheit der Seniorinnen und Senioren, ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu führen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stehen wir jedoch vor neuen Herausforderungen. Immer mehr Menschen erreichen bei guter körperlicher und geistiger Gesundheit ein höheres Lebensalter. Zugleich steigt der Anteil der Menschen, die hilfe- und pflegebedürftig sind. Wir stehen vor der Aufgabe, die Bedingungen zu erhalten, aber auch zu schaffen, die Partizipation und ein selbstbestimmtes Leben älterer Menschen ermöglichen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Hierzu zählen insbesondere ein altersgerechtes und barrierearmes Wohnumfeld, Mobilität, Erreichbarkeit von Sport- und Freizeitmöglichkeiten und kulturellen Einrichtungen, soziale Dienstleistungen, Prävention und Pflege. Darüber hinaus wollen wir die aktive Teilhabe im Sinne von Mitgestaltung und Engagement ermöglichen und fördern. An diesen Herausforderungen arbeiten wir; denn es ist ein zentrales Ziel unserer Seniorenpolitik, ältere Menschen dabei zu unterstützen, auch im hohen Alter selbstbestimmt leben zu können und an der Gesellschaft teilzuhaben.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beinhaltet Forderungen, die bereits Bestandteil der Handlungsagenda unserer Bundesregierung sind. Beispielsweise wird gefordert, „eine Strategie des ‚aktiven Alterns’, die Selbstbestimmung, Teilhabe und Partizipation älterer Menschen in allen Lebensbereichen ermöglicht“, zu entwickeln. Diese Ziele werden bereits seit 2012 mit der Demografiestrategie der Bundesregierung verfolgt. In diesem Zusammenhang wurde die Arbeitsgruppe „Selbstbestimmtes Leben im Alter“ eingesetzt, die ein strategisches Konzept erarbeitet hat. Dieses verbindet Dimensionen des aktiven Alterns mit dem Bedarf an Unterstützungs- und Gesundheits- oder Pflegeleistungen.
Darüber hinaus fordern Sie mit Ihrem Antrag die Bundesregierung auf, ein Förderprogramm für „Lotsen-, Informations- und Vernetzungsbüros“ aufzulegen, die unter anderem über altersgerechtes Wohnen und Weiterbildungsangebote informieren sollen. Eine ähnliche Zielstellung hat neben dem Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ das 2013 initiierte Bundesprogramm „Anlaufstellen für ältere Menschen“. Bundesweit wurden über 300 Projekte ausgewählt, die das selbstständige Wohnen und Leben im Alter fördern.
Ein Großteil Ihrer Forderungen betrifft das altersgerechte und barrierefreie Wohnen. In diesem Zusammenhang existieren, wie auch in Ihrem Antrag erwähnt, bereits wichtige und bewährte Maßnahmen und Bundesprogramme. Mit dem Bundesprogramm „Altersgerecht Umbauen“ werden barrierereduzierende Baumaßnahmen unterstützt. Daneben fördert das Modellprojekt „Gemeinschaftlich wohnen, selbstbestimmt leben“ innovative gemeinschaftliche Wohnprojekte.
Sie fordern jedoch in Ihrem Antrag insbesondere eine stärkere finanzielle Förderung. Der Anteil an Bundesmitteln soll für das eben genannte Programm „Altersgerecht Umbauen“ aufgestockt werden. Es sollen verstärkt Finanzierungszuschüsse gegenüber Zinsverbilligungen angeboten werden. Über einen höheren Zuschuss oder einen niedrigeren Zinssatz sollen die Kombinationsmöglichkeiten mit der energetischen Gebäudemodernisierung weiter ausgebaut und attraktiver gemacht werden, und durch eine finanzielle Förderung eines Bewegungsfreiheitsbonus soll der Abbau von Barrieren im Wohnumfeld gefördert werden.
Wenn ich mir nun diesen Forderungskatalog genauer anschaue, insbesondere die Wünsche an die Länder – Sie stehen in vielen Landesregierungen in Verantwortung und können dort auch selbst Gespräche führen –,
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: NRW ist doch Vorreiter!)
wird für mich an dieser Stelle nicht deutlich, wie Sie diese Maßnahmen denn finanzieren wollen. Diesbezüglich werden von Ihnen keine Vorschläge eingebracht, und einen Antrag, in dem die Belastung für den Bundeshaushalt im Unklaren bleibt, können wir an dieser Stelle nur ablehnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Darüber hinaus betreffen viele Forderungen Ihres Antrags insbesondere die Kommunen. Wie Sie sicherlich wissen und wie wir jetzt hier auch schon mehrfach gehört haben, warten wir ja mit Spannung auf die Veröffentlichung des von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen siebten Altenberichts mit dem Titel „Sorge und Mitverantwortung in der Kommune – Aufbau und Sicherung zukunftsfähiger Gemeinschaften“. Insofern überrascht mich natürlich ein wenig der Zeitpunkt Ihres Antrages; denn für mich gehört zu einem geregelten Ablauf dazu, dass wir dem Ergebnis der Altenberichtskommission nicht vorgreifen wollen.
Das Thema „Partizipation und Teilhabe älterer Menschen und die Stärkung des selbstbestimmten Lebens im Alter“ ist und bleibt für uns ein zentraler Aspekt der Seniorenpolitik. Aber aus den vorgenannten Gründen lehnen wir heute den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir stimmen doch gar nicht über ihn ab!)
Als nächste Rednerin spricht Ursula Schulte für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010103 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Partizipation und Selbstbestimmung älterer Menschen |