Jürgen HardtCDU/CSU - Bundeswehreinsatz SEA GUARDIAN im Mittelmeer
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu meinem Vorredner möchte ich nur so viel anmerken: Er hat den Eindruck erweckt, die Bundesrepublik Deutschland würde sich immer tiefer in Militäreinsätze verstricken. Ich sage nur ganz klar: Wir haben im Jahr 2010 bis zu 10 000 Soldaten in Auslandseinsätzen gehabt. Nach Stand vom 19. September dieses Jahres, also vor gut einer Woche, waren es 3 510 Soldaten. Das ist eine deutliche Reduzierung der Zahl der Soldaten der Bundeswehr im Einsatz, weil wir in Afghanistan vorangekommen sind und weil wir im Balkan vorangekommen sind. Ich finde, das ist ein Ausdruck dessen, dass wir mit unseren Einsätzen tatsächlich erfolgreich sind und dass wir auch wissen, wie wir diese Einsätze erfolgreich beenden. Das finde ich einfach gut.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Josip Juratovic [SPD])
Mit Blick auf das Mandat Sea Guardian möchte ich, nachdem der Kollege Juratovic schon wesentliche Eckpunkte genannt hat, anmerken, was mir wichtig ist. Die Entkoppelung von Artikel 5 des NATO-Vertrags war eine Forderung, die wir hier parteiübergreifend lange erhoben haben. Es ist in Warschau gelungen, diese Entkoppelung durchzuführen. Das Mandat stützt sich jetzt auf allgemeines Seerecht und Seerechtsabkommen und ist somit nicht mehr Teil des Verteidigungsfalls der NATO.
Artikel 5 des NATO-Vertrages wird formal allerdings nicht aufgehoben, weil der Kampf gegen den Terrorismus natürlich nicht beendet ist. Aber es gibt jetzt mit Sea Guardian anstelle von OAE keine Operation der NATO mehr, die sich auf diesen Artikel 5 beruft.
Das Zweite, was für mich bei diesem Einsatz von zentraler Bedeutung ist, ist, dass sich die NATO an der Sicherung der Verhältnisse im Mittelmeer aktiv beteiligt. Mit dieser neuen NATO-Mission haben wir ein weiteres verbindendes Element in dem Netzwerk, das sich um die Sicherheit im Mittelmeer kümmert. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Operation der Europäischen Union EUNAVFOR MED Sophia und die NATO-Operation in der Ägäis. – Sie ist nicht mandatspflichtig; aber es ist trotzdem eine Operation der NATO unter maßgeblicher Beteiligung der Bundeswehr. Ich glaube, das deutsche Kriegsschiff „Bonn“ war in der Ägäis ebenfalls im Einsatz; sie ist auf jeden Fall ein Einsatzgruppenversorger. Ich betone noch einmal: Von zentraler Bedeutung ist für mich, dass wir mit der Operation Sea Guardian ein weiteres verbindendes Element haben, das für mehr Effizienz, für mehr Übersicht und für ein vollständigeres Bild der Lage im Mittelmeer sorgt. Das halte ich für eine ganz wichtige Sache. Das hilft uns insgesamt bei der Grenzsicherung.
Das Nächste, was mir wichtig ist: Selbstverständlich werden die Einheiten, die unter Sea Guardian im Mittelmeer unterwegs sind, auch ihre humanitäre Pflicht der Rettung von Schiffbrüchigen wahrnehmen. Die Regel des internationalen Seeverkehrs, dass Schiffbrüchige aufzunehmen und in den nächsten sicheren Hafen zu bringen sind, gilt natürlich auch für die Einsatzkräfte, die unter Sea Guardian unterwegs sind, also auch für die Bundeswehrschiffe. Das ist, wie wir ja wissen, wiederum eine große humanitäre Aufgabe, die wir damit ein gutes Stück bewältigen.
Was unser langfristiges Ziel bleibt und was auch im Zusammenhang mit Sea Guardian angesprochen wird, wo wir allerdings noch keine konkrete Chance auf Umsetzung haben: Wir müssen dafür sorgen, dass unter den Mittelmeerstaaten insbesondere der Staat Libyen, der ohne politische, ohne staatliche Führung dasteht, in die Lage versetzt wird, selbst seine Küste wirksam zu schützen und gegen Terror, gegen Waffenschmuggel und gegen Menschenschmuggel entsprechend vorzugehen. Wir haben den Plan, wir haben die Absicht, in schwimmenden Klassenzimmern, wie wir es einmal genannt haben, Kräfte der Küstenwache Libyens auszubilden. Aber leider ist es bis dahin noch ein weiter Weg.
Wir haben im Bundeshaushalt, den wir in diesen Tagen in den Ausschüssen beraten, Mittel bereitgestellt, die ermöglichen, dass eine solche Operation wie die Ausbildung von Küstenwachkräften von Partnern am Mittelmeer erfolgreich durchgeführt werden kann. Dafür sind die Mittel also da; aber es sind angesichts der gegenwärtigen Situation speziell in Libyen die Möglichkeiten, sie zu investieren, leider noch nicht gegeben.
Insgesamt trägt Sea Guardian aus meiner Sicht dazu bei, dass wir zu einem humanitär verantwortbaren, das Menschenleid im Mittelmeer vermindernden und insgesamt ordnenden Ansatz kommen, wie wir auf diesem Meer, das in erster Linie ein europäisches Meer ist, das uns mit Afrika verbindet und auch von Afrika trennt, die Sicherheit erhöhen. Ich glaube, wir werden im Rahmen dieses Einsatzes weitere positive Erfahrungen sammeln in der Zusammenarbeit und in der effizienten Bekämpfung von Terror, von Schlepperunwesen und in der Rettung von Menschenleben dort, wo es dringend geboten ist.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Dr. Tobias Lindner das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010404 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz SEA GUARDIAN im Mittelmeer |