Kerstin AndreaeDIE GRÜNEN - Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon außergewöhnlich, wie sich die Vertreter der Großen Koalition hier winden, um Argumente zu finden, warum man jetzt nicht zustimmen kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist sehr erhellend.
Wir haben am 15. März 2016 diesen Gesetzentwurf in diesem Hause eingebracht. Was ist bisher passiert? Am 9. Mai hat die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg die steuerliche Forschungsförderung in den Koalitionsvertrag geschrieben. Der Bundesrat hat am 17. Juni eine Entschließung zu diesem Thema verabschiedet. Letzte Woche hat Wirtschaftsminister Gabriel auf der BMWi-Homepage eine Pressemitteilung des Bündnisses „Zukunft der Industrie“ veröffentlicht, in der gefordert wird, dass die Bundesregierung jetzt doch bitte eine steuerliche Forschungsförderung auf den Weg bringt.
(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Am selben Tag hatten wir eine Sachverständigenanhörung im Finanzausschuss. Es war fast nicht möglich, einen Sachverständigen zu finden, der die Meinung der Koalition vertritt. Dies tat nur die Vertreterin des DIW, die gesagt hat, dass steuerliche Forschungsförderung keine gute Idee ist. Schließlich lesen wir, dass Hubertus Heil sagt, dass es für einen Forschungsbonus für kleine und mittlere Unternehmen jetzt endlich Zeit ist. Ja, Himmel, dann macht es doch endlich. Der Zug ist auf dem Gleis. Das Thema steht jetzt an.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sollen nicht fluchen!)
Das Zeitfenster für die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung ist nicht unbegrenzt; es ist schmal. Wenn Sie jetzt wieder argumentieren, dass wir erst einmal Wahlkampf machen, dass es dann in die Koalitionsverhandlungen geht und dass wir dann erst weiterschauen, muss ich sagen: Das ist genau das Gleiche wie vor vier Jahren. Ihr hattet beide in euren Wahlprogrammen stehen, dass ihr eine steuerliche Forschungsförderung wollt. Jetzt gehen wir auf die Wahl 2017 zu, dann wird es 2018. Wie lange sollen wir denn noch warten? Macht es jetzt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Alle zusammen beklagen, dass die Forschungsintensität in den KMUs abnimmt. Ja, sie nimmt wirklich ab – massiv. Das heißt, wir verzichten auf kreatives Potenzial, wir verzichten auf Ideen, und wir verzichten auf das, was in den KMUs entwickelt wird.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das klingt ja so, als ob jetzt nichts passiert! Es passiert sehr viel! – Gegenruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es wirkt nicht!)
Und: Nein, wir wollen nicht, dass die Forschungsförderung die Projektförderung ersetzt; sie soll sie ergänzen. Wenn man sieht, dass die Mittel aus dem ZIM, dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand, zur Jahresmitte 2016 schon komplett abgerufen sind, dann heißt das, dass es einen großen Bedarf an Forschungsunterstützung gibt.
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Dann muss man das auffüllen!)
Das könnte doch den Weg dafür freimachen, dass man sagt: Zur Projektförderung und zum ZIM kommt jetzt eine steuerliche Forschungsförderung hinzu, die mehr Freiheit, mehr Freigeist, mehr Innovation möglich macht. Dass ich der Union das sagen muss, zeigt wieder einmal, dass Grüne für innovative Wirtschaftspolitik stehen und nicht Sie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Mitnahmeeffekte!)
Jetzt noch etwas zum Thema „Große und kleine Unternehmen“. Herr Murmann, Sie sagen: Weil wir es nicht für alle machen können, machen wir es jetzt für keinen.
(Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Ja, das nennt sich Gerechtigkeit! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das kann manchmal die richtige Antwort sein!)
Eine Superstrategie, eine ganz tolle Strategie! Dass die Sachverständigen von BDI und DIHK sagen: „Das ist uns zu eng gefasst; wir hätten das gern für alle“, hat mich, ehrlich gesagt, nicht gewundert.
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Klar, Förderung ist immer gut!)
Wir sagen aber, dass große Unternehmen deutlich besser in der Lage sind, sich an der Projektförderung zu beteiligen, weil sie die Manpower dafür haben und dies leisten können, dass aber kleine Unternehmen eher aus der Projektförderung aussteigen, weil sie die ganzen Antragstellungen und die Bürokratie von der Manpower her einfach nicht stemmen können.
Deswegen sagen wir: Wir wollen für KMUs eine zielgenaue steuerliche Forschungsförderung, um hier Innovationen anzutreiben. Das ist innovative Wirtschaftspolitik. Das sollten Sie jetzt machen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Zielgenau ist es nicht! Es hat hohe Streuverluste!)
Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Philipp Lengsfeld.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010384 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen |