Christina Jantz-HerrmannSPD - Tierschutz
Frau Präsidentin! Mehr sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es geradeheraus, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen: In vielen Punkten kann ich Ihren Antrag deutlich unterstützen. In ihm wird ausführlich aus unserem Koalitionsvertrag zitiert, und in vielen Punkten wurden darin SPD-Positionen niedergeschrieben. Der Antrag enthält ein buntes Potpourri von Forderungen zu verschiedenen Tierschutzthemen. Genau das ist leider auch sein Manko, weil der Antrag den Eindruck vermittelt, dass man mit ihm die ganze Welt retten könnte.
Unser Koalitionspartner hingegen meint, dass wir schon die besten Tierschutzregeln der Welt haben, und er sieht auch keinen weiteren Gestaltungsanspruch. In der Regierungskoalition – das ist sicherlich kein Geheimnis – ist die SPD die treibende Kraft in Sachen Tierschutz.
(Beifall bei der SPD – Alois Gerig [CDU/CSU]: Der war gut!)
Immer wieder aufs Neue leisten wir – auch gerne – Überzeugungsarbeit. Teilweise ist das natürlich ein mühseliger Prozess, wie Sie mir glauben können.
So stemmen wir uns gerade aktuell gegen die Aufhebung des Verbotes, Fett an Wiederkäuer zu verfüttern. Tiere, die selbst niemals tierische Fette essen würden, sollen mit tierischen Fetten gefüttert werden, nur damit sie schneller und besser gemästet werden können. Ich finde das nicht nur unethisch, sondern gar widerwärtig.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auch ziehen – das klang in dieser Woche leider auch schon an – Minister Schmidt und seine Fraktionskollegen nicht immer an einem Strang. Wenn der Minister die Initiative ergreift, lässt ihn seine eigene Fraktion leider manchmal hängen. Genau das – dieses Beispiel klang heute auch schon an – ist bei den Pelztieren und auch beim Verbot des Tötens trächtiger Tiere der Fall.
Einige Stellen des Koalitionsvertrages zum Tierschutz werden sicher nur behäbig im Ministerium umgesetzt. Lassen Sie mich hier ein Beispiel nennen: Wir haben im Koalitionsvertrag niedergeschrieben, dass wir die Sachkunde fördern möchten. Der Minister hat Anfang des Jahres angekündigt, dass sein Ministerium genau das, einen Sachkundenachweis, prüfe. Bisher liegt uns leider noch kein Ergebnis vor.
Von Stillstand beim Tierschutz zu sprechen, ist trotzdem deplatziert: Der runde Tisch zur Lage der Tierheime hat in dieser Woche erstmals getagt. Damit ist es dem Minister gelungen, das erste Mal seit Jahren wieder alle Ebenen an einen Tisch zu holen: Bund, Länder und Kommunen. Ihnen allen obliegt die Aufgabe, die Lage der Tierheime zu verbessern. Aktuell befindet sich die Prüf- und Zulassungsverordnung für Tierhaltungssysteme im Verfahren.
Zudem prangern Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, im Antrag an – auch Frau Menz hat das vorhin gesagt –, dass beim Wildtierschutz nichts getan wurde. Auch das ist falsch; denn wir haben vor der Sommerpause einen umfassenden Antrag zum Wildtierschutz verabschiedet. Sicherlich mussten hier Abstriche gemacht werden, aber Sie wissen: Kompromisse gehören zum Leben, und Kompromisse gehören auch zum Regieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Katharina Landgraf [CDU/CSU])
Am Beispiel der Wildtiere lässt sich übrigens ein grundsätzliches Problem der Tierschutzpolitik aufzeigen: Bei den Beratungen mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass sich gerade das von Ihnen angesprochene Verbot der gewerblichen Tierbörsen, Frau Menz, voraussichtlich nicht verfassungsgemäß umsetzen ließe. Von daher haben wir in unserem Antrag auch einen Prüfauftrag an die Bundesregierung formuliert, der genau dieses Verbot zum Ziel haben soll.
Leider ignorieren Sie, die Grünen, genau diese verfassungsrechtlichen Bedenken auch in Ihrem aktuellen Antrag. Glauben Sie mir: Ich wäre natürlich sofort für ein solches Verbot, aber es muss vor Gericht Bestand haben.
In dem Wildtier-Antrag wurde ein weiteres wichtiges Thema ausgeklammert, nämlich das Verbot von Wildtieren im Zirkus. In unserer Fraktion ist die Haltung klar. Hier blockiert leider immer noch die Union, obwohl jedem, der mit Herz und Verstand bei der Sache ist, eigentlich klar sein müsste, dass Wildtiere nicht artgerecht in einem Zirkus gehalten werden können.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die unterschiedlichen Positionen im Tierschutz auf den Punkt bringen:
Wir erleben auf der einen Seite eine schwarze Ideologie, die eher blockiert und sich damit auch Verbesserungen in den Weg stellt, und wir erleben auf der anderen Seite eine grüne Ideologie, die häufig leider über das Ziel hinausschießt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das sind zwei Haltungen, die sich absolut konträr gegenüberstehen und der Situation in Deutschland nicht gerecht werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, versuchen Sie doch einmal, auf die konventionelle Landwirtschaft zuzugehen und sie mitzunehmen, anstatt ihr immer nur frontal zu begegnen, und liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, stellen Sie sich doch bitte endlich den Herausforderungen, und öffnen Sie sich für eine zukunftsfähige Landwirtschaft.
Die SPD steht für eine Tierschutzpolitik mit dem Willen zur Verbesserung, aber auch für eine Politik mit Augenmaß. Wir stehen für Transparenz, und deswegen ist uns auch ein mehrstufiges staatliches Tierschutzlabel wichtig. Es wäre ein Instrument für die Landwirte, deren Tiere gut gehalten werden, um diese guten Haltungsbedingungen zu dokumentieren. Es wäre das Instrument für die Verbraucher, die auf dieser Grundlage ihre Kaufentscheidung verlässlich treffen können, sodass sie sich nicht nur am Preis orientieren.
(Beifall bei der SPD)
Genau dieses Label hat Minister Schmidt nun endlich angekündigt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir begrüßen das ausdrücklich. Aber erlauben Sie mir an dieser Stelle eine kleine Spitze: Wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, dass dieser Ankündigung auch Taten folgen.
(Beifall bei der SPD)
Viele Debatten in der Vergangenheit haben gezeigt, dass wir zudem eine Novellierung des Tierschutzgesetzes benötigen. Auch hier hoffe ich weiter auf den Erkenntnisgewinn und den Mut meiner Unionskollegen und seitens des Ministers.
Einen Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang nennen: die Qualzucht. Meine Damen und Herren, Sie alle kennen sicherlich die kleinen Hunde, die Möpse, deren Nasen entweder so weit zurückgezüchtet sind, dass sie kaum noch Luft bekommen, oder deren Augen schon aus den Augenhöhlen hervortreten. Das ist ein Punkt, an dem wir dringend etwas tun müssen. Hier bin ich einigermaßen optimistisch, dass wir gemeinsam auch mit unserem Koalitionspartner einen guten Schritt weiterkommen. Liebe Unionskollegen, bitte enttäuschen Sie mich an dieser Stelle nicht.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Waldemar Westermayer für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7010587 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 194 |
Tagesordnungspunkt | Tierschutz |