29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 10

Erich IrlstorferCDU/CSU - Paritätische Beteiligung an Krankenkassenbeiträgen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In beiden Anträgen, die wir heute diskutieren, führen die Oppositionsfraktionen steigende Zusatzbeiträge in den Jahren 2015 und 2016 sowie erhebliche Mehrausgaben der Krankenversicherungen zulasten der Arbeitnehmer an. Dadurch würden stärkere Belastungen der Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen entstehen sowie die Entlastung der Arbeitgeber vertieft – so der Grundtenor. Wie wir nun schon häufiger gehört haben, sehen die Oppositionsfraktionen die Lösung des Problems in der Rückkehr zur paritätischen Beitragsfinanzierung und in der Einführung einer Bürgerversicherung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Wenn ich von der Seite Applaus bekomme, kriege ich meistens Angst.

(Zuruf von der CDU/CSU: Zu Recht!)

Ob die Wiedereinführung des Buß- und Bettags als gesetzlichen Feiertag, die auch gefordert wird,

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht von uns!)

die Frage der sozialen Ungerechtigkeiten an dieser Stelle löst, sei einmal dahingestellt.

In der Tat können wir feststellen, dass die in den Anträgen der Oppositionsfraktionen aufgeführten Kostensteigerungen innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherungen in den vergangenen Jahren zu – in meinen Augen moderaten – Anstiegen der Zusatzbeiträge geführt haben. Hier ist es uns als Union wichtig, eine gerechte Lastenverteilung zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf der einen Seite und Arbeitgebern auf der anderen Seite zu gewährleisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir alle wissen, dass 2004 im Zuge der Agenda 2010 Zusatzbeiträge von 0,9 Prozent erhoben worden sind. Das war Rot-Grün.

(Zurufe von der SPD)

Ich glaube, dass Deutschland auch heute noch davon profitiert. – Nehmen Sie dieses Lob einfach einmal zur Kenntnis! – In meinen Augen ist das ganz in Ordnung. Wir dürfen aber auch nicht unter den Scheffel stellen, dass die Regierungsfraktionen aus CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag ganz bewusst den Arbeitnehmeranteil von 8,2 Prozent auf 7,3 Prozent reduziert haben. Damit haben wir ausdrücklich die Erhebung von Zusatzbeiträgen fördern wollen, um unter den gesetzlichen Krankenkassen einen Preiswettbewerb zu ermöglichen – Stichwort „Beitragsautonomie“ –, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Krankenkassen – das dürfen Sie mir glauben; ich war selber 20 Jahre bei der AOK Bayern beschäftigt – sollen ganz bewusst hinsichtlich der Kosten, aber auch der Qualität im Wettbewerb zueinander stehen. Wir wollen wirtschaftliche Anreize setzen, weil das den Dienstleistungsgedanken zugunsten der Versicherten aufrechterhält.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gleichzeitig haben die Krankenkassenmitglieder ein Sonderkündigungsrecht usw.

Dass Transparenz und Aufklärung gefordert werden, ist vollkommen normal. Ich glaube, da sind wir uns einig. Aber darüber hinaus ist es aus meiner Sicht auch notwendig, in dieser häufig sehr emotional geführten Debatte die Parität vollständig zu betrachten; denn bei der Diskussion über eine gerechte Lastenverteilung werden beispielsweise die Lohnfortzahlungen des Arbeitgebers im Krankheitsfall sowie die Versicherung der Arbeitnehmer bei Unfällen auf dem Weg zum und am Arbeitsplatz gerne außen vor gelassen. Das möchte ich an dieser Stelle erwähnen.

Ich möchte es deutlich sagen: Wir haben ein gutes Gesundheitssystem – in meinen Augen eines der besten auf der Welt –,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und ich glaube, dass wir hier auch einmal sagen müssen, dass es gut funktionierende Sozialsysteme nicht zum Nulltarif gibt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt ja auch keiner!)

Ich glaube natürlich auch, dass die Wirtschaft ihren Beitrag dazu leisten muss. Das ist völlig normal. Am Ende ist, was die Wirtschaft betrifft, die Schaffung von Arbeitsplätzen zumindest für mich die beste Sozialpolitik. Der Satz von Edmund Stoiber: „Sozial ist, was Arbeit schafft“, hat auch 2016 noch Gültigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das hat doch Franz Josef schon gesagt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland bewegt sich, was die Lohnnebenkosten betrifft, im europäischen Umfeld im Mittelfeld. Ich glaube auch, dass das angemessen ist. Die bestehenden Beitragssätze haben CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode gemeinsam beschlossen, und sie werden bis zu ihrem Ende auch bestehen bleiben. Wir dürfen nicht vergessen – ich glaube, das ist schon wichtig –, dass es uns gelingen muss, nach außen Verlässlichkeit in diesem System zu dokumentieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist ein wesentlicher Wert, zumindest für uns.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Verlässlich sind Sie beim Umverteilen von unten nach oben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, das soll aber nicht heißen, dass diese Beitragssätze für immer in Stein gemeißelt sind und wir nicht offen für Veränderungen sind. Gerne können wir uns über die Parteigrenzen hinweg konstruktiv über Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung austauschen und darüber diskutieren. Jedoch sollte der Grundgedanke eines Wettbewerbs unter den Krankenkassen zugunsten der Versicherten nicht in Zweifel gezogen werden. Das wünsche ich mir. Zum Thema Bürgerversicherung habe ich eine ganz andere Meinung als Sie; aber ich glaube, das werden wir noch an einer anderen Stelle bereden.

Der Grund der heutigen Debatte sind die beiden Anträge der Opposition. Sie sind für uns keine Alternative und werden von uns nicht weiter verfolgt.

In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Erich Irlstorfer. – Der nächste Redner: Harald Weinberg für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN – Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Wir können die Debatte schon wieder schließen! Eigentlich ist alles gesagt!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010142
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Paritätische Beteiligung an Krankenkassenbeiträgen
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