29.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 193 / Zusatzpunkt 3

André BergheggerCDU/CSU - Investition in den Breitbandausbau

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Antrag, der gerade eingebracht und vorgestellt wurde, veranlasst mich zu einer Bemerkung: Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, lieber Herr Kindler, aber ich glaube, wir sollten bei der Sachlage bleiben. Ich versuche einmal, das zumindest für meine Fraktion zu beschreiben.

Ich denke, im Kern enthält der Antrag zwei Punkte, wie Sie es richtig beschrieben haben:

Punkt eins. Die bis jetzt noch beim Bund verbliebenen Anteile an der Deutschen Telekom AG sollen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau veräußert werden.

Punkt zwei. Mit den Verkaufserlösen soll der Breitbandausbau durch eine noch zu gründende staatliche Gesellschaft angeschoben werden.

In der Situationsanalyse sind wir sogar durchaus einer Meinung, nur die Wege, wie wir das Ziel erreichen wollen, unterscheiden sich deutlich. Zwei Gedanken dazu:

Erstens. Der Bund hält aus meiner Sicht grundsätzlich an der Strategie fest, dass die Deutsche Telekom AG privatisiert wird.

Zweitens. Deutschland muss sich natürlich sputen und bewegen und in die digitale Zukunft investieren. Der Breitbandausbau ist zu beschleunigen. Hier sind wir völlig einer Meinung: Das ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg in unserem Land.

Aber wir sollten diese beiden Gedanken nicht vermischen. Als Haushälter wissen Sie, dass es den haushalterischen Grundsatz der Gesamtdeckung gibt. Das heißt, spezielle Einnahmen darf ich nicht für spezielle Ausgaben nutzen. Auch wenn man dafür andere Begriffe wie „Vermögenstausch“ verwendet: Es gilt die Gesamtdeckung. Einnahmen sind für die Gesamtdeckung, für die Erfüllung aller staatlichen Aufgaben, vorzusehen.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber jetzt kein unüberwindbares Problem! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann eine politische Bindung schaffen!)

Jetzt aber im Einzelnen zur Privatisierungsstrategie. Was Mitte der 90er-Jahre durch den Börsengang und mit der Werbung von Manfred Krug – wir alle erinnern uns – anfing und in vielen Schritten fortgesetzt worden ist, hat jetzt einen Zwischenstand erreicht. Derzeit liegt der Bundesanteil an der Deutschen Telekom AG bei rund 32 Prozent, aufgeteilt in die Anteile des Bundes und die Anteile der KfW-Bank.

Natürlich wird immer wieder nach weiteren Möglichkeiten der Privatisierung gesucht; das wird ständig geprüft. Aber die Kapitalmarktsituation muss berücksichtigt werden. Die wirtschaftliche Situation der Telekom und natürlich auch die Interessen des Bundes müssen im Blick behalten werden; Stichwort ist hier: Netzsicherheit. Deswegen glaube ich: Ein Verkauf komplett an die KfW darf nicht übers Knie gebrochen werden. Außerdem – das als Anmerkung – ist das gar keine echte Privatisierung; denn die KfW wird wirtschaftlich dem Bund zugerechnet; das steht außer Frage.

Aber selbst bei einer echten Privatisierung sollten wir einige Überlegungen berücksichtigen. Wenn wir ein Drittel des Aktienbestandes der Telekom AG an den Markt bringen, sorgt das natürlich für Unsicherheit.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das soll ja Schritt für Schritt passieren!)

Im Zweifel bewegt sich der Aktienkurs nach unten. Das wollen wir vermeiden. Wir müssen umsichtig handeln, Schritt für Schritt, und unsere Strategie zur Privatisierung der Telekom fortsetzen.

Das anzustrebende Ziel ist die Investition in den Breitbandausbau. Bei dem Fachgespräch Ihrer Fraktion zu diesem Thema ist eines deutlich geworden: dass die Forderung nach Gründung einer Breitbandgesellschaft – ich formuliere es höflich – überwiegend keine sehr positive Resonanz gefunden hat.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt so nicht!)

Ich stelle auch infrage, ob überhaupt eine staatlich zu gründende Gesellschaft den Innovationsschub und die Dynamik auslöst, wie wir sie gerade in diesem Themenfeld benötigen. Ich glaube nämlich, dass neue Marktstrukturen und die Gründung von Gesellschaften das Risiko bergen, den Markt für mehrere Jahre lahmzulegen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wenn der Markt nicht funktioniert? – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt Marktversagen!)

Das können wir uns in diesem Themenfeld überhaupt nicht leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb glaube ich, dass die Zwischenlösung – so nenne ich sie einmal –, wie wir sie anstreben, die Förderung der Vectoring-Technologie und der Breitbandausbau im Wege des Glasfaserausbaus, den Fortschritt bringt, den wir jetzt brauchen.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Vectoring behindert den Glasfaserausbau!)

Überall Glasfaser zu verlegen, wäre ja technisch wünschenswert; gar keine Frage. Aber das ist doch realistischerweise kurzfristig nicht zu erreichen. Deswegen brauchen wir diesen sinnvollen Schritt.

Viele von uns waren in den letzten Wochen im Verkehrsministerium bei der Übergabe der Förderbescheide entweder für die Untersuchungskosten oder für die Baumaßnahmen im Rahmen der Breitbandförderung. Da haben wir doch gesehen, dass staatliche Subventionen in der Situation, wie wir sie vorfinden, das beste Mittel sind, um den Breitbandausbau voranzubringen.

Die individuelle Situation und der Sachstand vor Ort werden berücksichtigt. Wirtschaftlichkeitslücken in den unterschiedlichsten Modellen werden vor Ort geschlossen.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Betreibermodelle, die fallen hinten runter!)

Als ein Vertreter des ländlichen Raums sage ich: Der ländliche Raum wird so gut wie möglich erschlossen, und weiße Flecken im Hinblick auf die Breitbandversorgung werden beseitigt.

Sie können doch auch sagen, dass sich das Förderprogramm, das seit geraumer Zeit in der Welt ist – 4 Milliarden Euro für dieses Themenfeld bis 2020 –, sehen lassen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Geld ist aber weg! Bei uns wäre es eine Investition!)

– Lassen Sie mich doch ausreden. – Dieses Förderprogramm mit den 4 Milliarden Euro orientiert sich am potenziellen Bedarf. Es ist vor allen Dingen durch die Finanzplanung abgesichert. Es ist auch nicht auf eventuelle Verkaufserlöse angewiesen. Mich stimmt die Dynamik, die wir in dieser Legislaturperiode erleben – noch nie haben wir da so viel gemacht wie jetzt –, positiv. Lassen Sie uns diese Strategie Schritt für Schritt weiterverfolgen. Deswegen empfehle ich, den Antrag der Grünen abzulehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Bernd Westphal [SPD])

Vielen Dank, Dr. Berghegger. – Nächster Redner: Roland Claus für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7010446
Wahlperiode 18
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Investition in den Breitbandausbau
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