Sabine DittmarSPD - Paritätische Beteiligung an Krankenkassenbeiträgen
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte beginnen mit dem Auszug eines Zitats von Willy Brandt:
Jede Zeit will ihre eigenen Antworten ...
Warum habe ich mich für diesen Einstieg entschieden? Wir sprechen heute hier sehr leidenschaftlich über die paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit und der Solidarität und deshalb für uns Sozialdemokraten ein ganz wichtiges Thema.
Trotzdem haben wir – das ist heute schon mehrmals angesprochen worden – im Jahre 2004 in der rot-grünen Koalition mit dem unionsdominierten Bundesrat, aber auch in vielen Arbeitsgruppen, die sich aus allen drei Parteien zusammengesetzt haben, einen Sonderbeitrag von 0,9 Prozentpunkten beschlossen.
Jetzt komme ich auf mein Eingangszitat zurück: „Jede Zeit will ihre eigenen Antworten ...“ – Erinnern wir uns an 2004 zurück – das ist auch schon von mehreren Rednern erwähnt worden –: 5 Millionen Arbeitslose, eine schwierige wirtschaftliche Lage und davongaloppierende Kosten im Gesundheitswesen. – Hierauf musste eine Antwort gefunden werden.
Der alternative Vorschlag, der von der rechten Seite dieses Hauses kam, nämlich den Leistungskatalog der GKV einzuschränken, kam für uns nicht infrage. Wir haben die bittere Pille geschluckt und den Sonderbeitrag als Antwort auf diese prekäre Finanz- und Wirtschaftslage akzeptiert.
Ich sage Ihnen: Das war eine schwere und schmerzhafte Entscheidung für uns Sozialdemokraten, aber uns war damals auch klar, dass zukünftig weitere Beitragssteigerungen wieder paritätisch zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern verteilt werden. Das tatsächliche Einfrieren auf 7,3 Prozent – das Festzurren – inklusive einkommensunabhängiger Zusatzbeiträge, also der kleinen Kopfpauschale, war ein Produkt der letzten Bundesregierung.
Ich bin dankbar, dass wir jetzt mit dem GKV-FQWG erreichen konnten, dass die Zusatzbeiträge wieder einkommensabhängig sind. Das ist ein kleiner Trost, aber immerhin! Mehr war mit unserem Koalitionspartner nicht zu machen.
Die Zeit jetzt ist aber eine andere: Der Wirtschaft geht es gut, sie ist stabil, wir haben Haushaltsüberschüsse, so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse wie noch nie, der Gesundheitsfonds ist gefüllt, und die Krankenkassen haben Rücklagen gebildet. Deutschland ist ein starkes Land, gerade weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Beitrag dazu geleistet haben.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb kann die Antwort, die diese Zeit einfordert, nur lauten: Zurück zur echten Parität.
(Beifall bei der SPD)
Machen wir uns aber nichts vor: Die Gesundheitskosten und die Ausgaben der Krankenkassen werden steigen. Die Gründe dafür sind sehr vielfältig und wurden heute auch schon angesprochen: Demografie, medizinischer Fortschritt, Innovation in Diagnostik und Therapie. Gerade in den Bereichen Onkologie und Demenzforschung wurden bahnbrechende Fortschritte gemacht, die vielen Patienten und Patientinnen Hoffnung geben, aber auch zu sehr hohen Kosten führen. Diese Mehrkosten dürfen in Zukunft nicht alleine die Versicherten tragen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an zwei Gesetze, die wir beschlossen haben, nämlich das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung und das Krankenhausstrukturgesetz, das Edgar Franke auch schon erwähnt hat und bei dem mir die Überleitungspflege besonders wichtig ist. Hier haben wir für Menschen, die nur einen kurzzeitigen Anspruch auf Kurzzeitpflege, Grundpflege oder hauswirtschaftliche Versorgung haben, eine echte Versorgungslücke geschlossen. Viele wichtige Projekte wurden hier auf den Weg gebracht. Aber auch das muss finanziert werden. In aller Deutlichkeit noch einmal: Das muss paritätisch finanziert werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie werden über kurz oder lang schon Farbe bekennen müssen, was Sie bereit sind den GKV-Mitgliedern dauerhaft zuzumuten. Ich wünsche mir, dass wir noch in dieser Legislaturperiode weiterkommen. Vielleicht können der Arbeitnehmerflügel der Union oder auch der Pflegebeauftragte, Herr Laumann, die sich für die Parität schon ausgesprochen haben, hier Überzeugungsarbeit leisten.
Ich sage auch in die Richtung der Linken und der Grünen: Wir sind vertragstreu. Aber wir setzen auf Überzeugung. Wir setzen auf die Kraft der Argumente. Lieber Herr Kollege Irlstorfer, Ihre Aussagen geben mir Anlass, hoffungsvoll auf die letzten Monate dieser Großen Koalition zu blicken.
Ich sage noch einmal abschließend: Die SPD-Fraktion steht zu ihrer Forderung nach einer Rückkehr zur paritätischen und solidarischen Finanzierung, für eine gleiche und gerechte Beitragsbelastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, am besten eingebettet in eine solidarische Bürgerversicherung.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Sabine Dittmar. – Der letzte Redner in dieser Debatte ist Lothar Riebsamen für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010160 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Paritätische Beteiligung an Krankenkassenbeiträgen |