29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 10

Edgar FrankeSPD - Paritätische Beteiligung an Krankenkassenbeiträgen

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Stritzl, Sie wissen: Die Gesundheitspolitik der letzten Jahre trägt eine eindeutig sozialdemokratische Handschrift, und nicht nur das: Sie hat auch einen roten Faden im doppelten Sinn des Wortes.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Sagen wir mal: schwarz-rot!)

Der rote Faden sozialdemokratischer Politik ist der verbesserte Zugang der Menschen zur medizinischen Versorgung, unabhängig vom Einkommen, unabhängig vom Alter und unabhängig vom Wohnort. Das ist ein Kern sozialdemokratischer Politik, und die haben wir in dieser Legislaturperiode auch durchgesetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in dieser Legislaturperiode so viele Gesetze beschlossen wie noch nie; das kann man wirklich sagen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Wir haben die ambulante ärztliche Versorgung verbessert, wir haben Qualitätsverbesserungen in der Krankenhausversorgung auf den Weg gebracht, wir haben die Leistungen in der Pflege mit Mehrausgaben in Höhe von 5 Milliarden Euro verbessert, wir haben den einheitlichen Pflegebedürftigkeitsbegriff für demenziell Erkrankte eingeführt, und wir haben das Präventionsgesetz beschlossen. Gesundheitsförderung und Krankheitsvermeidung in den jeweiligen Lebenswelten – alles das waren epochale Gesetze, die wir zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen, beschlossen haben, und es waren gute Gesetze.

(Beifall bei der SPD – Reiner Meier [CDU/CSU]: Gute Arbeit der Koalition, genau!)

Es war vor allen Dingen eine Politik für die Versicherten, und das haben die Versicherten auch gemerkt.

Ich will hinzufügen, liebe Linke, lieber Harald Weinberg: Wir haben die pauschalen Zusatzbeiträge abgeschafft, was eindeutig die Geringverdiener entlastet. Auch das haben wir gemacht, das darf man nicht vergessen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und dafür den Sozialausgleich abgeschafft! Das ist keine so stramme Leistung!)

Liebe Linke oder auch liebe Grüne, ihr habt immer gegen die vielen gesundheitlichen Verbesserungen, die wir beschlossen haben, gestimmt. Das darf man in diesem Kreis auch einmal sagen.

(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Ja, ja! So war das!)

Da könnt ihr, liebe Schwarze, auch einmal klatschen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich haben die Krankenkassen Angst, dass sie Versicherte durch Zusatzbeiträge verlieren. Wenn wir einen reinen Preiswettbewerb und keinen Qualitätswettbewerb haben, werden wir Schwierigkeiten bekommen. Wir brauchen beides. Wir brauchen einen Preis- und einen Qualitätswettbewerb. Das ist der Unterschied zwischen unseren Positionen. Ohne Qualitätswettbewerb bekommt man keine guten Ergebnisse; ohne Preiswettbewerb gelingt das aber auch nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Wo ist denn da die Qualität?)

Deswegen haben wir zusammen die Qualitätsindikatoren beschlossen, zum Beispiel im Krankenhausstrukturgesetz.

(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Ja, auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion!)

– Ja, ja, ja. Da habe ich ein besseres Gedächtnis, Herr Stritzl.

(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Ja, aber nicht vollständig!)

Strukturreformen mit dem Ziel einer verbesserten gesundheitlichen Versorgung kosten aber Geld, sogar viel Geld. Dieses Geld wird nicht mehr hälftig durch die Beiträge erbracht, weil der Arbeitgeberbeitrag bei 7,3 Prozent eingefroren ist. Im Schnitt zahlen die Arbeitnehmer über 1 Prozentpunkt mehr. Das kann für einzelne Versicherte mehr als 40 Euro im Monat bedeuten. Es kann nicht sein, dass die Beitragssteigerungen allein zulasten der Versicherten gehen. Das muss man ganz klar sagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch sozial ungerecht, wenn die Versicherten den medizinischen Fortschritt und die Reformen, die wir zusammen durchgesetzt haben, durch Zusatzbeiträge alleine finanzieren. Das kann nicht richtig sein. Das leuchtet jedem in unserem Land ein; das muss man auch sagen.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der Anhörung, die wir dazu durchgeführt haben, haben fast alle Fachleute – Herr Stritzl, das wissen Sie – eine Rückkehr zur Parität befürwortet, und nicht nur das; sie haben auch gesagt, dass die Arbeitgeber kein Interesse an der Beitragsentwicklung haben, wenn wir die Arbeitgeberbeiträge einfrieren. Schon deswegen ist die Parität, wenn Sie so wollen, sinnvoll.

Herr Irlstorfer, zum Thema Geschichtsklitterung könnte man noch sagen, dass ihr in Sachen Zahnersatz, über den wir ab 2003 verhandelt haben, im Vermittlungsausschuss einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent – ab 2005 – durchgesetzt habt. 2005 war die Lage aber ganz anders, Harald Weinberg. Wir hatten 5 Millionen Arbeitslose. Jetzt haben wir eine wirtschaftliche Lage und eine Beschäftigungszahl wie seit 25 Jahren nicht mehr. Deswegen sind wir jetzt, glaube ich, in der Lage, das paritätisch zu finanzieren, auch bei den Zusatzbeiträgen. Wir sind in der Lage, die Rentner und die Arbeitnehmer, also die Versicherten, zu entlasten. Das ist vernünftig und sozial gerecht. Ich sage es noch einmal: In unserer Gesellschaft wird die Forderung, zur Parität zurückzukehren, wirklich geteilt.

Zum Schluss meiner Rede sage ich: Es ist vernünftiger, zur Parität zurückzukommen, als in den Gesundheitsfonds zu greifen und zu versuchen, die Höhe der Zusatzbeiträge dadurch zu stabilisieren. Das ist ordnungspolitisch schwierig, wenn nicht sogar ordnungspolitisch falsch. Ich glaube, man sollte sauber vorgehen und aus dem Gesundheitsfonds keine Ausgaben finanzieren, die man mit Steuermitteln finanzieren muss. So sollte man das machen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie haben angekündigt, dass das der Schluss ist. Bitte.

(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Das dauert immer ein bisschen länger bei ihm!)

Zwei Sätze noch.

Einen Satz.

Einen. – Jetzt muss ich ja noch die Frage beantworten, warum die SPD dem vorliegenden Antrag nicht zustimmt, Frau Präsidentin.

Nein. Einen Satz.

Ja. – Dafür gibt es zwei Gründe: Wir sind vertragstreu. Wir haben im Koalitionsvertrag etwas anderes vereinbart. Dazu stehen wir. Wir sagen aber auch, dass ein Wettbewerb zwischen den Kassen möglich ist und wir gegen einen Einheitsbeitrag sind. Wir Sozialdemokraten sind für die Parität und hoffen, dass der geschätzte Koalitionspartner noch einmal darüber nachdenkt. In diesem Sinne stehen die Sozialdemokraten immer aufseiten der Versicherten bei uns in Deutschland.

Danke schön.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Wir CDU/CSUler auch!)

Vielen Dank, Herr Kollege, auch für die überlangen Sätze. Das müssen Sie jetzt mit Ihrer Kollegin aushandeln. Es tut mir leid, aber Ihre Rede war deutlich zu lang.

Die nächste Rednerin in der Debatte: Maria Klein-Schmeink für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010147
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Paritätische Beteiligung an Krankenkassenbeiträgen
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