Lothar BindingSPD - Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Kollege Murmann hat ja schon die Leistung beschrieben, die in Deutschland in Forschung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen erbracht wird. Von René Röspel gab es daraufhin begeisterten Applaus.
Wir sehen, dass auf diesem Gebiet sehr viel passiert. Dort gibt es enorme Leistungen. Deshalb ist vielleicht eine Art digitaler Antwort nicht hinreichend, wie sie gestern gegeben wurde – Sie haben sie indirekt zitiert –, als einerseits von „wasted money“, also Vergeudung von Geld, und andererseits von Forschungsförderung als wünschenswertem Instrument gesprochen wurde. Dazwischen könnte die Wahrheit liegen. Es gibt keine digitalen Antworten.
Immerhin entfallen auf KMUs ja im Moment 10 Prozent der gesamten FuE-Ausgaben in Deutschland – das ist eine ganze Menge – und 15 Prozent der Innovationsausgaben aller deutschen Unternehmen. Dennoch sagt eine Expertenkommission, dass die Innovationsanstrengungen, also die Intensität von KMUs bei Forschung und Entwicklung, langfristig nachlassen. Darüber muss man meines Erachtens nachdenken;
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb unserer Gesetzentwurf!)
denn wenn das langfristig andauern würde, würde man merken, dass wir Probleme bekommen könnten.
Woran liegt das? Hohe Innovationskosten sind ein Hemmnis; das ist klar. Wirtschaftliche Risiken sind für kleine Unternehmen schwerer zu tragen. Der Mangel an Fachkräften ist ein sehr ernstes Problem, ebenso der Mangel an internen und externen Finanzierungsmöglichkeiten, weil die Innenfinanzierung der Unternehmen häufig nicht stark genug ist. Deshalb muss man sich die Situation genau anschauen. Die Projektförderung greift sehr zielgenau. Deshalb zeigt sie die guten Ergebnisse, die Sie beschreiben.
Was wir noch nicht haben, ist eine steuerliche Förderung. Deshalb ist es klug, darüber nachzudenken. Wir finden den Gesetzentwurf der Grünen im Großen und Ganzen sehr gut.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich gibt es ein Aber; sonst würde ich ja gleich sagen, dass wir zustimmen. Übrigens, wenn wir in andere OECD-Länder schauen, sehen wir, dass es in 28 von 34 eine Forschungsförderung gibt. Es ist also nicht so, dass das eine Idee wäre, die man von vornherein ablehnen kann. Sie klingt auch irgendwie attraktiv.
Forschungsförderung für kleine Unternehmen ist immer schwierig. Sie müssen einen Projektantrag stellen und tragen ein hohes Risiko, dass er abgelehnt wird. Es ist aufwendig und bürokratisch. Man denkt immer, die administrativen Kosten bei der Forschungsförderung seien gering. Aber es ist ein Irrglaube, zu meinen, das sei leicht administrierbar.
(Margaret Horb [CDU/CSU]: Ganz genau!)
Denn die Abgrenzungsprobleme, die bei der Frage auftreten, was eigentlich förderungswürdig ist, bleiben natürlich bestehen und erschweren den gesamten Prozess.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Philipp Murmann [CDU/CSU])
Bezogen auf den konkreten Änderungsvorschlag hinsichtlich § 35c Einkommensteuergesetz sage ich: Er klingt harmlos, führt aber zu Belastungen von geschätzt 770 Millionen Euro. Das ist kein Pappenstiel. Ich glaube, darüber muss man wirklich nachdenken. Von den anderen Bedingungen, die die Grünen formulieren, können wir viele mittragen. Eine Steuerermäßigung in Höhe von 15 Prozent für alle Aufwendungen zusätzlich zu den Betriebsausgaben ist eine ganz gute Idee. Eine Begrenzung auf 15 Millionen Euro pro Unternehmen und Forschungsvorhaben finden wir auch in Ordnung. Dass es für denselben Zweck, also Forschungsförderung, keine andere Förderung aus öffentlichen Töpfen geben soll, finden wir ebenfalls gut. Wir merken schon, dass der Gesetzentwurf ganz gut ist.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie enthalten sich, oder stellen Sie einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf?)
– Das brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Sie sind ja auch in Koalitionen und wissen, wie so etwas funktioniert.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind also schuld!)
Wir finden es auch gut, dass es, wenn die Steuerermäßigung höher ist als die Steuerzahlung, Tax Credits gibt. Die einzelnen Maßnahmen sind also ganz gut.
Was Sie nicht geschafft haben – jetzt sollten Sie zuhören –, ist, die Zielgenauigkeit zu erhöhen und Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Das Ergebnis in der Anhörung war tatsächlich, dass Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern möglicherweise die falsche Zielgruppe sind bzw. dass wir die allerwichtigste vergessen: Unternehmen mit etwa 250 bis 2 000 Mitarbeitern – ob genau das die richtige Zahl ist, ist egal –;
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel schlagen Sie denn vor?)
denn in diesen Unternehmen wird viel mehr geforscht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])
Die Zielgenauigkeit lässt also zu wünschen übrig. Wenn wir das noch hinbekommen, glaube ich, können wir einen gemeinsamen Gesetzentwurf machen.
Schöne Zeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Kerstin Andreae, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010383 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen |