Josip JuratovicSPD - Bundeswehreinsatz SEA GUARDIAN im Mittelmeer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr soll im Rahmen der NATO-Mission Sea Guardian aktiv werden. Das notwendige Mandat möchte der Deutsche Bundestag heute verabschieden.
Lassen Sie uns einen Blick auf die Einsatzregion werfen. Wir sprechen über 2,5 Millionen Quadratkilometer im Mittelmeer und den dazugehörigen Luftraum. Das ist also kein Berliner Hinterhof. Gleichzeitig sprechen wir über unterschiedliche Typen von Anrainerstaaten. Die südlichen Anrainer des Mittelmeers sind seit mehreren Jahren eine instabile Krisenregion. Wir sehen hier gescheiterte Staaten und Staaten in teilweise sehr schwierigen Transformationsprozessen. Das Mittelmeer wird trotz dieser Situation nach wie vor als Handelsroute stark genutzt. Es wird zunehmend genutzt von all jenen, die von den Krisen dieser Welt profitieren und sie damit weiter schüren, besonders von Menschen- und Waffenschmugglern.
Dieser Entwicklung können wir nicht tatenlos zuschauen. Wir müssen dagegen auf rechtlich einwandfreier Grundlage – auch mit militärischen Mitteln – aktiv sein. Deswegen möchten wir heute die Mission Sea Guardian auf den Weg bringen. Die einen bauen Mauern, die anderen beweinen die Toten, und wir handeln. Wir und unser Koalitionspartner wollen Sicherheit im und am Mittelmeer für alle Anrainerstaaten. Dies gewährleistet Sea Guardian, eine NATO-Mission, die die Zusammenarbeit mit der EU und den Anrainerstaaten des Mittelmeers fördert. Wir unterstützen dieses Mandat, weil es die Möglichkeit bietet, gegen Menschenschmuggel vorzugehen. Wir unterstützen das Mandat auch, weil es den Kampf gegen den Waffenschmuggel umfasst. Wir unterstützen das Mandat, weil es die Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten umfasst, um deren eigenen Küsten- und Seeschutz aufzubauen bzw. auszubauen. Ganz selbstverständlich unterstützen wir das Mandat, um den noch immer sehr zahlreichen Schiffbrüchigen im Mittelmeer zu helfen.
Die Kritik an diesem Multifunktionsmandat kann ich nicht nachvollziehen. Ich halte es für eine Stärke des Mandats, Sicherheit auf mehreren Feldern zu gewährleisten, gerade im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit der betroffenen Soldatinnen und Soldaten, die täglich auf ihren Schiffen mit einer Vielfalt von Schwierigkeiten konfrontiert sind.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Neben diesen ganz konkreten Zielen halten wir Sea Guardian politisch für den absolut richtigen nächsten Schritt. Das Mandat löst die Mission Active Endeavour ab und schließt vorhandene Lücken im Schutz des Mittelmeers. Damit wird das Engagement der deutschen Soldatinnen und Soldaten im Mittelmeer endlich auf eine ordentliche völkerrechtliche Grundlage gestellt.
Kolleginnen und Kollegen, wir leben nicht mehr im Jahr 2001, und es war nicht richtig, dass der NATO-Bündnisfall – auch bekannt als Artikel 5 – so lange Grundlage der Mission war. Mit Sea Guardian vollziehen wir den Schritt weg von dem höchst problematischen Ansatz aus der Zeit des Krieges gegen Terror hin zu den heute notwendigen Sicherheitsmaßnahmen im Mittelmeer.
Als Basis für Sea Guardian dienen die Resolution 2292 aus 2016 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 und das Protokoll von 2005 zum Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Schifffahrt. Damit stellen wir das neue Mandat auf eine rechtliche Grundlage der Weltgemeinschaft.
Kolleginnen und Kollegen, das ist ein wichtiges und sehr richtiges politisches Signal für die Zukunft der internationalen Zusammenarbeit im Mittelmeerraum und darüber hinaus. Allerdings ist Sea Guardian nur ein Baustein der Gesamtstrategie unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Wir müssen politisch breit aufgestellt sein, um der komplexen Herausforderung der Sicherheit im Mittelmeerraum begegnen zu können. Nach wie vor müssen wir Friedensprozesse unterstützen. An dieser Stelle gilt mein ausdrücklicher Dank Außenminister Steinmeier, der sich unermüdlich für den Dialog zwischen Konfliktparteien gerade auch im Mittelmeerraum einsetzt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Denn alles, was durch Dialog gelöst wird, benötigt keine militärischen Mittel.
Wir müssen weiterhin an der Wiederherstellung funktionierender Staaten auf der Grundlage von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten arbeiten. Gerade labile Anrainerstaaten brauchen Unterstützung beim Aufbau ihrer Polizeikräfte und eine Stärkung der Justiz. Auf diesem Gebiet sind wir tätig – und das nicht nur im Rahmen dieser Mission. Außerdem brauchen wir effiziente Entwicklungspolitik, Entwicklungshilfe, wirtschaftliche Unterstützung, wirksame Strategien gegen Korruption und nicht zuletzt fairen Handel, um die Fluchtursachen zu bekämpfen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir liefern somit Außen- und Sicherheitspolitik aus einem Guss. Zu all diesen Maßnahmen gehört eben auch militärische Absicherung.
Kolleginnen und Kollegen, für mich als Abgeordneten ist die Abstimmung über ein Bundeswehrmandat immer besonders schwierig. Uns muss bewusst sein, dass unsere Soldatinnen und Soldaten im Ernstfall ihr Leben riskieren werden. Deshalb gilt ihnen schon heute mein allergrößter Dank und Respekt für ihren Einsatz.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Sie brauchen als Parlamentsarmee auch ein klares Mandat des Deutschen Bundestages.
Mein Dank gilt ebenso den Vertreterinnen und Vertretern des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums. Mein Kollege Niels Annen hat es bereits bei der ersten Lesung gesagt: Die Debatte über Artikel 5 als Mandatsgrundlage wurde hauptsächlich in Deutschland – und hier vor allem von der SPD – geführt. Es bedurfte vieler überzeugender Gespräche, um auf NATO-Ebene eine neue Rechtsgrundlage sicherzustellen.
Ich danke allen, die mit dafür gesorgt haben, dass wir nun eine vernünftige rechtliche Grundlage haben. Mit dieser Mission tragen wir zu mehr Sicherheit bei, die wir alle brauchen – in Deutschland, Europa und vor allem auch im Mittelmeerraum –, um die Zukunft angstfrei gestalten zu können. Daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung für unseren Antrag.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Danke schön. – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Dr. Alexander Neu.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010401 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz SEA GUARDIAN im Mittelmeer |